Roman Voosen & Kerstin Signe Danielsson - Später Frost

  • Autoren:


    Roman Voosen, Jahrgang 1973, ist aufgewachsen in Papenburg und lebte in Bremen, Växjö und Göteborg. Gemeinsam mit Kerstin Signe Danielsson lebt er in Hamburg, wo beide als Lehrer und Autoren arbeiten.


    Kerstin Signe Danielsson, Jahrgang 1983, ist geboren und aufgewachsen in Växjö und studierte in Deutschland und Schweden. Sie lebt gemeinsam mit Roman Voosen in Hamburg.


    (Quelle: Verlagshomepage)



    Inhalt:


    Die junge Deutsch-Schwedin Stina Forss verlässt Freund und Berlin und tritt eine Stelle in Växjö an, im schwedischen Småland. Kaum hat sie ihre neue Chefin, die gerade frisch beförderte Ingrid Nyström, kennengelernt, wird der greise Engländer Balthasar Frost grausam verätzt und verstümmelt in seinem Gewächshaus aufgefunden. Wer tötet einen hochbetagten Insektenforscher? Und warum? Als die besonnene und erfahrene Nyström und ihre impulsive junge Kollegin die Ermittlungen aufnehmen, ahnen sie nicht, wie weit diese sie führen werden: tief hinein in die bewegte schwedische Geschichte, in die höchsten Stockholmer Kreise und Forss sogar bis nach Jerusalem. Die beiden Frauen erkennen, dass in ihrer Heimat nichts so ist, wie es scheint – und dass der Fall mehr mit ihnen zu tun hat, als ihnen lieb ist.


    (Quelle: Verlagshomepage)



    Meine Meinung:


    Ein Schmetterlingsforscher wird in seinem Glaushaus mitten im Wald tot aufgefunden. Die Leiche scheint arrangiert zu sein. Rechtsmedizinische Untersuchungen lassen vermuten, dass Balthasar Melchior Frost zu Tode gefoltert wurde. Stina Forss, die aus Berlin stammt und wegen ihrem schwedischen Vater, der erkrankt ist, nach Schweden zurückkehrt arbeitet mit Ingrid Nyström und einem Team zusammen. Der polizeilichen Ermittlungsarbeit kommt eine große Bedeutung im Buch zu, eine Vielzahl von Personen ist beteiligt. Die Spuren führen in die Vergangenheit nach Israel.


    Ich fand die Ausgangslage dieses Debüts sehr interessant. Es kommt zu einigen unerwarteten Wendungen. Die Personen sind sowohl, was das Team der Polizei betrifft als auch das Umfeld des Opfers sehr interessant gewählt. Die Vielzahl der Protagonisten fand ich allerdings etwas erschlagend. Von Zeit zu Zeit wird geschickt zum Beispiel beim Schreiben eines Berichts die bisherige Aufklärung wiederholt, was mir eine sehr große Hilfe war.
    Allerdings sind einige Themenkreise angeschnitten, auf die man vielleicht hätte verzichten können. Bei einem ersten Band zu einer Serie möchten die Autoren natürlich möglichst breit in ihre neu kreierte Welt um die Serienhauptfiguren vorstellen. Aber zum Teil hätte es vielleicht gut getan, nicht alles aufs Mal zu präsentieren. Cliffhanger sind schön und gut, aber mancher ist dann doch nicht so spannend, dass ich deswegen die Fortsetzung lesen möchte. Dafür waren mir einige für die Aufklärung des Mordfalls sehr relevante Punkte zu wenig genau ausgeführt, was das miträtseln erschwert hat.


    Die Handlungsorte sind sehr anschaulich beschrieben, so dass man einen guten Eindruck der Region gewinnen kann. Sowohl die schwedische Landschaft als auch ein Abstecher nach Jerusalem haben mir sehr gut gefallen. Etwas Probleme verschaffte mir die Person der Stina Forss. Sie trägt Probleme mit sich herum, wie das bei Ermittlern häufiger der Fall ist, denkt man an Indridasons Erlendur oder Ian Rankins Inspecor Rebus. Ich frage mich aber, ob das bei einer jungen Polizistin, die zudem aus dem Ausland kommt, nicht etwas dick aufgetragen ist. Mit illegalem Waffenbesitz, Affinität zu Alkohol und anderen Drogen usw. ist man bei der Polizei nicht so nachsichtig. Das fand ich etwas unglaubwürdig und wäre für die Handlung nicht nötig gewesen.


