Jussi Adler-Olsen - Verachtung / Journal 64

  • Originaltitel "Journal 64"


    Da ist er nun, der vierte Band der Sonderdezernat Q - Serie um Kommissar Carl Moerck


    "Eine Reihe vermisster Personen aus dem Jahr 1987, die durch eine
    Person und deren entsetzliches Schicksal verbunden sind: Nete Hermansen.
    Eine junge Frau ohne jede Chance auf ein selbstbestimmtes Leben, von
    Menschen grausam misshandelt, wird zwangssterilisiert durch einen
    fanatischen Arzt und verbannt nach Sprogø, der Insel für ausgestoßene
    Frauen. Sie nimmt grausam Rache …"
    Wie auch schon der Klappentext sagt, man weiß als Leser von vornherein, wer der Mörder ist. Das Buch besteht einerseits aus der "klassischen " Polizeiarbeit um Carl und seine Crew, anderseits aus vielen Rückblenden ins Jahr 1987 und "Rück-Rückblenden", die die Ereignisse aus dem Jahr 1987 erklären. Es wird erklärt, was auf dieser Insel für "zu verbessernde" Frauen und Mädchen passiert ist, es werden die Morde beschrieben und natürlich, wie es sich für einen Krimi gehört, wie sich das Team den Taten und Motiven nähert.
    Alles in allem für mich der schlechteste Krimi aus dieser Reihe. Warum? Weil das Buch so vor sich hinplätschert, ohne dass eigentlich viel passiert, man wartet immer auf den großen Knall,auf eine Überraschung (die dann 3 Seiten vor Schluss kommt) Außerdem wird da sehr viel hineingerührt, faschistoide Machenschaften, stramm rechte Parteien, rechte Ideologien, Grippe- und Durchfallanfälle der Ermittler, privates Geplänkel, Korruption in der Polizei, andere alte Fälle usw. usw. Für mich einfach zu viel des Guten und, so scheint es, nur zum Seitenfüllen.
    Witzige Szenen, besonders um Assad, tauchen dieses Mal nur vereinzelt auf, ständiges Aufs-Klo-Gehen-Müssen soll wohl schon witzig sein. A propos Assad, hier erfährt man gar nichts Neues, sicher bewusst gemacht, sozusagen als Cliffhanger fürs nächste Buch. Schade.
    Bemerkenswert ist nur, dass dieses Buch als tatsächliches Hardcover-Buch auf den Markt kam, nicht so wie seine Vorgänger, die nur so bezeichnet wurden, aber dafür ist es auch um einiges teurer.
    Ich vergebe nur :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:



    PS Wieso erscheint hier kein Foto, habe doch die ISBN-Nummer eingegeben????

  • A propos Assad, hier erfährt man gar nichts Neues, sicher bewusst gemacht, sozusagen als Cliffhanger fürs nächste Buch. Schade.

    Schon wieder nicht? Na toll, genau darauf hatte ich nämlich gewartet. Mich hätte ein näherer Blick auf Assads Vergangenheit sehr interessiert. :cry:

    Bemerkenswert ist nur, dass dieses Buch als tatsächliches Hardcover-Buch auf den Markt kam, nicht so wie seine Vorgänger, die nur so bezeichnet wurden, aber dafür ist es auch um einiges teurer.

    Ich hoffe, dass irgendwann nicht nur ein Taschenbuch, sondern auch eine broschierte Ausgabe erscheint, die so aussieht wie die Vorgänger. Das war auch ein Grund, warum ich mir das Hardcover nicht gleich zum Erscheinungstermin gekauft habe wie die beiden letzten Bücher. Und 20 Euro war es mir dann doch nicht wert. Aber eigentlich war es fast zu erwarten, dass diese mittlerweile sehr erfolgreiche Reihe erst einmal teuer unters Volk gebracht werden soll.

  • Danke für die Warnung! Gekauft hätte ich mir das Buch ohnehin nicht, da die Bücherei die Krimis dieses Autors immer anschafft.
    Ich bin gespannt, den ersten Roman fand ich toll, der zweite gefiel mir nicht besonders, der dritte war wieder besser.
    Auch das Einzelbuch "Alphabethaus" fand ich sehr lesenswert.


