Gegen die Welt ist ein Außenseiterroman unserer Zeit.
Er spiegelt im Protagonisten die große Welt und die Welt der Provinz gleichermaßen.
Daniel wächst als Sohn eines Drogeriebesitzers in dem fiktiven Ort Jericho in Ostfriesland auf, in einem familiären Umfeld, in dem neu Hinzugezogene eingeladen werden, weil sie potentielle Kunden sind, wo der Vater jeden Tag all seine Räder vor der Drogerie abstellt, um den Eindruck zu erwecken, sein Geschäft sei gut besucht und wo ein Kaltlufteinbruch und ominöse Kornkreise zu einem Medienereignis ersten Ranges werden. Ist es hier ein Wunder, dass ein von seinen Mitschülern ausgegrenzter Junge, der sich in die Allmachtsvorstellungen einer Fantasy-Welt flüchtet, von einer Clique gewalttätiger Schüler zusammengeschlagen und anschließend dargestellt wird als jemand, der sich von Außerirdischen verfolgt fühlt?
Mit diesem Ruf lebt Daniel weiter, und es kommt, wie es kommen muss: Aus dem Opfer wird ein Täter. Zusammen mit seinen "Freunden" demütigt er einen Mitschüler, der sich einige Zeit später vor den Zug wirft.
Daniel wächst weiter heran und führt ein Leben zwischen Anpassung und Widerstand.
Als er Hakenkreuz-Schmierereien im Ort auf den Grund gehen möchte, stößt er nicht nur bei seine Eltern auf Ablehnung, sondern wird von den Dorfbewohnern auch noch selbst dafür verantwortlich gemacht. In seinem Kampf gegen die Welt hat er keine Chance.
Sprachlich-stilistisch geht Jan Brandt in seinem Debütroman ganz neue Wege.
Da finden sich gleich am Anfang schon einmal sechs leere Seiten, bevor die Hauptfigur mit den Worten ins Geschehen eingeführt wird: "An einem Mittwoch im Juni bekam Daniel sein erstes Zeugnis". Soll damit ausgedrückt werden, dass Daniel bis dahin (sechs Jahre) ein unbeschriebenes Blatt war?
An späteren Stellen verblasst die Druckschrift in dem Roman fast bis zur Unleserlichkeit. Auch hier kann ein Bezug zum Inhalt hergestellt werden, denn beispielsweise heißt es zuvor: Daniel hockte stumm zwischen den anderen, ab und zu nahm er einen Zug [und nun verblassend] , dann starrte er wieder in die Glut ...." Er versinkt sozusagen in sich selbst.
Mir hat der Roman insgesamt gut gefallen, wenn ich auch teilweise Schwierigkeiten mit der Detailversessenheit und der allzu ausgeprägten epischen Breite hatte.
rainy