    Ich habe mich bei der Lektüre dieses Krimis sehr gut unterhalten gefühlt, ich bin mir aber noch nicht sicher, ob ich wirklich mehr davon lesen möchte. Ich hatte bei diesem Buch das gleiche Gefühl, das ich oftmals bei Büchern von Autorenduos habe: Irgendwie fehlt es mir etwas an Seele.


    Ich vergebe :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
    Rabindranath Tagore (1861-1941)


    Lha gyal lo - Free Tibet!

    Wir sind grüüüüüün!!!!

  • Später Frost war ein Spontankauf. Das Cover weckte meine Aufmerksamkeit, der Klappentext klang interessant... also habe ich das Buch mitgenommen. Und das habe ich nicht bereut :thumleft:


    Ich finde, dass das Autorenduo einen sehr guten Krimi geschrieben hat. Schweden wird - meiner Meinung nach - glaubwürdig dargestellt, was natürlich daran liegt, dass beide Autoren viel mit diesem Land zu tun hatten und haben. Besonders gut gefallen hat mir, dass die für uns ungewöhnliche Anrede des "jeder duzt jeden" übernommen wurde, das gab der Erzählung diesen ganz besonderen Touch und man hat das Gefühl, sich bei den Ermittlern in Schweden zu befinden.


    Auch die Ermittler selbst haben mir gefallen. Sowohl Nyström als auch Forss sind sympathisch und beide gute Ermittlerinnen, dennoch haben beide ihre Ecken und Kanten. Gerade Forss ist ein interessanter Charakter mit einer Schwäche, die definitiv noch für Spannungen sorgen wird und auch zu Problemen in ihrer Polizeiarbeit, aber auch in ihrem Privatleben führen könnte, was natürlich eine gewisse Neugierde auf den zweiten Band weckt.
    Weniger gut hat mir hierbei aber (wie auch Felicitas18) gefallen, dass Stina mit allen Regelverstößen durchgekommen ist. Ich als ihre Chefin hätte härter durchgegriffen, auch wenn die illegalen Aktivitäten zum Teil zum Durchbruch beigetragen haben. Dagegen ist das Vergehen eines Kollegen der beiden eine Nichtigkeit und er wurde zusammengestaucht. Ich hätte mir gewünscht, dass man Forss weniger gegen die Regeln hätte agieren lassen oder dass es Konsequenzen gehabt hätte.
    Beide Hauptcharaktere, aber auch die Nebencharaktere (die anderen Ermittler) werden gut vorgestellt. Der Leser bekommt einen Einblick in ihr Leben, ihre Familie und zum Teil auch in ihre politischen Ansichten. Dabei geht man keineswegs mit allen Ansichten konform und gerade eine Ermittlerin vertritt eher gewagte Ansichten, dennoch schaffen die Autoren es, alle Figuren so zu gestalten, dass man gerne über sie liest (auch wenn sie dem Leser nicht alle ans Herz wachsen). Die Charaktere sind teilweise ein wenig klischeehaft, zum Beispiel der ältere Polizist, der etwas gemütlich ist und Probleme mit der Technik hat, aber diese Klischees werden im Laufe der Handlung aufgebrochen und es wird damit gespielt. Insgesamt sind alle Charaktere interessante, mal mehr, mal weniger ungewöhnliche Figuren.
    Positiv finde ich auch, dass man hier ein Frau / Frau-Team vorgesetzt bekommt. Ich habe nichts gegen die Mann / Frau-Kombination, aus der dann meistens eine Beziehung entsteht, aber die gleichgeschlechtliche Variante ist für mich dennoch etwas erfrischend anderes - auch wenn die beiden Frauen für mich nicht direkt ein klassisches Ermittlerduo bilden. Sie führen zwar Verhöre zusammen, aber gerade Forss startet einige Alleingänge. Dies könnte aber auch daran liegen, dass die Ermittlerinnen sich erst kennen gelernt haben und noch kein eingespieltes Team sind.