    Edit: Die Bücherei hat es heute angeschafft. Leider sind schon zwei Leute vor mir dran. :-,

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

    2 Mal editiert, zuletzt von €nigma ()

  • Das Buch werde ich mir auch aus der Bücherei ausleihen, aber nun gehe ich nicht mit allzu großen Erwartungen ran - und kann auch nicht allzu sehr enttäuscht werden. Aber lesen will ich es schon, dafür haben mir die drei Vorgänger einfach zu gut gefallen.


    grüße von missmarple

  • Ich habe das Buch gestern auch endlich zu Ende lesen können und hatte hinterher auch eine gemischte Meinung dazu.


    Ich fand die ersten drei Teile ehrlich gesagt auch etwas spannender, wobei ich die Story des 4.Teils wirklich gut finde. Aber man hätte deutlich mehr draus machen können. Zu viele Sachen wurden am Ende einfach weggelassen und die Geschichte wird meiner Meinung nach einfach nicht komplett bis zu Ende erzählt. Ich hätte mir da noch mehr Informationen gewünscht wie es mit der besagten Partei weiter geht usw.


    ----


    Was mich allgemein enttäuscht hat, ist das es das Buch bisher noch nicht als eBook gibt. Amazon zeigt zwar schon den Preis von 15,99€ an, aber die eBook/Kindle-Version soll erst im März 2013 herauskommen. Das finde ich doch ziemlich unverschämt. Da soll man als Fan solange warten und soll dann für die Papierlose Version auch noch 3/4 des Preises der gebundenen Version hinlegen. Ich gehe aber mal stark davon aus das die Taschenbuchversion nicht solange auf sich warten lässt und der eBook-Preis dann auch noch mal stark reduziert wird bzw. fast den selben Preis wie das Taschenbuch bekommt.

  • Klappentext:


    Im November 1985 trifft eine junge Frau namens Nete Rosen während eines Empfangs auf den Gynäkologen Curt Wad. Vor den Augen der Gäste und ihres Ehemanns demütigt Wad die Frau, über deren Vergangenheit niemand etwas zu wissen scheint. Es ist eine entsetzliche Vergangenheit, und die Konfrontation damit lässt Netes Ehemann keine Sekunde zögern, sich von seiner geliebten Frau loszusagen. Voller Verachtung für sie stirbt er noch in derselben Nacht bei einem Autounfall.
    2010 stößt das Sonderdezernat Q in Kopenhagen auf die Akte einer im Jahr 1987 als vermisst gemeldeten Frau: Rita Nielsen. Recherchen zeigen, dass fünf weitere Personen seit September 1987 spurlos verschwunden sind. Carl Morck und seine Assistenten Assad und Rose ermitteln in einem ihrer bizarrsten Fälle.


    Der Autor:


    Jussi Adler-Olsen wurde 1950 in Kopenhagen geboren. Seit 1997 veröffentlicht er Romane, seit 2007 die erfolgreiche Serie um Carl Morck vom Sonderdezernat Q. Mit den Thrillern "Erbarmen", "Schändung", "Erlösung", "Verachtung", sowie seinem Roman "Das Alphabethaus" stürmt er die internationalen Bestsellerlisten. Seine vielfach preisgekrönten Bücher erscheinen in über 30 Ländern, die Filmrechte an der Sonderdezernat-Q-Serie hat Lars von Triers Produktionsfirma Zentropa erworben.


    Thriller, 541 Seiten


    Meine Meinung:


    Zunächst eine kleine Korrektur zum Klappentext: Es ist dort von einer "jungen" Frau namens Nete Rosen die Rede,bzw. Schreibe. Der Begriff ist allerdings relativ. Im Jahr 1985 hat sie die fünfzig bereits erreicht. Also nicht mehr allzu jung. :wink: Aber das nur am Rande.
    Ich bin jetzt doch ganz froh darüber, das Geld in die gebundene Ausgabe investiert zu haben, da ich das Buch, wie auch bereits die Vorgängerromane dieser Serie noch einige Male ausleihen werde. Und beim Taschenbuch sieht man es dann doch, wenn das Buch bereits durch mehrere Hände gegangen ist.


