Jennifer E. Smith - Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick / Punktlandung in Sachen Liebe / The Statistical Probability of Love at First Sight

  • Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick von Jennifer E. Smith



    Kurzbeschreibung von amazon.de

    Hadley könnte sich wirklich etwas Schöneres vorstellen, als auf der Hochzeit ihres Vaters Brautjungfer zu spielen. Dass sie dann allerdings ihr Flugzeug verpasst und erst einmal auf dem überfüllten New Yorker Flughafen festsitzt, hat sie dann doch nicht gewollt. Und genauso wenig hatte sie vor, sich ausgerechnet hier unsterblich zu verlieben: in den Jungen mit den verwuschelten Haaren und dem Puderzucker auf dem Hemd, der wie sie nach London muss. Hadley bleibt genau eine Fluglänge Zeit, um sein Herz zu gewinnen ...


    Anmerkung zum Buch

    Wenn das Wörtchen Wenn nicht wär', dann … Ja, was dann?
    Wie oft stellen wir uns die Frage, wie unser Leben verlaufen wäre, wenn.. ja, wenn eben alles ganz anders gekommen wäre. Man stellt sich diese Fragen ganz automatisch, ganz gleich, ob man weiß, dass sie nichts ändern werden und dass die Dinge nun einmal so sind, wie sie sind. Wenn es sich dabei um besonders schöne oder auch unschöne Dinge handelt, für die uns eine Erklärung fehlt, reden wir oft von Schicksal und beruhigen damit unseren Drang danach, alles zu ergründen und zu hinterfragen. Ich selbst bin kein großer Freund vom Schicksal, ja, allein die Vorstellung, dass Dinge vorherbestimmt sein könnten und du selbst nichts daran ändern kannst, liegt mir schwer im Magen. Viel eher bin ich für den Zufall, für Dinge, die aus einer Aneinanderreihung von Wenns geschehen, uns überraschen und vielleicht sogar unser Leben verändern.


    Hauptprotagonistin und Ich-Erzählerin dieser Geschichte ist Hadley und auch sie musste erfahren was es heißt, den übereifrigen Wenns zum Opfer zu fallen. Hier muss noch schnell was geändert werden, dort hat man was vergessen oder muss ganz dringend noch etwas los werden und schon ist es passiert. Doch was im ersten Moment nach dem Desaster des Jahrhunderts aussieht und die schlechte Laune, deren Gefangener man eh schon ist, nur noch verschlimmert, kann sich als das Beste entpuppen, was einem überhaupt passieren konnte.


    Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick ist weit weniger romantische Liebesgeschichte, als ich anfangs geglaubt habe. Keine Liebe auf den ersten Blick, die die Charaktere aneinander schweißt wie Siamesische Zwillinge die sich nicht oft genug irgendwelche Gefühlsduseleien ins Ohr flüstern können. Kein Kitsch und Schnulz, der seinen Faden von der ersten bis zur letzten Seite zieht und das Geflecht um ihn herum zu etwas Nebensächlichen macht. Viel mehr geht es hier hauptsächlich um Verlust und Schmerz, um Wut und Angst, darum, wie sehr das Herz eines Kindes blutet, wenn die Familie zerbricht, darum, mit welch tiefen Narben es für das Glück der Eltern bezahlen muss. Es geht um Mut, Verzeihen, um Liebe und darum, etwas Neues zu gewinnen, anstatt alles zu verlieren.
    Dass zwischenmenschliche Entscheidungen der Eltern oft auch ihre Kinder betreffen, ist kein Geheimnis, auch nicht, dass viele Eltern eben dies gar nicht bedenken oder sich noch nicht einmal dafür interessieren. Doch das Problem ist da, kriecht still und langsam vorwärts, frisst sich irgendwann tief in das Herz des Kindes und hinterlässt Wunden, die nur noch schwer zu kitten sind. Jennifer Smith hat genau dieses Thema in ihrem Buch aufgegriffen, es ins Zentrum der Handlung gerückt und dabei den Leser auf einfühlsame Art und Weise an Hadleys Geschichte teilhaben lassen. Dabei sind es Erinnerungen des jungen Mädchens, die uns die tiefe ihrer Liebe und ihres Schmerzes vor Augen führen, Erinnerungen, die hier einen süßen und dort einen bitteren Beigeschmack haben.


