Jakob Arjouni - Cherryman jagt Mr. White

  • Jakob Arjounis neuer Roman führt seinen Leser in eine der kleinen Orte im Osten Deutschlands, wo praktisch keiner der dort noch lebenden Jugendlichen einen Job, geschweige denn eine Lehrstelle hat, und wo Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit blüht. Die nationalistische Szene ist dort stark vertreten, der Alkoholismus grassiert, die Hoffnungen und Perspektiven der jungen Menschen sind gleich Null.


    In dem fiktiven Dorf Storlitz lebt der über weite Strecken des Romans ich-erzählende Rick. Ein durchaus sympathischer Junge, der als Kind früh seine Eltern bei einem Autounfall verlor und seitdem bei seiner Tante aufwächst. Diese Tante Bambusch ist nach dem Krieg ihrem Mann, einem Kommunisten aus Österreich in die DDR gefolgt.


    Rick hat noch keine Ausbildungsstelle, gärtnert gern und träumt vom Gärtnerberuf und einer Freundin, vorzugsweise in Berlin. Rick gerät bald in die Fänge von Heiko, Mario, Robert und Vladimir, einer Gang mit sehr rechten und nationalistischen Auffassungen, die meistens morgens schon betrunken sind und Stunk suchen. Diese vier, die Rick lange das Leben schwer machen, haben Kontakt zu einem jungen Mann namens Pascal, der in Berlin lebt und sich als Mitglied des nationalistischen und fremdenfeindlichen Heimatschutzes entpuppt. Er verspricht Rick eine Lehrstelle in einer Berliner Gärtnerei.




    Das ganze Buch ist aufgebaut als langer Brief an einen Dr. Layton, einem Arzt und Gutachter in der Klinik, in die Rick nach den ganzen fruchtbaren Geschehnissen eingeliefert wird. Doch seine Erzählung, sein Bericht, seine Geschichte will hauptsächlich den Leser erreichen, der nachdenken soll über Mitläuferschaft und Zivilcourage, über Fremdenfeindlichkeit und Recht.


    Arjouni ist ein beeindruckendes psychologisches Porträt eines jungen Mannes gelungen, das seinen Leser hin- und herreißt zwischen Sympathie und Abscheu für ein Opfers, das zum Täter wurde.