    Jetzt aber zum Werk selbst, an das ich mit grossen Erwartungen herangegangen bin und ..... ich wurde nicht enttäuscht! Auch dieser Fall hat mir wieder ein herrliches Lesevergnügen bereitet. Ich mag einfach Carl Morck und seine Truppe. Zudem behandelt Jussi Adler-Olsen in dieser Serie immer wieder sehr aussergewöhnliche und bizarre Fälle. Diesmal sind es die Machenschaften einer rechtsextremen Partei und einige Geschehnisse einer sehr unrühmlichen Geschichte in Dänemarks Vergangenheit. Eine Geschichte, die von wahren Ereignissen (wie der Autor im Nachwort schreibt), die sich auf der Insel Sprogo und dort in einer Anstalt für Frauen in den Jahren von 1923 bis 1961 abspielten, handelt. In dieser Anstalt landeten Frauen, die mit dem Gesetz oder der damals geltenden Moral in Konflikt gekommen oder aufgrund von "Debilität" für unmündig erklärt wurden. Und von diesen Frauen wurden viele zwangssterilisiert. Um keine "unerwünschten Nachkommen" in die Welt zu setzen. Man ahnt es schon, wenn es an die Beschreibung der dort herrschenden Zustände geht, ist das keine leichte Kost!


    Zunächst einmal geht es nur um den Fall einer vermissten Frau aus dem Jahr 1987, der dank Roses Mithilfe auf dem Tisch des Leiters des Sonderdezernats Q, Carl Morck, landet. Carl ist wie immer nicht sehr motiviert. Aber das ändert sich im Laufe der Ermittlungen, als Assad und Rose (die wie immer die Hauptarbeit leisten) auf noch mehr Fälle von vermissten Personen stoßen. Merkwürdig, dass sie alle um den gleichen Zeitraum verschwanden. Und auch noch alle in etwa dem gleichen Gebiet zuletzt gesichtet wurden. Im Gebiet von Kopenhagen und Umgebung. Trotz so mancher Widrigkeiten, zu denen auch eine gerade um sich greifende Grippewelle im Polizeiprädidium nicht unbeträchtlich beiträgt, graben sich unsere drei wackeren Helden immer tiefer in die Geschichte und machen dabei viele verblüffende Entdeckungen.


    Außerdem scheint auch noch eine rechtsextreme Partei, die sich "Klare Grenzen" nennt, eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen. Und hier ist besondereres Augenmerk auf deren Gründer Curt Wad zu richten! Ein sehr sehr unangenehmer Zeitgenosse!! Der scheint irgendwie mit den damaligen Vermisstenfällen in Zusammenhang zu stehen. Und dann taucht auch noch ein Name auf, der schließlich zum Dreh- und Angelpunkt des ganzen Falles werden soll. Nete Hermansen (verheiratete Rosen). Aber das wird bereits schon zu Anfang klargemacht. Denn der Leser weiß bereits mehr als die Ermittler. Denn in Rückblenden wird immer wieder auf das Jahr 1987 geschwenkt. Das Jahr, in dem Nete einen grandiosen Racheplan in die Tat umsetzen will. Klappt zwar nicht so ganz, wie sie es sich vorgestellt hatte, aber einigen Erfolg kann sie dann doch noch aufweisen. Und wie sie dabei vorgeht, wird nach und nach in die Geschichte eingestreut. Das war richtig spannend. Außerdem erfolgen in den Rückblenden aus dem September des Jahres 1987 wieder weitere Rückblicke, die dann deutlich machen, was es mit Nete auf sich hat. Was sie in ihrer Jugend erdulden musste. Wie es dazu kommen konnte, dass sie auf der Insel Sprogo landete. Und schließlich, was es mit den Personen auf sich hat, die Nete glaubt, beseitigen zu müssen. Tolle, aber auch schockierende Geschichte!


    Das private Umfeld Carl Morcks erfährt auch noch so einige interessante Wendungen. Hierzu sollte man aber bereits die Vorgängerromane gelesen haben. Denn es wird an einige Ereignisse angeknüpft, die dort bereits ihren Anfang nahmen. Da ist zum Beispiel dieser "Druckluftnaglerfall", der dazu geführt hatte, dass Carl einige Umbauten im Haus vornehmen musste, um seinen gelähmten Polizeikollegen Hardy bei sich aufzunehmen. Es treten auch wieder neue Erkenntnisse in diesem Fall auf, die Carl auf einmal sehr verdächtig erscheinen lassen, so dass eine Suspendierung drohen könnte. Ausserdem macht Carl auch noch seine Frau Vigga zu schaffen, die die Scheidung vorantreiben und viel Geld haben möchte. Carls Beziehung zu der Psychologin Mona macht Fortschritte, sein Untermieter Morten ist verliebt und Viggas Sohn Jesper, der sich bei Carl einquartiert hat, kommt auch noch, aber gaaanz am Rande vor. Mir gefällt es immer besonders, diese Entwicklungen mitzuverfolgen. Darauf freue ich mich bei jedem neuen Buch am meisten. Wie es hier weitergeht. Und dann kommt an zweiter Stelle der aktuelle Kriminalfall.


