Gioconda Belli, Die Republik der Frauen

  • Org. Titel: El pais de las mujeres


    Inhalt (Klappentext):
    Faguas ist das Land, von dem ganz Lateinamerika spricht, denn hier ist Unerhörtes gelungen: Eine Handvoll entschlossener Frauen, angeführt von der charismatischen Viviana Sansón, hat den rückständigen Machos die Macht entrissen. Mit Hilfe ihrer "Partei der Erotischen Linken", mit Humor, Toleranz und Selbstironie (und mit Hilfe eines Vulkanausbruchs, aber das ist eine andere Geschichte...) haben Frauen jeden Bereich des öffentlichen Lebens übernommen. Das Land blüht auf - so sehr, dass selbst die Männer überzeugt sind.
    Alle Männer? Eines Tages, bei einer flammenden Rede der Präsidentin Viviana, geschieht es: Ein Attentäter schießt die wichtigste Frau des Landes nieder. Viviana aber lässt sich selbst von ihrem eigenen Koma nicht aufhalten...


    Autorin:
    Gioconda Belli, geboren in Managua /Nicaragua, beteiligte sich ab 1970 am Widerstand der Sandinisten gegen die Diktatur in ihrem Land und ging 1975 ins Exil nach Mexiko.
    Seit ihr 1988 mit "Bewohnte Frau" der internationale Durchbruch als Schriftstellerin gelang, hat sie mit zahlreichen Romanen, Gedichtbänden und ihrer Autobiographie ein millionenfach gelesenes Werk geschaffen. Heute lebt sie in Nicaragua und Los Angeles/USA.


    Meine Meinung u. Bewertung:
    Vor vielen Jahren hat mich Gioconda Belli mit ihrem Roman der "bewohnten Frau" stark beeindruckt. Nun wurde es langsam Zeit diese Begeisterung von damals bei mir neu zu entfachen.
    PIE - Partei der erotischen Linken - erotisch für Eros, leben. Die Parteifahne zeigt einen Fuß mit roten Zehnägeln - der Fuß ein Metapher für einen Fuß vor den anderen setzen, vorwärts zu kommen, los zu marschieren. Schon bald wird diese Darstellung überall zu finden sein, auf Windelpackungen, Schwangerschaftstests, Kopfschmerztabletten, Waschmittel etc. und bald schon kennt jedes Kind die neue Frauenpartei.
    Wer nun glaubt dieses schwergewichtige Thema würde mit todernster Miene erzählt, der kennt Gioconda Belli noch nicht. Mit Charme und Humor geht sie die Probleme der Frauen an. Hier zwei Kostproben: bei der Ausarbeitung des Parteiprogramms soll jeder der Gründerinnen sagen was sie als erstes streichen würde. Die Militärparaden wird vorgeschlagen und schmunzelnd kommt der Einwurf einer der Frauen "ich hatte mir stets vorgestellt Panzer, Kanonen, Kriegsgerät hellrosa angestrichen ". :wink: Eine weitere Idee sind T-Shirts mit dem Aufdruck "Ich segne mein Geschlecht". Gott bewahre mit so etwas würde ich nicht auf die Straße gehen. :lol:
    Während Viviana im Koma liegt, sieht sie sich in einem Raum mit vielen Regalen, darin liegt alles was sie einmal verloren oder vergessen hat. Durch diese Gegenstände erfahren wir von der Gründung der Partei, wie dieser Clou gelungen ist, von den wichtigsten Mitgliedern und deren Leben, die gesteckten Ziele und die Erfolge. Manches gefällt mir, anderes halte ich nicht unbedingt als erstrebenswert.
    Gioconda Belli sagt in einem Interview, dass der Feminismus in Lateinamerika ein anderer ist als der in Europa. Das zeigt sich auch im Roman. Die Autorin setzt auf die natürliche Weiblichkeit, möchte dass diese Stärke im positiven Sinne ausgebaut wird. Dadurch , dass die Männer aus dem öffentlichen Leben für 6 Monate verbannt werden, fallen übertriebener Ehrgeiz und Eifersüchteleien weg. Das kenne ich anders, aber das ist eine andere Geschichte wie Gioconda Belli sagen würde.
    Das Buch bietet auf jeden Fall zahlreiche Denkanstöße und ist unterhaltsam zugleich. Spannend im eigentlichen Sinne ist es nicht, aber ironisch und interessant. Einige Male legt sie den Finger auf den wunden Punkt, auch im realen Leben. An einigen wenigen Stellen erscheint es mir aber ein wenig zu rosa und zum Schluß spüre ich fast einen Hauch von Resignation, doch vielleicht sieht das nicht jeder so wie ich.
    Fazit: Ein großartig erzähltes Buch über eine weibliche Vision, das ich gerne weiterempfehle.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::thumleft:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Cormac McCarthy, Die Straße

