Axel Petermann: Im Angesicht des Bösen

  • Klappentext:


    Profiler kommen ins Spiel, wenn die Aufklärung eines Falles ins Stocken gerät oder ein besonders bizarres Verbrechen vorliegt. Ungeklärte Fälle, sogenannte Cold Cases, sind ihr Metier. Egal, was das Motiv für einen Mord ist, der Profiler entschlüsselt die Handschrift des Täters. Bei jedem Verbrechen sind es die Fragen nach dem "Wie" und dem "Warum", die ihn antreiben, er muss den Mord vertehen, um dann die richtigen Schlüsse zu ziehen.
    Dieses Buch zeigt nicht nur die kriminalistische Arbeit bei Mordfällen, es ist mehr. Der Leser blickt dem Profiler über die Schulter und taucht tief in die Ermittlungsarbeit der Mordkommission und die Entwicklungsarbeit von Fallanalysen ein. Er lernt Untersuchungsmerkmale kennen, erfährt, wie Tatortermittler denken und was Spuren über Psyche und Motive eines Täters verraten. Außerdem begleiten wir den Kommissar bei späteren Gesprächen mit den Tätern. Axel Petermann berichtet auf fesselnde Weise über die oft ebenso schwierige wie verblüffende Aufklärung mancher Taten, wahre Geschichten, die unter die Haut gehen und uns tiefe Einblicke in sonst verschlossene Welten geben.


    Der Autor:


    Axel Petermann, Jahrgang 1952, ist Tatortanalytiker (Profiler) und Kriminalkommissar bei der Bremer Polizei. Er hat in über 1000 Fällen gewaltsamen Todes ermittelt und leitet die Dienststelle Operative Fallanalyse, die er auch begründete. Weiterhin lehrt er als Hochschuldozent Kriminalistik. Er berät die TV-Redaktion "Tatort", mehrere seiner Fälle dienen als Vorlage für Produktionen dieser Sendung. Sein Buch "Auf der Spur des Bösen" war über 20 Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste.


    Seitenzahl: 317


    Meine Meinung:


    Da ich sehr gerne Thriller lese und dort auch oftmals ein Profiler agiert, hat es mich interessiert, wie denn nun in der Realität der Ablauf der Fallanalyse aussieht. Für meine zukünftige Lektür habe mir so Vergleichsmöglichkeiten erhofft. Und ich muss sagen, dem Autor ist es hervorragend gelungen, sein Aufgabengebiet auch dem Laien verständlich zu machen. Er verwendet dabei für seine Berichte das historische Präsens und verfügt über einen sehr angenehm zu lesenden Schreibstil.


    In der Einleitung beschreibt er, wie schwer es ihm zunächst fiel, sich bei seinen Fällen vom Opfer zu distanzieren. Das gelingt nicht immer, ist aber für eine langfristige erfolgreiche Arbeit in seiner Branche unbedingt erforderlich, da sonst dieser Beruf nicht ausgeübt werden kann. Und gerade dieses Abhärten gegenüber dem ganzen Ausmaß einiger sehr abscheulicher Verbrechen, stelle ich mir sehr sehr schwierig vor. Dabei schildert Axel Petermann auch, wie sehr es ihn umtreibt, wenn ein Fall nicht zur vollen Zufriedenheit aufgeklärt werden kann. Dabei genügt es nicht, den Täter zu überführen. Er will verstehen, wie diese Menschen ticken, was den Ausschlag zum Mord gegeben hat. Auch Jahre später nach Beendigung eines Falles hält er in manchen Fällen noch Kontakt zum Täter und versucht in Gesprächen, mehr über dessen Motive und Hintergründe zu erfahren.


    In diesem Buch werden vier Mordfälle vorgestellt, an denen er entscheidend mitgewirkt hat. Akribisch berichtet er über seine Eindrücke am Tatort, beschreibt die Umgebung, die Lage und den Zustand der Leiche. Das ist alles sehr nüchtern und sachlich dargestellt. Er stellt einen Fragenkatalog auf, macht sich Gedanken über das Vorgehen und versucht Informationen über den möglichen Täter zu gewinnen, indem er den Tatort auf sich wirken lässt. In jedem beschriebenen Fall wird so eine ausführliche Zustandsbeschreibung abgegeben. Rechtsmedizinische Erkenntnisse werden ebeneso detailgenau zu Papier gebracht. Das ist manchmal schon ziemlich heftig und das ganz besonders, da es sich hier nicht um Fiktion handelt. Erschreckend, wenn man sich die Psyche eines Menschen vorstellt, der zu so einer Tat fähig ist. Überhaupt kam bei mir oft die Frage auf, was in einem Menschen vorgehen muss, das er einem anderen das Leben nimmt. Eine Antwort kann es logischerweise nicht geben, da jeder ja nur für sich selber sprechen kann, aber dass Menschen, wie Axel Petermann sich tagtäglich mit diesen Problemen befassen und sich in die Köpfe der Täter hineinzuversetzen suchen, ist wichtig und trägt dazu bei, dass dem Opfer Gerechtigkeit widerfahren und der Täter dingfest gemacht werden kann. Natürlich gelingt das nicht immer und auch von Fehschlägen wird berichtet.