    Und natürlich gibt es auch neue Erkenntnisse im Umfeld von Rose und Assad. Carl und Assad schnüffeln ein wenig in Roses privatem Umfeld und wünschen sich manchmal Yrsa zurück, wenn Rose gar zu nervig wird. Und Assad ... nun der scheint plötzlich mysteriöse Beziehungen nach Litauen zu unterhalten und jagt einem Gangster damit einen gewaltigen Schrecken ein. Aber je mehr es über Assad herauszufinden gibt, desto mehr neue Fragen tauchen auf. Das macht jedenfalls wieder neugierig auf die nächste Fortsetzung. Ich freue mich jetzt schon darauf. Hoffentlich dauert es nicht mehr so lange!


    Mein Fazit: Gelungene Fortsetzung meiner Lieblingsserie. Hat mir wieder sehr gut gefallen und ich möchte mehr davon!
    Meine Bewertung: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :thumleft:

    :study: Jeder Tag, an dem ich nicht lesen kann, ist für mich ein verlorener Tag!

    Einmal editiert, zuletzt von birgitk ()

  • Mir hat der vierter Fall von Carl Morck und Co. sehr gut gefallen. Gerade die Rückblenden in das Jahr 1987 und in Netes Jugend haben das Buch für mich sehr abwechlungsreich gemacht. Das Ende hielt dann auch noch eine unerwartete Überraschung, mit der ich so nicht gerechnet hatte, für mich bereit.
    Schade fand ich , dass man nicht wirlich etwas neues über Assads Vergangenheit erfährt.


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.
    aus Arabien



  • Zum Inhalt


    Der vierte Roman um Carl Mørck und seine Kollegen Assad und Rose vom Sonderdezernat Q beschäftigt sich mit einem dunklen Kapitel der dänischen Geschichte. Auf der Insel Sprogø waren 1929 bis 1967 Mädchen und Frauen interniert, die mit den Gesetzen oder auch nur den Moralvorstellungen ihrer Zeit in Konflikt geraten waren. Viele dieser Frauen wurden zwangssterilisiert, bevor sie die Insel verlassen durften, damit sie nicht mit "asozialem" Nachwuchs der dänischen Gesellschaft zur Last fallen würden.
    Auf diese Insel verschlägt es auch die Protagonistin des Romans, Nete Hermansen. Nete ist weder minderbegabt noch kriminell oder moralisch verkommen, vielmehr gerät sie durch eine Verkettung unglücklicher Umstände auf die Insel. An ihrem schweren Schicksal sind mehrere Personen beteiligt: Mitgefangene und Bewacherinnen auf Sprogø, Männer, die sie sexuell ausgenutzt und sie dem gewissenlosen Arzt Curt Wad in die Hände getrieben haben und schließlich ein Anwalt, der Nete im Bemühen um Gerechtigkeit gegenüber diesem Arzt im Stich gelassen hat. Als sie endlich von der Insel entlassen wird, kreisen ihre Gedanken nur noch um den Gedanken an die Rache an diesen Menschen.


    Aufbau


    Die Handlung des Romans spielt sich auf verschiedenen Zeitebenen ab. Im Jahr 2010 ermitteln Carl Mørck und seine Kollegen im Fall von einigen Menschen, die im Jahr 1987 innerhalb weniger Tage spurlos verschwanden und seitdem nie mehr gesehen wurden. Der Leser ist dem Ermittlungsteam voraus, denn er wird auf der Erzählebene von 1987 Zeuge, wie Nete die an ihrem Schicksal Schuldigen in die Falle lockt, um sie zu ermorden. Um Netes Handlungen nachvollziehbar zu machen, gibt es in diesen Abschnitten weitere Rückblicke in die Fünfziger Jahre, die über die Ereignisse von Netes Jugend, besonders über ihre Zeit aus Sprogø berichten.


