Richard Sennet, Zusammenarbeit. Was unsere Gesellschaft zusammenhält

  • In seinem neuen Buch stellt sich der amerikanische Soziologe Richard Sennet die Frage, wie Menschen, die sich in vielen Gesellschaften immer mehr unterscheiden in ihrem sozialen Staus, ihrer ethnischen Herkunft und vor allem ihrer Weltanschauung, gut zusammen leben und zusammen arbeiten können.


    Für Sennett ist die Beantwortung dieser Frage der Schlüssel zu einer positiven Entwicklung unserer Gesellschaften. An unzähligen Beispielen erklärt er das Wesen der Zusammenarbeit und spürt nach, wie ihr Wert wieder neu bestimmt werden kann.


    Dabei geht es in einer Welt, in der die sozialen Gräben zwischen Arm und Reich immer tiefer werden und die gesamte Gesellschaft ihren inneren Halt zu verlieren droht durch immer größer werdende soziale Spannungen, nicht darum, Unterschiede zwischen den Menschen und ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Talenten durch mehr Zusammenarbeit zu nivellieren, sondern es geht darum, sie in eine Art gemeinsames Projekt einzubringen. Vorbild ist ihm dabei der klassische Handwerksbetrieb, dessen Leistungen er als „handwerkliche Kunst“ versteht, in dem man als Gruppe zusammenarbeitet, aber sehr wohl ein Meister das Sagen hat.


    Diese Form der Zusammenarbeit, so Sennett, ist dann erfolgreich, wenn die Mitglieder des Kollektivs einander zuhören und wenn die Fähigkeiten und die Fertigkeiten jedes Einzelnen einfließen in das fertige Produkt.


    Dieses Bild des Handwerkbetriebs überträgt er auch auf andere Situationen, und hebt besonders das Prinzip des Dialogs hervor. Denn wir wissen meistens nicht, was in den Menschen wirklich vorgeht, mit denen wir zusammenarbeiten sollen oder wollen. Der permanente Austausch im Gespräch führt nicht nur zu besserer Zusammenarbeit und besseren Ergebnissen bzw. Produkte, sondern hebt auch die Lebensqualität der in dieser Zusammenarbeit beteiligten Menschen.


    Es ist eine sehr positive und hoffnungsvolle Sicht, die Sennett da zeigt. Er ist tief davon überzeugt, dass der Mensch zu einer viel tieferen Zusammenarbeit fähig ist, als es ihm die bestehende Ordnung ermöglicht.


    Vielleicht müssen, wie so oft, einzelne Menschen in den Gruppen, in denen sie leben und arbeiten, damit anfangen. Doch wirklich wirksam wären Sennetts Ideen erst, wenn auch dort, wo die großen Entscheidungen gefällt werden, etwas von Dialog und Kooperation Einzug hielte. Da bin ich eher skeptisch.