    Ein vorgestellter Fall mit der Kapitelüberschrift "Kaltblütig" ist zudem noch eine Geschichte mit so vielen Wendungen und Überraschungen, dass ich mir im Falle einer Fiktion Gedanken darüber gemacht hätte, ob den Autor hier wohl seine Phantasie zu reichlich viel Übertreibungen geführt hat. Aber ansonsten sind die Fälle eher unspektakulär, was die Täterermittlung betrifft. Spannend ist immer die Frage nach dem Motiv und wie der Mordermittler sich anhand der Fakten den Tatvorgang vergegenwärtigt. Dabei kommt es in einer der beschriebenen Situationen auch schon einmal zu einer schaurigen Szene, als Jahre später mit Aufkommen der DNA-Analyse eine Leiche exhumiert werden soll. Auch hier spart der Autor nicht mit Details.


    Mein Fazit: Ein sachlicher, schnörkeloser Bericht über die Vorgehensweise bei einer Mordermittlung. Ausführlich und kenntnisreich werden hier Fakten aufbereitet. Fachbegriffe werden für den Laien gut erklärt. Der Autor bringt immer wieder seine eigenen Gedanken und Gefühle bei seiner oft sehr schwierigen Arbeit ein. Das macht ihn sehr sympathisch. Auch den Schreibstil halte ich für sehr gelungen.
    Meine Bewertung: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    :study: Jeder Tag, an dem ich nicht lesen kann, ist für mich ein verlorener Tag!

  • Danke für die Rezension. Ich fand Im Angesicht des Bösen schon sehr gut von ihm. Jetzt wandert dieses direkt auf meine Wunschliste.

    2017: 49/87; 2016: 43/92; 2015: 33/84; 2014: 36/56; 2013: 52/37; 2012: 52/39

  • Danke für die Rezi,


    auch mich interessiert das Thema sehr, weil ich gerne Thriller lese und mal etwas schnörkelloser erklärt bekommen möchte, wie die Ermittlungen eigentlich funktionieren.

    "Ein Meisterwerk kann man auch schreiben, ohne tausend Seiten zu schwärzen"

  • In seinem zweiten Buch schreibt der Bremer Mordermittler und Profiler Axel Petermann erneut wahre Geschichten über das Böse nieder. Vier Verbrechen und ihre mühseligen Aufklärungen werden in den folgenden Kapiteln detailliert beleuchtet:


    • Ohne Erbarmen - Ein Verbrechen, wie es im Buche steht
    • Das Ohr - Gefangen im Netz der Vergangenheit
    • Kaltblütig - Eine unfassbare Tat
    • Ich bin doch kein Monster - Die lange Suche nach der Wahrheit


    "Auf der Spur des Bösen: Ein Profiler berichtet" ist das erste Buch von Deutschlands bekanntestem Profiler, welches Einblicke in fünf Verbrechen gibt. Nun folgen mit seinem zweiten Buch vier weitere Geschichten. Nach Jahrzehnten im Dienst kann Axel Petermann sicherlich aus einem reichlichen Fundus schöpfen. Die ausgewählten Verbrechen sind somit erneut ungewöhnlich und der Autor schafft es den Leser an sein Werk zu fesseln, obwohl er bewusst auf Effekthascherei oder eine persönliche Wertung verzichtet. Für mich wirkt das Buch sehr authentisch, eben weil Petermann nicht auf künstlich erzeugte Spannungsmomente baut, sondern sachlich, detailliert, aber interessant über wahre Begebenheiten berichtet.


    Er beschreibt, wie er und seine Kollegen an einem Tatort vorgehen, wer welche Aufgaben übernimmt, wie das Zusammenspiel erfolgt, welche Fragen er sich zu welchem Zeitpunkt der Ermittlungen stellt und wie Tatortspuren, ein entworfenes Täterprofil oder Erkenntnisse aus der Forensik bzw. aus dem Labor seine Vermutungen lenken. Auch wenn die Fälle teilweise schon Jahre zurück liegen, fühlt sich der Leser, als wäre er bei den Ermittlungen hautnah dabei, denn Petermann nimmt ihn bei jedem Schritt mit und scheut auch nicht davor oder falsche Fährten zuzugeben.


    Zu den einzelnen Fällen möchte ich gar nicht viel erzählen. Petermann hat interessante Geschichten ausgewählt, die sich im Motiv, in der Tötungsart und im Täterkreis unterscheiden. Oft habe ich mich gefragt, ob so etwas tatsächlich vorkommen kann, denn die Geschichten könnten zum Teil eine ideale Grundlage für einen Krimi oder Thriller darstellen, aber es ist ja nicht Neues, dass die Realität meistens die schlimmsten Geschichten zu erzählen weiß.



    Fazit:
    Erneut konnte Axel Petermann mich begeistern. Mir gefällt der sachliche, aber flüssig geschriebene Einblick in seine Erfahrungen und ich würde mich freuen, wenn er seinen Lesern weitere Geschichten offenbaren würde. 5/5 Sterne.



    • Broschiert: 320 Seiten
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