Gavin Lyall - Die Ehre der Spione

  • Klappentext:
    "Unsere Spione sind wohl die schlechtesten der Welt", meinte George V, König von England im Jahre 1910, "sie werden immer entlarvt."
    Dem soll der neu eingerichtete Secret Service abhelfen. Nur widerwillig läßt sich Captain Matthew Ranklin, en Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle, auf das unehrenhafte Spionagegeschäft ein. Schon sein erster Auftrag in Irland kostet ihn fast das Leben, beschert ihm allerdings auch einen neuen Partner, den etwas zwielichtien Conall O'Gilroy. Bei ihrem nächsten Einsatz machen die beiden die Bekanntschaft von Corinna Finn, der reichen und gewitzten Tochter eines amerikanischen Geschäftsmannes. Und diesmal kann Ranklin von Glück reden, daß das erhalten der jungen Dame nicht immer den Konventionen der Zeit entspricht.
    Zu dritt stellen sie sich in Budapest ihrer größten Herausforderung und decken eine Verschwörung auf, die die gesamte europäische Geschichte verändern könnte.


    Meine Meinung:
    Ein historischer Spionagethriller, der ohne viel Action und Knalleffekte auskommt, muss nicht langweilig sein, ganz im Gegenteil. In fünf Episoden, die lose zusammenhängen, wird erzählt, wie Matthew Ranklin (verarmter Armee-Offizier), Conall O'Gilroy (verhinderter Revolutionär) und Corinna Finn (amerikanische Millionärstochter) ein ums andere Mal versuchen, den Ersten Weltkrieg zu verhindern.


    Captain Ranklin, der gegen seinen Willen vom Secret Service rekrutiert wurde, muss das Spionagegeschäft, das er als unehrenhaft ansieht, erst mühsam lernen. Doch im Laufe der Handlung wird er darin immer gewitzter. Dabei dürfte er als der Prototyp des Gentleman und Lebemanns gelten, den James Bond später so perfekt verkörpert hat.
    Sein irischer Partner Conall O'Gilroy hingegen ist durch sein Vorleben im irischen Widerstand deutlich besser für die Aufgaben geeignet und greift auch gerne mal zu eher unseriösen, wenn nicht gar illegalen Mitteln, um die gewünschten Informationen zu beschaffen.
    Ihr Chef, den sie nur unter dem Namen "Commander" oder "Onkel Charlie" kennen, lenkt die Einsätz souverän und unerkannt von der Londoner Gesellschaft aus.
    Warum die reiche Corinna Finn sich an den Unternehmungen beteiligt, ist mir hingegen nicht klar. Vermutlich Langeweile und die Faszination an der Gefahr.


    Sicher geraten die drei Figuren immer wieder in gefährliche Situationen, doch es gelingt ihnen immer wieder mit Witz und Verstand, sich nicht nur in Duellen und Verfolgungsjagden zu behaupten, sondern zudem auch Verschwörungen aufzudecken, die Europa unweigerlich in einen Krieg führen würden. Das Erzähltempo ist eher ruhig, doch genau dieses britische "understatement" erzeugt Spannung. So fragt man sich oft, ob die beiden Spione sich einer Gefahr überhaupt bewußt sind oder ob sie nur eine Rolle spielen, um den Gegner zu verwirren. Oft musste ich schmunzeln, wenn es ihnen mal wieder gelungen war, nicht nur den Gegner mit ihren Manövern zu verwirren.


    Besonders gut gefallen hat mir auch das historische Hintergrundwissen, das einem so nebenbei vermittelt wird. Auf einmal liegt das Augenmerk nicht mehr auf den Großmächten, sondern beschäftigt sich mehr mit den vielen kleinen Staaten Europas, die bei der Betrachtung der damaligen Zeit häufig vernachlässigt werden. Mir wurde durch die Lektüre des Buches auf einmal viel klarer, wie es zum Ersten Weltkrieg kommen konnte und warum dieser nicht zu verhindern war.


    Fazit:
    Angenehme Unterhaltung, ein anderer Blickwinkel auf historische Ereignisse und eine spannende Spionage-Story.
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    Verführung Volljähriger zum Bücherkauf sollte nicht unter 5 Jahren Stadtbibliotheksmitgliedschaft bestraft werden!