    Beurteilung


    Der vierte Fall des Sonderdezernats Q ist ebenso interessant wie erschütternd. Besonders schockierend ist die Tatsache, dass es auch im 21. Jahrhundert noch Menschen gibt, die sich mit der Ideologie der "Rassenhygiene" beschäftigen und "lebensunwertes" Leben, in diesem Fall die Föten von als asozial oder genetisch weniger wertvoll erachteten Müttern, vernichten wollen. Zu diesem Zweck werden - aus Sicht der Schwangeren - unfreiwillige Abtreibungen vorgenommen und ebenso unfreiwillige Sterilisationen durchgeführt. Dr. Curt Wad tritt hier als Vertreter des menschenverachtenden "Herrenmenschen" auf, der die dänische Gesellschaft vor "Untermenschen" bewahren will und deshalb mit seiner Partei "Klare Grenzen" politischen Einfluss gewinnen will. In seiner Charakterisierung und der Darstellung seiner kriminellen Machenschaften scheint mir der Autor (hoffentlich!) übertrieben zu haben.
    Leider ist der Erzählstil in diesem Roman über mindestens die erste Hälfte dazu geeignet, dem Leser die Spannung effektiv zu zerstören. Immer wieder werden ausführlich und unappetitlich die Details und Auswirkungendes des grippalen Infekts geschildert, unter denen fast alle Mitarbeiter der Polizei leiden. Auch ständige Zwischeninformationen zu einem Kurs für soziale Kompetenz, die aus einer einstmals zickigen Kollegin eine charmante Dame gemacht haben, sowie über einen sich durch die Bände ziehenden alten Fall ("Druckluftnaglerfall") bremsen immer wieder das Lesetempo. Diese mangelnde Geradlinigkeit macht aus einem eigentlich sehr interessanten und diskussionswürdigen Roman einen sehr zähflüssigen Sumpf, durch den man sich kämpfen muss, bevor erst in der zweiten Hälfte Spannung aufkommt.
    Insgesamt kann ich aufgrund der bremsenden Elemente trotz der brisanten Thematik nur :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: vergeben.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
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    2 Mal editiert, zuletzt von €nigma ()

  • Klappentext:
    “Erinnerst du dich nicht mehr an mich, Nete? Doch, das tust du. Du erinnerst dich noch sehr genau an mich.” Da war es wieder, dieses Gefühl aus den verzweifelten Tagen auf Sprogø, als das Meer und die Wellen sie lockten, ihrem elenden Leben ein Ende zu bereiten…


    Eine Insel für ausgestoßene Frauen. Eine Frau, die Rache nimmt an ihren Peinigern.
    Der vierte Fall für Carl Mørck.


    Autoreninfo:
    Jussi Adler-Olsen wurde 1950 in Kopenhagen geboren. Seit 1997 veröffentlicht er Romane, seit 2007 die erfolgreiche Serie um Carl Mørck vom Sonderdezernat Q. Mit den Thrillern “Erbarmen”, “Schändung”, “Erlösung”, “Verachtung” sowie seinem Roman “Das Alphabethaus” stürmt er die internationalen Bestsellerlisten. Seine vielfach preigekrönten Bücher erscheinen in über 30 Ländern, die Filmrechte an der Sonderdezernat-Q-Serie hat Lars von Triers Produktionsfirma Zentropa erworben.


    Erster Satz:


    Fast hätte sie sich ganz dem Gefühl hingegeben.


    Inhalt:


    Es ist November und Carl Mørck ist mal wieder miesepetrig, denn Rose hat viele alte Akten zusammengetragen und zusammen mit Assad hat sie eine Akte ausfindig gemacht, in der es sich lohnt zu ermitteln. Rita Nielsen ist im Jahr 1987 spurlos verschwunden. Rose und Assad machen sich zusammen auf die Suche nach weiteren Vermisstenfällen aus dem Zeitraum. Und es gibt tatsächlich noch weitere Personen, die alle just in den darauffolgenden Tagen als vermisst gemeldet wurden und nicht mehr aufgetaucht sind. Eindeutig zu viel Zufall finden Rose, Assad und schließlich auch Carl.


    Dieser ist öfter mit den Gedanken wo anders, wer kann es ihm auch verdenken, denn der alte Fall von Amanger liefert neues Material und Carl gerät unter Verdacht. Hinzu kommen auch noch seine privaten Probleme mit seiner getrennt lebenden Frau, die plötzlich die Scheidung will und natürlich auch Geld – und da ist ja auch noch Ronny, der mit einer alten Geschichte für Ärger sorgt. Aber Carl wäre nicht Carl Mørck, wenn er nicht zu einer für sich befriedigenden Lösung käme.


