Wolfgang Schüler - Sherlock Holmes in Berlin

  • Wolfgang Schüler „Sherlock Holmes in Berlin“
    Von seinem Bruder Mycroft erhält Sherlock Holmes eine Einladung zum gemeinsamen Besuch der Uraufführung einer Operette in Berlin. Tatsächlich ist der Bruder des größten Detektivs der Welt jedoch in seiner Funktion als hoher Beamter des britischen Außenministeriums unterwegs. In geheimer Mission soll er versuchen, den Abschluss eines höchst gefährlichen Marinepakts zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Italien zu verhindern. Während Mycroft sich in der deutschen Hauptstadt seiner heiklen Aufgabe widmet, besucht Sherlock Holmes gemeinsam mit seinem Reisebegleiter Dr. Watson, den nur das Versprechen, dass es sich bei dieser Reise ausnahmsweise nicht um die Lösung eines Kriminalfalles handelt, locken konnte, die Aufführung der Operette "Wie einst im Mai". Sie schließen sich einem illustren Kreis um den Komponisten Walter Kollo an, lernen Leo Fall, Jean Gilbert und Paul Lincke, berühmte Schauspieler, bekannte Sänger und einflussreiche Persönlichkeiten kennen. Und auch Dr. Schuchardt, den Direktor der Vorgeschichtlichen Abteilung der Königlichen Museen. Eben jener Dr. Schuchardt sucht den Detektiv am nächsten Tag völlig aufgelöst im Hotel auf. Der größte vorgeschichtliche Goldfund Deutschlands, eine unschätzbar wertvolle Entdeckung aus Ausschachtungsarbeiten auf dem Messingwerk in Eberswalde, ist kurz vor seiner öffentlichen Präsentation gestohlen worden. Unabhängig von dem ungeheuren materiellen Verlust steht nun die berufliche Reputation des Archäologen auf dem Spiel, und so machen sich Holmes und Watson diskret an die Nachforschungen. Sie treffen auf echte und falsche Grafen, auf Zuhälter, Mörder und Totschläger, und es zeigt sich schon bald, dass hinter diesem einfachen Raub ein viel schrecklicheres Geheimnis steckt, als sich dies zunächst vermuten ließ.


    Meine Meinung:
    Bei bekannten und beliebten Serien / Figuren, die eigentlich von einem anderen erfunden und erfolgreich gemacht wurden, bin ich immer sehr skeptisch wenn dann auf einmal Fortsetzungen erscheinen. Auf der Leipziger Buchmesse entdeckt ich an dem Stand eines kleinen und mir bis dato vollkommen unbekannten Verlag ein interessant klingendes Buch mit dem Titel „Sherlock Holmes in Berlin“. Ich liebe die Stadt Berlin, bin gern zu Besuch dort und war auf Anhieb neugierig. Dennoch dauerte es eine Weile bis ich mir das Buch kaufte und dann vergingen noch ein paar Wochen ehe ich es wirklich zur Hand nahm und las. Und dann fragte ich mich, warum ich so lange gezögert hatte. Einmal in die Hand genommen viel es mir immer wieder schwer, es aus der Hand zu legen. Im Stile von Sir Arthur Conan Doyle gelingt es dem Autoren Wolfgang Schüler außerordentlich erfolgreich, die Personen des Buches zu charakterisieren. Das fängt bei dem Genussmenschen Watson an, geht über den erfolgreichen und jetzt im Ruhestand befindlichen Meisterdetektiv Holmes bis hin zu den neuen unbekannten Figuren der Berliner Szene. Aber auch die Umstände, die Gegebenheiten und Gepflogenheiten sind trefflich beschrieben, so dass man immer wieder das Gefühl hat, dabei zu sein. Auf Grund der detaillierten Beschreibungen hatte ich beim Lesen immer das Gefühl, durch das Berlin des Jahres 1913 zu schlendern. Ein paar Gegenden kenne ich vom Namen her, auch wenn sie sich zur jetzigen Zeit doch sehr verändert haben dürften. Sehr witzig beschrieben waren einige Szenen, trefflich charakterisiert, so dass ich mir ein Schmunzeln so manches Mal nicht verkneifen konnte. Ich denke da nur an »Die kindischen Belgier pflegten die Brunnenfigur nämlich ständig so zu verkleiden, als ob das ganze Jahr über Karneval wäre« oder an »… Von seiner Physiognomie her ähnelte er dem Schriftsteller Karl May …« oder »Ich nahm eine bizarre deutsche Spezialität zu mir, die sich Gekochte Eier nannte«. Überhaupt wird hier Watson als ein Genussmensch dargestellt, der sich an der deutschen Küche versucht und dann doch etwas findet, das ihm schmeckt. Jedes Kapitel dieses Buches wird mit einem Zitat von Sir Arthur Conan Doyle aus seinen Sherlock Holmes Werken eingeleitet. Der Schreibstil ist flüssig und ansprechend. Ein klein wenig irritiert haben mich die drei eingelassenen Geschichten die zu einer ganz anderen Zeit spielten. Der Sinn der Geschichten und der Zusammenhang mit dem Kriminalfall erschließt sich erst ganz zum Schluss und so kann ich sagen, es machte die ganze Geschichte „rund“ und passte sehr gut dazu. Der Kriminalfall, in den Holmes und Watson einfach so hineingeraten, war spannend und knifflig. Ich muss sagen ich war bis zum Schluss auf der falschen Fährte und hätte mit dem Schluss auch so nicht gerechnet. Die historischen Fakten und die historischen Berliner Persönlichkeiten Walter Kollo und Heinrich Zille zum Beispiel sind gut in Szene gesetzt, exakt und historisch korrekt.
    Alles in allem ist dieses Buch ein würdiger Nachfolger bzw. eine würdige Ergänzung zu all den Sherlock Holmes Geschichten die es so gibt. Und ich werde mir das zweite Buch von Wolfgang Schüler „Sherlock Holmes in Leipzig“ auf jeden Fall auch noch zulegen.


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