Stendhal - Rot und Schwarz

  • Hallo Evelyne,


    ich mochte das Buch nicht so sehr, obwohl ich Klassiker sonst sehr, sehr gerne lese. Allgemein habe ich mit den französichen Klassikern so meine Probleme, "Nana" von Zola fand ich auch nicht so gut und durch "Gefährliche Liebschaften" mußte ich mich richtig durchquälen.


    Einen richtigen Grund kann ich leider nicht angeben, warum "Rot und Schwarz" mir nicht so gefallen hat :oops:, mir kommt es nur so vor, als würde diese Art Handlung (ein junger Mann vom Lande kommt nach Paris und versucht dort sein Glück zu machen), in den französischen Romanen des 19.Jahrhunderts ein bißchen überstrapaziert wird.


    Irgendwie liegen mir die Russen und Engländerinnen näher...


    Bin gespannt, wie es Dir gefällt!


    Viele Grüße,


    Katia

  • ich habe das buch vor ca. 2 stunden zu ende gelesen und es hat mir sehr gut gefallen. ich mochte auch schon die kartause von parma, wobei ich jetzt nach der kurzen zeit noch nicht sagen kann, welches mir besser gefällt. ich tendiere jedoch zu rot und schwarz


    meine ersten gedanken nach dem lesen waren, dass mir die hauptfigur julien sorel, ich will nicht sagen unsympathisch, aber doch etwas suspekt ist. ich meine, man muss sich die frage stellen, ob er überhaupt in eine der beiden frauen verliebt war. irgendwie war das ja für ihn alles nur ein wettkampf, der darüber hinaus dazu diente, die gesellschaftlichen schranken zu überwinden. der prozess des verliebens lief ja fast parallel mit dem prozess des gewinnens. was sie wirklich für ihn aufs spiel gesetzt haben, hat er ja auch nie richtig wahrgenommen und gewürdigt, jedenfalls nicht vor dem ende. natürlich, eine gewisse leidenschaft kann man dem ganzen nicht absprechen, aber richtig liebe konnte ich nur bei den zwei frauen rauslesen. auch die art, wie er seine letzte entscheidung zwischen ihnen fällt und der grenzenlose hass sich auf einmal wieder in grenzenlose liebe verwandelt konnte mich da nicht so ganz überzeugen. wobei man natürlich dinge wie seine selbstmordabsichten entgegenhalten kann, aber das kann mir den eindruck einer nur eingeredeten liebe zumindest noch nicht nehmen... naja wie gesagt, nur die ersten impressionen ;)

  • Ich kenne "rot und Schwarz" nicht, habe aber von Stendhal während meiner Schulzeit einen mehrbändigen Roman gelesen. Weiß aber leider weder Titel noch könnte ich irgendwas zum Inhalt sagen :oops: . Aber es wird mir wohl gefallen haben, sonst hätte ich nicht mehrere Bände gelesen...


    grüße von der vergesslichen missmarple

  • Inhalt:


    Hauptperson des Romans ist der Zimmermannssohn Julien Sorel, der als 18-Jähriger Hauslehrer im Hause des Bürgermeisters de Renal wird. Beeinflusst von Napoleon und Rousseau strebt es ihn nach gesellschaftlichem Aufstieg.
    Im Haus de Renal verliebt er sich in die Frau des Bürgermeisters, die ihm gegenüber ebenfalls Gefühle hat. Schockiert von ihrer Leidenschaft gibt sie sich ihm doch hin. Als die Affäre bekannt wird, muss er die Stelle aufgeben und wendet sich einem geistlichen Leben zu (obwohl ihm das militärishce Leben mehr zusagt). Ein Umstand, der seinen Aufstieg positiv beeinflusst. Er trifft im Priestersseminar in Besancon auf den Abbé Pirard, der ihm zu einer Sekretärsstelle beim Marquis de la Mole in Paris verhilft. Auch hier kommen ihm seine Liebe und Leidenschaften in die Quere : er verführt die Tochter des Marquis (Mathilde), die schwanger wird. Die Heirat ist geplant, um den Skandal zu vertuschen. Doch im unpassendsten Moment erfährt der zukünftige Schwiegervater vom unrühmlichen Vorleben des jungen Mannes. Madame de Renal hat ihre Sünden gebeichtet. Im Affekt schießt Julien auf Madame de Renal, die dieses Attentat aber überlebt. Im Glauben, diese umgebracht zu haben, wird Julien inhaftiert. Im Gefängnis erschließt sich ihm seine große Liebe zu der Frau.