    Je weiter sie in den Vermisstenakten wühlen um so deutlicher wird die Spur. Sie führt Carl und Assad nach Sprogø. Auf der Insel wurden bis in die sechziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts Mädchen und Frauen interniert, die mit dem Gesetz bzw. mit den damaligen Moralvorstellungen der Gesellschaft in Konflikt gekommen sind. Es war ein leichtes auf die Insel zu kommen, denn wenn die Sozialprognose nicht gut war bzw. man schon mal eine Abtreibung hinter sich hatte oder nicht intelligent genug für die Gesellschaft war wurde man interniert. Verlassen durfte man die Insel erst wieder nach einer Zwangsterilisierung, denn so konnten sie mit weiterem Nachwuchs nicht mehr der Gesellschaft zur Last fallen.


    Auf Sprogø wird auch Nete Hermansen interniert, die weder dumm noch kriminell oder im heutigem Sinne sozialauffälig war. Unglückliche Umstände und die Begegnung mit Curt Wad reichen bei mir aus um auf die Insel zu kommen. Bewacherinnen und mit internierte Frauen machen ihr das Leben zur Hölle. Erst durch die Zwangssterilisierung kann sie die Insel verlassen, aber ihren Traum nach einer eigenen Familie kann sie begraben. Immer wieder kreisen die Gedanken von Nete um ihrer Peiniger.


    Weitere Recherchen führen Carl Mørck und Assad zu der Partei “Klare Grenzen” – in der auch Curt Wad aktiv ist – die an die eugenischen Vorstellungen des Nationalsozialismus festhält und diese wieder einführen will. Liegt hier die Verbindung zu den Vermisstenfällen?


    Meinung:


    “Verachtung” ist der vierte Teil der Sonderdezernat-Q-Reihe um Carl Mørck, Assad und Rose.


    Bereits das Cover, das in warmen Farben gestaltet ist und eine blutige Schere zeigt, lässt den Leser böses ahnen.


    Aufgeteilt ist dieser vierte Teil in 46 Kapitel sowie einen Prolog und einem Epilog.
    Zu dem lässt Jussi Adler-Olsen seinen Krimi auf verschiedenen Zeitebenen spielen. So erfolgt die Ermittlung von Carl Mørck und Assad 2010, die Vermisstenfälle spielen alle im Jahr 1987 und das Leben von Nete Hermansen findet immer wieder in Rückschauen aus der Zeit des 2. Weltkriegs bis in die sechziger Jahre hinein statt. Dadurch dass der Leser auf die unterschiedlichen Zeitebenen wechselt ist er Carl Mørck und Assad voraus.


    Jussi Adler-Olsen erzählt dieses ernste Thema “Zwangssterilisierung” sehr trocken und konkret. Vor allen die Rückschau auf Netes Leben ist immer wieder beklemmend und verstörend. Ebenso beängstigend ist der Handlungsstrang um Klare Grenzen und Curt Wad. Diese beiden beklemmenden Handlungssträngen durchbricht er immer wieder mit Witz und Humor, wenn es um das berufliche Verhältnis zwischen Carl, Assad und Rose geht. In diesen Momenten löst sich die Beklemmung auf und man atmet als Leser wieder durch. Ehe wieder ein Zeitsprung kommt und man in die düstere Vergangenheit der dänischen Geschichte versinkt.


    Wie auch in den drei vorherigen Bänden gibt es auch wieder vielerlei private Momente bei den drei Hauptprotagonisten. So lernt der Leser in diesem Buch Rose etwas besser kennen und auch Assad gibt ein bisschen von sich Preis. Auch wird Carls Privatleben wieder thematisiert und auch hier erfährt man neues.


    Aber nicht nur seinen Hauptcharakteren gibt er Tiefe auch Nebencharaktere wie die Sekretärinnen Lis und Catarina, der zänkische Kollege Borg, die Psychologin Mona, Hardy und auch Morten werden ausgebaut. Gerade diese Nebencharaktere und Nebenschauplätze geben den vierten Teil den besonderen Witz. Auch hier ist viel Situationskomik dabei.