    Hadley selbst ist ein ganz normaler Teenager, trotzig und stur, klug und kess, manchmal vielleicht auch ein bisschen vorlaut und genau diese Mischung macht das Mädchen nicht nur lebendig, sondern bringt dem Leser sowohl ihre Situation als auch ihre Gefühle nahe. Oliver übernimmt den Gegenpart in der leisen Liebesgeschichte, fängt Hadley auf, als sie es am meisten braucht und gibt ihr Halt. Dabei galoppiert er jedoch nicht wie ein Ritter in glänzender Rüstung in die Handlung der Geschichte, sondern nutzt den Trumpf des Zufalls für sich und unterhält den Leser sowohl mit Witz als auch mit Einfühlungsvermögen und einer leichten Prise Schmerz. Ja, denn auch er hat sein Päckchen zu tragen und ist darauf angewiesen, aufgefangen zu werden, doch anders als bei Hadley zeigt sich der Grund dafür bei ihm erst nach und nach, was dem Leser die Möglichkeit bietet, die unterschiedlichen Andeutungen zu verfolgen und zu rätseln.
    In einer Geschichte wie dieser dürfen natürlich auch die Eltern nicht fehlen, die sich hier mit Sprüchen beteiligen, die wir alle selbst schon mal zuhören bekommen und über die wir nicht minder oft genervt die Augen verdreht haben, Sprüche wie Wenn du das nicht tust, wirst du es in einigen Jahren bereuen. Glaub mir, ich bin deine Mutter, ich weiß das. Dabei sind es genau diese mir durchaus bekannten Sprüche und Weisheiten, die Hadleys Eltern für mich greifbar und authentisch gemacht haben, konnte ich mir doch nur zu gut bildlich vorstellen, wie das Mädchen von den uralten Schallplatten zu etwas gedrängt wird, was sie gar nicht will, die Wahrheit der Worte anzweifelt und am Ende erkennt, dass Mama ja doch gar nicht so falsch lag!


    Fazit

    Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick ist eine schöne Geschichte, die mit leisen Tönen, verletzten Herzen und einer süßen Liebesgeschichte, die einzig dem Zufall zu verdanken ist, den Leser unterhält. Wermutstropfen war für mich, dass das Buch mit seinen gerade einmal 224 Seiten recht kurzweilig und viel zu schnell ausgelesen war.



    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; arm ist nur, wer nie geträumt hat
    (Marie v. Ebner-Eschenbach)


    :flower:

  • Auf Grund der Kurzbeschreibung von Amazon, hätte ich das Buch sofort weitergeklickt. Sie lässt einen Inhalt wie du ihn in deiner Rezension beschreibst nicht mal erahnen. Ich finde deine Rezension ziemlich gut, daher wandert es auf meine WL. Danke!


    "Jetzt galt es nur noch, die Furcht zu überwinden und ein Buch aufzuschlagen" Walter Moers



  • Auf Grund der Kurzbeschreibung von Amazon, hätte ich das Buch sofort weitergeklickt. Sie lässt einen Inhalt wie du ihn in deiner Rezension beschreibst nicht mal erahnen. Ich finde deine Rezension ziemlich gut, daher wandert es auf meine WL. Danke!


    Dankeschön! :wink:
    Dass es nur zweitranging um eine romantische Liebesgeschichte geht, habe ich bei dem Klappentext zum Buch auch nicht erwartet. Im Gegenteil, ich dachte eigentlich, ich hätte um die 220 Seiten süße und unschuldige Schmachtereien vor mir, aber schnell wurde klar, dass genau das gar nicht der Hauptfaden der Handlung ist, sondern sich alles viel mehr um die Probleme zwischen Vater und Tochter strickt.

    Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; arm ist nur, wer nie geträumt hat
    (Marie v. Ebner-Eschenbach)


    :flower:

  • Ich habe dieses Buch an 2 Tagen einfach nur verschlungen. Insgesamt vergehen in diesem Buch jedoch nur 24 Stunden. Es beschäftigt sich mit der Frage der Liebe. Warum oder ob sie schnell brechen kann, oder was für Gründe zu Entscheidungen (wie einer Scheidung) führen können. Mich hat dieses Buch an manchen Stellen ein wenig an „Ich habe sie geliebt“ erinnert, nur dass es an Jugendliche adressiert ist. Von der Grundaussage her, sind diese Bücher jedoch meiner Meinung nach identisch. Hadley soll als Brautjungfer zu der Hochzeit ihres Vaters fliegen, hat jedoch für diese kein Verständnis. Der Vater hat sie vor wenigen Jahren aufgrund seiner neuen Liebe verlassen. Dazu verpasst sie auch noch ihren Flug. Am Flughafen lernt sie dann einen Jungen kennen, der ihr beweist wie schnell „Liebe auf den Ersten Blick“ funktioniert. Das Buch hat mich oft zum Nachdenken, Lachen und Weinen gebracht. Ich habe schon lange nicht mehr so ein Buch, das so viele Gefühle bei mir an zwickt gelesen! Von mir erhält dieses Buch volle :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: Sterne!