    Meine Meinung:


    Die Hörbuchfassung ist als Hörspiel konzipiert, das sich sehr gut hören lässt. Die wichtigsten Aspekte des Buches sind eingearbeitet. Neben der Liebesgeschichte kommt der gesellschaftskritische Hintergrund des Werkes nicht zu kurz. Besonders im ersten Teil wird Juliens Zynismus, sein Ehrgeiz und seine widerstreitenden Gefühle thematisiert. Seine Vorliebe für Napoleon gefährdet seine Stellung bei de Renal, lässt ihn aber
    seine Überzeugungen noch stärker spüren. Während der Gerichtsverhandlung zum Schluss bietet sich ihm die Gelegenheit, seine Lebensansichten erneut vorzutragen und so die Kritik an seinen Richtern ein letztes Mal zu äußern.


    Das Hörbuch (3 CDs/ c. 190 Minuten) bietet jedem, der das Buch nicht lesen möchte, eine gute Gelegenheit sich mit dem Inhalt vertraut zu machen. Die Umsetzung hat mich sehr angesprochen!

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Ich begann meine Lektüre mit der Albatros Ausgabe, die von Walter Widmer übersetzt ist, und kam gar nicht in das Buch hinein. Die Sprache war kompliziert gesetzt und sehr umständlich zu lesen.


    >>Will ich von ihnen und auch vor mir geachtet sein, so muß ich ihnen zeigen, daß meine Armut mit ihren Reichtum einen Handel eingegangen ist, daß aber mein Herz himmelhoch über ihrer frechen Anmaßung erhaben ist und ihre kleinlichen Bezeugungen von Gunst oder Verachtung es nicht erreichen können.<<


    Zudem hatte ich von Anfang an Schwierigkeiten mit dem Protagonisten, denn ich konnte seinen Charakter nicht nachvollziehen. Alleine auf Juliens Erziehung und Kindheit, was evtl. das Zornige und Aufbrausende erklärte, auch die Gier nach Anerkennung war verständlich, aber all diese Hinterlist, das Berechenbare, erklärte dann das Jämmerliche und Weinende nicht. Woher stammt der ganze Hass? Auch sein ganzes Äußere, zierlich, weiches Gesicht, sinnlich und schüchtern, passte nicht zur Gestalt, die da im Buch vorgestellt wurde.


    Nach dem ersten Viertel las ich dann in der dtv Ausgabe, übersetzt von Elisabeth Edl, weiter. Sprachlich scheint diese Übersetzung näher am Werk zu sein, und sie liest sich auch wesentlich flüssiger. In dieser Ausgabe ist ein ausführliches Nachwort zu finden, was so einiges Unklare im Werk aufschlüsselt und versucht ins helle Licht zu rücken. Dennoch war ich nie irgendwie begeistert vom Werk als es mir dort nahegelegt wurde.


    >>Nicht nur Beyles (Stendhal) Freunde, auch die meisten Zeitungskritiker nahmen vor allem Anstoß an der, ihrer Meinung nach, übertriebenen, unwahrscheinlichen Figur der Mathilde, an dem widerwärtigen Arrivisten Julien, der verzerrten, outrierten Darstellung der Pariser Gesellschaft. … Nur wenige Zeitgenossen konnten Stendhals Roman positive Seiten abgewinnen, zu ihnen gehörte Balzac.<<

    Die einzige Erklärung für die Missgestaltung der Figuren im Buch scheint mir, dass Stendhal hier eher Übertragungen entwirft um seine Gesellschaftskritik anzubringen als wirkliche Charakteren zu entwickeln.
    Nur mit Mühe und Ausdauer habe ich dieses Werk beendet und schon jetzt ist es mir vom Inhalt her nur vage im Gedächtnis. Es hat also keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.