Lorenz Filius: Erdstallpirouetten: Eine fast harmlose Kindheitserinnerung

  • Klappentext:


    In der Schule ist Becky keine große Leuchte, was für ihren Stand unter den Klassenkameraden nicht gerade förderlich ist. Daran hat sie sich zwar über die Jahre gewöhnt, aber diese Hundstage sind irgendwie anders als die der vergangenen Sommer. Juckpulver, eine nicht enden wollende Hitze und diverse andere kleine Nöte machen dem neunjährigen übergewichtigen Mädchen das Leben schwer. Überhaupt scheint sich die Welt um Becky auszubreiten, ohne sie dabei mitnehmen zu wollen. Ihr bester Freund, nämlich ihr eigener Vater, ist zunehmend mit sich selbst beschäftigt, und in ihrem Baumhaus fühlt sie sich seit den Attacken der Eierköpfe auch nicht mehr wohl. Da kommt Becky die Entdeckung einer neuen Zuflucht im Garten der Nachbarin gerade recht, wo sie sich in aller Ruhe überlegen kann, warum sie kein Junge, sondern ein Mädchen ist und ob ihr weißes Kleid ihr irgendwann einmal passen wird. Doch auch hier scheint die Harmlosigkeit des Lebens ihre Grenzen zu haben.


    Kritik:


    Ein leises Buch.
    Das Thema - der Konflikt zwischen der Freude am Dasein als solches und einer gärenden inneren Not - wird schon anhand des Buchtitels und des Umschlagbildes adäquat verdeutlicht. Der Leser schließt die Außenseiterin Becky unweigerlich in sein Herz; umso mehr steigert sich die Befürchtung im Laufe der Lektüre, dem übergewichtigen und von anderen Kindern gehänselten Mädchen werde früher oder später ein Leid widerfahren. Ein Unglück, das quasi jederzeit aus dem täglich erlittenen Mobbing durch ihre Nachbarskinder und Mitschüler hervorgehen könnte. Doch Lorenz Filius Geschichte schlägt nicht mit reißerischer Dramatik die übelste aller möglichen Entwicklungen ein. Indessen vermittelt er auf angenehme Weise einen Einblick in den Mikrokosmos einer Heranwachsenden, wobei trotz allem der Entdeckung des Erdstalls eine symbolhafte Bedeutung innewohnt. Die beschriebene Sehnsucht nach einem Zufluchtsort ist vermutlich vielen Außenseitern zueigen.
    Auch kommt der Leser nicht umhin, Episoden aus der eigenen Kindheit vor dem inneren Auge Revue passieren zu lassen. Sei es aus der Sicht eines Gehänselten, sei es aus der Perspektive eines gewohnheitsmäßigen Quälgeistes. Ein Grund mehr sich mit den Erdstallpirouetten zu befassen. Dank kleiner Geschichten wie diese finden auch die einsamen Gefühle, die sich ansonsten vor der Welt zu verbergen suchen, ein Gehör; obwohl die Stimme des Autors eher leise zu uns spricht.