    „Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist.“
    Elias Canetti



    mein Profil auf LOVELYBOOKS.de

  • Ich habe dieses Buch innerhalb eines Tages gelesen und finde es wirklich toll. Ich bin absolut kein Fan von Liebesgeschichten und daher war es eher Zufall, dass mir dieses Buch trotzdem in die Hände gefallen ist, denn wie die Anderen schon geschrieben haben, kann man durch den Klappentext keines Wegs die wirkliche Geschichte erkennen. Ich bin dennoch sehr froh darüber, denn dieses Buch zeigt so wunderbar, dass im Leben oft alles ganz anders kommt, als man es erwartet. Die Liebesgeschichte hat sich nicht in den Vordergrund gedrängt und doch hat sie einen über das gesamte Buch begleitet, was meiner Meinung nach sehr passend war. Das Buch hat keine Seite zu viel oder zu wenig und trotz des rasanten Tempos, in welchem die Geschichte voran geht, hatte ich nicht das Gefühl mit Ereignissen zugehäuft zu werden. Es lässt sich wunderbar leicht lesen, regt aber trotzdem zum Nachdenken an. Vor allem die Zitate aus Charles Dickens "Unser gemeinsamer Freund" haben mir sehr gefallen.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Klappentext
    Hadley könnte sich wirklich etwas Schöneres vorstellen, als auf der Hochzeit ihres Vaters als Brautjungfer anzutreten. Dass sie allerdings ihren Flug verpasst und erst einmal auf dem überfüllten New Yorker Flughafen festsitzt, hat sie dann doch nicht gewollt. Und genauso wenig hatte sie vor, sich ausgerechnet hier unsterblich zu verlieben: in den Jungen mit den verwuschelten Haaren und dem Puderzucker auf dem Hemd, der wie sie nach London muss. Hadley bleibt genau eine Fluglänge Zeit, um sein Herz zu gewinnen ...


    Rezension
    Eigentlich sprechen Titel des Buches und Klappentext für sich: eine typische Liebesgeschichte zweier Jugendlicher, kitschig und getränkt von Klischees und unrealistischen Zufällen. Der zweite Titel, unter dem dieses Buch bekannt geworden ist, Punktlandung in Sachen Liebe, macht diesen ersten Eindruck sicherlich nicht besser. Das Cover ist in Pastellfarben gehalten, im Hintergrund erkennt man schemenhaft die Umrisse einer Person, die sich offensichtlich in einem Flugzeug befindet. Alles in Allem lädt der Buchumschlag zum Träumen ein und spiegelt wieder, was sich hinter der Geschichte verbirgt: eine Handlung, die sich über den Wolken abspielt.


    Dieses Buch besitzt weitaus mehr Tiefgang, als man ihm im ersten Moment ansehen würde - Don't judge a book by it's cover: ein gutes, altes Sprichwort, das in diesem Fall sehr gut zutrifft. Ja, es geht um Liebe - aber in vielen Formen. In erster Linie ist die große Frage: was bedeutet Liebe? Was gehört zu ihr dazu? Eine wichtige Lektion, die dieses Buch lehrt: sie ist unlogisch. Und absolut verrückt. In diesem Buch geht es nicht nur um zwei Jugendliche, die sich augenscheinlich unsterblich ineinander verlieben, nein, es geht auch um eine Vater-Tochter-Geschichte, um Ängste und so viele weitere, kleinere Faktoren, die in dem Leben Jugendlicher heute eine Rolle spielen - genau auf diese Altersklasse ist dieses Buch immerhin ausgerichtet.


    Auf knapp über 200 Seiten lässt sich eine erfrischende, offene und weise Geschichte lesen - abwechslungsreich, romantisch, berührend. Für die Beschreibung dieses Jugendromans lassen sich viele verschiedene Worte finden, doch keines könnte diese etwas "andere" Handlung ausreichend beschreiben. Mit Oliver und Hadley hat Smith zwei intelligente jugendliche Charaktere geschaffen, die mit allen Wassern gewaschen wurden. Die Narben ihrer Vergangenheit zeichnen sich auf ihrer Seele ab - die Situation der beiden wirkt wie aus dem Leben gegriffen. Absolut authentisch. Die Situation, dass sich beide erst im Flieger wirklich kennenlernen, verleiht dem Roman einen ganz besonderen Charme.


    Im Großen und Ganzen ist der Schreibstil nichts besonderes - er ist fließend, locker und federleicht. Wenn man sich erst einmal in Hadleys Charakter eingefunden hat (aus ihrer Perspektive heraus werden die Geschehnisse erzählt), fällt einem diese Geschichte sehr leicht. An vielen Stellen werden Referenzen zu anderer Literatur gemacht - besonders Charles Dickens' Werke erhalten zitatweise Einzug in dieses Buch, was der Geschichte rund um Hadley und Oliver noch einmal das gewisse Etwas verleiht. Wie ein roter Faden ziehen sich Zeilen dieses Autors durch die Handlung dieses Buchs.


    Fazit
    Ein bisschen Klischee darf sein! Besonders, wenn es so wunderbar verpackt ist, wie in diesem Werk. Dieser Jugendroman hat mich besonders begeistert. Auf 200 Seiten brachte die Autorin mich zum Lachen, zum Kopfschütteln und ja, auch ein wenig zum Weinen. Dieses Buch besitzt so viel mehr Tiefgang als anfänglich erwartet. Wieder einmal ein typischer Fall von "Nicht vom Klappentext abschrecken lassen!". Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick / Punktlandung in Sachen Liebe ist das beste Beispiel dafür, dass es auch heute noch Jugendromane gibt, in denen es um mehr als nur die große Liebe geht.