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    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

    Einmal editiert, zuletzt von Wirbelwind ()

  • Vielen Dank, Wirbelwind, für deine interessante Rezension! :thumleft:


    Ich habe von der Autorin bereits "Unendlichkeit in ihrer Hand" gelesen, das mich sehr begeistert hat. Als ich gehört habe, dass es einen neuen Roman von ihr gibt, war ich hellauf begeistert. Ich muss aber sagen, dass mich der Klappentext nicht sonderlich anspricht. Deine Rezi gleicht das etwas aus, aber ich bin immer noch unentschlossen. Bestimmt macht der Stil der Autorin einiges wett, aber vom Inhalt her interessiert mich das Buch nur sehr wenig...

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Der Klappentext und eine Buchbesprechung (ich weiß gar nicht mehr wo ich sie gelesen hatte :-k ) hatte mich eher abgeschreckt. Wenn ich mir aber deine Rezi durchlese, Wirbelwind, sollte ich mich da wohl nicht so beeinflussen lassen. Danke für deine tolle Rezi, das Buch ist auf meine nähere Wunschliste gelandet. :D


    "Bewohnte Frau" hatte mich damals auch sehr angesprochen. Ich fand das Buch einfach nur toll.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Farast
    Ja das Cover lässt die übliche Frauenlektüre vermuten, aber ich überlege gerade das Logo der Fuß mit den roten Zehnägeln wäre auch nicht besser gewesen. :lol:


    gaensebluemche
    Nun wie schon erwähnt, ich habe die Autorin für viele Jahre aus dem Auge verloren, und erst "Die Republik der Frauen" machte mich wieder auf sie aufmerksam.
    Tierisch ernst kann man das Buch nicht nehmen. Es sorgt für manchen Schmunzler und über die Vorstellung, dass die Frauenpartei nur deshalb eine Chance zur Wahl hatte, weil die Männer vom Gift des Vulkans träge wurden, erzeugte bei mir einen Lachanfall. Wäre doch traurig, wenn nicht die Argumente zum Erfolg führen würden. Doch so kritisch kann man die Story nicht betrachten, sonst....... Ist auf jeden Fall sehr unterhaltsam, und gut zu lesen. :D


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Beverly Jensen, Die Hummerschwestern

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  • @ Wirbelwind:


    Vielleicht bekomme ich das Buch mal aus der Bibliothek, dann wird es auf jeden Fall gelesen. Kaufen würde ich es mir aber nicht unbedingt... Hast du denn schon "Unendlichkeit in ihrer Hand" gelesen?

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  • gaensebluemche


    "Unendlichkeit in ihrer Hand" kenne ich noch nicht, aber ich schau es mir an, versprochen. :D


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


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  • @ Wirbelwind:


    :friends: Das würde dir sicherlich auch gefallen.

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  • Ich habe "Bewohnte Frau" und "Tochter des Vulkans" gelesen, beide gefielen mir sehr gut. Leider besitzt meine Bücherei keine weiteren Bücher von Belli, und "Unendlichkeit in ihrer Hand" habe ich bisher vergeblich gesucht, obwohl es schon lange auf meiner Wunschliste steht.


    Und jetzt beschert Wirbelwind mir noch ein Buch der Autorin auf die Wunschliste.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Marie
    Jaja ich seh schon, noch eine Buchverführung, denn "Tochter des Vulkans" kenne ich auch nicht. Aber auch das werde ich mir ansehen, danke. :D


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


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