    In seinen Anmerkungen geht Jussi Adler-Olsen auf die Anstalt für Frauen auf der Insel Sprogø ein und zeigt den Hintergrund des Krimis auf.


    Der vierte Teil vermag nicht der spannendste Teil der Sonderdezernat-Q-Reihe sein, aber für mich doch ein sehr gut recherchierter und beklemmender Krimi, der einen nachdenklich zurück lässt.


    Fazit:


    Ein gut recherchierter vierter Teil um das Sonderdezernat-Q mit Carl Mørck, Assad und Rose, der ein ernstes Thema der dänischen Geschichte behandelt und bei dem es mehr um die Auflösung des Falles geht als um die Spannung.

    Buchinfo:


    Hardcover 544 Seiten

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Hallo liebe BuechterTreff-Freunde. Weiss nicht ob ich hier richtig bin, aber möchte nun trotzdem mal eine Frage zu J.A-O. "Verachtung" stellen:


    Es ist ja mittlerweile einige Zeit seit der deutschen Erstveröffentlichung vergangen. Wollte mir damals nicht die HC-Ausgabe kaufen, da ich die vorherigen 3 Bände als TB Ausgabe habe. Weiss einer wann denn auch Verachtung als TB kommt bzw. ob eine solche überhaupt geplant ist????


    Vielen Dank schon mal im Voraus.


    LG


    Lektor

  • Weiss einer wann denn auch Verachtung als TB kommt bzw. ob eine solche überhaupt geplant ist????

    Ich war heute bei uns im Thalia und dort habe ich Mal eine Verkäuferin
    gefragt, wann und ob "Verachtung" als Taschenbuch oder broschierte Ausgabe
    erscheint und da sagte Sie mir, die Ausgabe für 14,90€ (broschierte Ausgabe) wird
    voraussitlich im November 2013 erscheinen :applause:
    Also müssen wir uns nur noch 6 Monate gedulden :-,

    Tränen haben etwas heiliges, sie sind kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke.
    Sie sind Botschafter überwältigender Trauer und unaussprechlicher Liebe.

    :love:
    -Washington Irwing-




  • Insgesamt ein gutes Buch, wobei mir die vorherigen Teile besser gefallen haben. Zwar waren auch hier wieder einige witzige Dialoge mit dabei, aber die Spannung lies zum Teil auf sich warten. Lesenswertes und in Teilen sehr unterhaltsames Buch, aber, wie bereits erwähnt, nicht Adler-Olsens bestes Werk. Ich hätte mehr erwartet.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    El Novelero

  • Ich habe mir die E-Book Ausgabe gekauft und das Buch heute ausgelesen. Ich fand es super. :thumleft: Die vorigen Bände waren einen Tick spannender, doch fand ich auch diesen sehr unterhaltsam.
    Ich mag das Team super gerne und freue mich schon auf den 5. Teil - den ich mir auf jeden Fall kaufen werde! :lechz:

    :study: Verblendung von Stieg Larsson


    Gelesen 2014: Anzahl Bücher: 39 / Seiten gesamt: 14.679

  • Meine Meinung
    Der Band war mal so richtig richtig gut.
    Für mich war es der beste aus allen erschienen Bänden.
    Wie für den Autor typisch zieht er die Geschichte aus zwei Handlungsperspektiven auf:
    Einmal die Gegenwart:
    Carl & Team und dann der/die Täter/in


    Nicht nur, dass mir die drei Hauptprotagonisten um das Dezernat Q inzwischen ans Herz gewachsen sind und alle zum piepen sind und ich dort gerne Mäuschen spielen möchte auch fand in diesem Plot die Ermittlungsarbeit fast schon klassisch und einfach super nachvollziehbar und spannend.
    Da ist nichts mit Agenten aus dem 2. Weltkrieg oder nicht nachvollziehbare Aktionen aus der Vergangenheit. Es ist alles verständlich und spannend geschrieben und nach einem Interview, welches ich letztes Jahr auf der Frankfurter Buchmesse verfolgt habe, gab es diese Einrichtung auf Sprogø wirklich.


    Die einzelnen Morde, die Dahergehensweise und Gefühl- & Gedankenwelt fand ich absolut klasse.
    Sehr spannend, authentisch und nachvollziehbar geschrieben.
    Hier habe ich fast ein bißchen an Ingrid Noll erinnert gefühlt.



    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: