Der Autor:
Stefan aus dem Siepen wurde 1964 in Essen geboren, studierte Jura in München und trat in den Diplomatischen Dienst ein. Über Stationen in Bonn, Luxemburg, Shanghai und Moskau führte ihn sein Weg nach Berlin, wo er seit 2009 im Planungsstab des Auswärtigen Amtes arbeitet. Nach ›Luftschiff‹ (2006) und ›Die Entzifferung der Schmetterlinge‹ (2008) ist ›Das Seil‹ sein dritter Roman. Stefan aus dem Siepen lebt mit seiner Frau und vier Kindern in Potsdam.
(Quelle: Verlagswebsite)
Klappentext:
Ein abgelegenes, von Wäldern umschlossenes Dorf. Einige Bauern führen hier ein einsames und zufriedenes Dasein, das von Ereignissen kaum berührt wird. Eines Tages geschieht etwas vermeintlich Belangloses: Einer der Bauern findet auf einer Wiese am Dorfrand ein Seil. Er geht ihm nach, ein Stück in den Wald hinein, kann jedoch sein Ende nicht finden. Neugier verbreitet sich im Dorf, ein Dutzend Männer beschließt, in den Wald aufzubrechen, um das Rätsel des Seils zu lösen. Ihre Wanderung verwandelt sich in ein ebenso gefährliches wie bizarres Abenteuer: Das Ende des Seils kommt auch nach Stunden nicht in Sicht – und die Existenz des ganzen Dorfes steht auf dem Spiel.
Inhalt:
Eigentlich ist das Leben im Dorf sehr ruhig und sehr klar geregelt. Nur zweimal im Jahr verlassen die Menschen es überhaupt, um zum nahegelegenen Markt zu reisen, Waren zu verkaufen und sich mit Dingen zu versorgen, die sie selbst nicht herstellen. Die Frauen versorgen den Haushalt und die Kinder, die Männer kümmern sich um die Arbeiten im Wald und auf den Feldern. Der einzige Außenstehende, den sie überhaupt regelmäßig zu Gesicht bekommen, ist der Lehrer Rauk, der den Kindern Lesen und Schreiben beibringt. Und am Abend sitzt man gemeinsam unter der jahrhundertealten Eiche am Waldrand und trinkt selbstgebrautes Bier oder Most.
Keiner im Dorf hätte je gedacht, dass sich daran mal etwas ändern würde. Doch dann ist es eines Tages da – das Seil. So ein gutes Seil hat niemand hier im Dorf, und es führt vom Waldrand in den Wald hinein. Neugierig versuchen die Bauern herauszufinden, was es damit auf sich hat, aber mit einer kurzen Suche ist es nicht getan – das Seil ist unheimlich lang… und es lässt den Dorfbewohnern keine Ruhe. Schließlich ziehen alle Männer bis auf einen, der die Frauen beschützen, und einen, der schwer krank ist, los, um das Rätsel des Seils zu ergründen. Es beginnt eine Reise, die ganz anders ist als erwartet, und auch das Leben im Dorf für immer verändern wird…
Meine Meinung:
“Das Seil” ist ein Roman, der auf seinen 176 Seiten mehr erzählt als andere Bücher auf 400 oder mehr. Es ist ein Roman, der nachklingt, über den man sich Gedanken macht, gerade auch wegen seines Endes, das der Autor einerseits schonungslos offen lässt, das andererseits aber auch der einzig passende Schluss ist, wenn man über die Geschichte nachdenkt.
Vieles erzählt Stefan aus dem Siepen seinen Lesern nicht: wo das Dorf liegt, erfahren wir ebenso wenig wie die Zeit, zu der der Roman spielt. Wir lernen einige Figuren etwas genauer kennen, aber keine wird richtig stark ausgearbeitet, keine dient zur Identifikation. Und so soll es ganz sicher auch sein, denn “Das Seil” erzählt eine Geschichte, die nicht am Einzelnen festzumachen ist, sondern an dem, was mit Menschen passiert, wenn sie in bestimmte Umstände geraten. Wie Menschen sich verändern, wenn ihnen dies und jenes geschieht. Das ist sehr gut gemacht und genau das ist es, was meiner Meinung nach auch nach dem Lesen noch nachwirkt.
“Das Seil” lässt sich aufgrund des Erzählstils des Autors und der wenigen Seiten natürlich recht schnell lesen, doch an manchen Stellen habe ich innehalten müssen, um das Geschehen zusammenzupuzzlen. Der Lehrer als Figur bringt den Leser unweigerlich ins Stocken, und ein verlassenes Dorf bekommt im Verlauf der Geschichte plötzlich eine Erklärung, die man sich zunächst nicht geben kann.
Ich war überrascht, wie gut mir das Buch gefallen hat, da ich ehrlich gesagt eine Geschichte erwartet habe, die sich ähnlich wie im Film “The Village” verhalten würde (der Klappentext gibt diese Fehlinterpretation durchaus her, finde ich), aber Stefan aus dem Siepen hat mit seinem Roman etwas ganz Eigenes geschaffen, ein tolles Buch, das ich wirklich empfehlen kann.