    Die Thematik des Mordfalles hat mich sehr interessiert. Es gab einige spannende Wendungen, die ich so nicht erwartet hätte und der kleine geschichtliche Einblick in das Schweden der fünfziger war interessant und hat zu weiterer Recherche angeregt. Gut fand ich, wie einfühlsam die Autoren

    umgegangen sind - sie haben es wirklich als normal dargestellt und meiner Meinung nach einfühlsam geschildert. Besonders bewegend, fast schon beklemmend fand ich hierbei den "Epilog", der auf Geschehnisse von 1948 zurückgreift. Hier werfen die Autoren ganz zum Schluss noch eine Art "moralisches Dilemma" in den Topf, das ich zwar irgendwie unnötig fand, das aber andererseits die Handlung rückwirkend noch einmal stark beeinflusst und mich vor die Frage gestellt hat, ob ich auch so gehandelt hätte.
    Die Ermittlungen selbst wurden gut geschildert, die wechselnden Perspektiven haben mir dabei sehr gefallen. Auf den Täter kam ich erst relativ spät und erst, als er im Buch benannt wurde - er kam für mich ein wenig aus dem Nichts, auch wenn das Motiv selbst recht glaubwürdig war.


    Das Buch hat mir insgesamt gut gefallen und ich werde mir auch definitiv den zweiten Band kaufen. Allerdings hat auch mir "das gewisse Etwas" gefehlt, sodass ich 'nur' :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: gebe.

    Carpe Diem.
    :musik: Herr Heiland und der gefallene Engel, gelesen von Reinhard Kuhnert

    2024 gelesen: 18 Bücher | gehört: 4 Bücher

  • Ein alter Mann wird brutal ermordet in seinem Gewächshaus gefunden. Im Laufe der Ermittlungen stellt sich heraus, dass er mehr als ein Geheimnis hatte und schließlich führen die Spuren nach Jersualem, 1948, in die Entstehungszeit des Staates Israel.


    Ich lese sehr gerne skandinavische Kriminalromane und auch gerne einmal neue Autoren. Der Debütroman des Autorenduos Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson konnte mich jedoch nicht wirklich überzeugen, vor allem hat mich der Roman gelangweilt, schlimmer noch, er wirkte richtiggehend einschläfernd auf mich.


    Dabei ist die Thematik sehr interessant und im Laufe der Handlung wird mehr als ein Geheimnis aufgedeckt, was das Ganze noch interessanter machen – könnte, denn so richtig ausgereizt wird nichts davon. Stattdessen verliert sich das Geschehen in den viel weniger interessanten persönlichen Nebenschauplätzen der Ermittler.


    Der Roman wird in mehreren Perspektiven erzählt, auch in denen zweier Personen, die man lange nicht einordnen kann, was Spannung hätte erzeugen können, es aber leider auch nicht tut. Insgesamt wird alles irgendwie betulich erzählt und konnte mich bis kurz vor Ende überhaupt nicht packen.


    Auch die Charaktere wirken betulich, z. B. Ingrid Nyström, gerade Chefin der Ermittlergruppe geworden, schon Großmutter, Ehefrau eines Pastors – und genau so kommt sie auch herüber; nur einmal konnte sie mich wirklich überzeugen,:As sie mit einem Vorgesetzten Tacheles redet. Ein anderer Ermittler isst gerne, alle anderen bleiben eher blass und wirken wie Staffage. Stina Forss, Halbschwedin, bisher Polizistin in Berlin, jetzt auf Probe in Växjö, dem Ort der Handlung, wirkt zunächst auch wenig interessant, sie hat zwar ein Problem mit ihrem Vater, hier gibt es aber nur ein paar Andeutungen, später werden weitere Probleme offenbar, so dass man sich am Ende fragt, wie sie überhaupt noch Polizistin sein kann. Da dieser Roman der erste Fall für Nyström und Forss ist, scheint sie es auch weiterhin zu bleiben, für mich ein Rätsel. Sie wirkt auf mich zudem sehr künstlich. Insgesamt kommen mir die Charaktere eher wie Stereotype als wie echte Menschen vor.


    Ein Lob möchte ich der Übersetzung aussprechen. Ich mag es, wenn in den Romanen das schwedische „Du“ erhalten bleibt, es mag zunächst etwas ungewohnt wirken, wenn alle sich duzen, macht es aber authentischer.


    Insgesamt leider ein Kriminalroman, der mich nicht packen konnte und der mich nicht dazu animiert, weitere Romane von Voosen und Danielsson lesen zu wollen. Empfehlen möchte ich den Roman nicht, ich vergebe aber wegen der Thematik, der logischen Auflösung und der Übersetzung gerade noch 3 Sterne.