Yu Hua - China in zehn Wörtern / China in Ten Words

  • Klappentext:


    From one of China’s most acclaimed writers, his first work of nonfiction
    to appear in English: a unique, intimate look at the Chinese experience
    over the last several decades, told through personal stories and astute
    analysis that sharply illuminate the country’s meteoric economic and
    social transformation.


    Framed by ten phrases common in the
    Chinese vernacular—“people,” “leader,” “reading,” “writing,” Lu Xun
    (one of the most influential Chinese writers of the twentieth century),
    “disparity,” “revolution,” “grassroots,” “copycat,” and “bamboozle”—China in Ten Words
    reveals as never before the world’s most populous yet oft-misunderstood
    nation. In “Disparity,” for example, Yu Hua illustrates the
    mind-boggling economic gaps that separate citizens of the country. In
    “Copycat,” he depicts the escalating trend of piracy and imitation as a
    creative new form of revolutionary action. And in “Bamboozle,” he
    describes the increasingly brazen practices of trickery, fraud, and
    chicanery that are, he suggests, becoming a way of life at every level
    of society.


    Characterized by Yu Hua’s trademark wit, insight, and courage, China in Ten Words
    is a refreshingly candid vision of the “Chinese miracle” and all its
    consequences, from the singularly invaluable perspective of a writer
    living in China today.

    Eigene Beurteilung:


    Seltsamerweise sind gerade die drei letzten Begriffe, die im Klappentext hervorgehoben wurden in meinen Augen eher schwach aufgestellt. Nachdem die ersten sieben Abschnitte viel autobiographisches über den Autoren unterhalten, findet sich gegen Ende immer mehr Hörensagen und da verlieren die Darstellungen teilweise deutlich an emotionaler Tiefe. Das ist schade, denn der Rest ist gut und zeigt Altfans des Autoren, wo einige seiner Romanideen etwa aus Brothers/Brüder, Leben und Der Mann, der sein Blut verkaufte herkommen. Eingeschränkt zu empfehlen.

  • Yu Huas Konzentration auf zehn chinesische Begriffe ist ein Hingucker - und sie irritiert auf den ersten Blick durch die ungewöhnlich Auswahl der Wörter. Nicht "Liebe", "Drache" oder "Reich der Mitte", Yu Hua betitelt seine biografischen Notizen u. a. mit "Unterschied", "Graswurzeln" und "Gebirgsdorf". Der chinesische Autor sieht seine 2009 entstandenen Texte als Ergänzung zu seinem Roman Brüder (2009). Dieser Roman sei aus dem Zusammenprall zweier Epochen entstanden, die sich in Europa über 400 Jahre erstreckten und in China auf 40 Jahre komprimiert waren. Aktuelle Probleme Chinas gleich zu Beginn mit der Figur Maos und den Ereignissen auf dem Platz des Himmlischen Friedens (1989) erklären zu wollen, mag zunächst rückwärtsgewandt wirken. Um zu verstehen, aus welchem kleinen Jungen später der Mann werden sollte, der u. a. Der Mann, der sein Blut verkaufte (2000) schrieb, ist der Blick zurück in die Mao-Zeit unerlässlich. Yu Huas Generation lernte in der Schule "Mao" und "Volk" pinseln, noch ehe sie ihren eigenen Namen schreiben konnten und damit zuerst die Stereotypen ihrer Zeit. Das sehr persönliche Kapitel "Lesen" hat mich neben Yu Huas hochironischer Beschreibung des Raubtierkapitalismus chinesischer Prägung am stärksten beeindruckt. Die Szene, in der nach Jahren der Bücherzerstörung während der Kulturrevolution endlich wieder Klassiker zu kaufen waren und die Menschen schon nachts anstanden, um einen der nur 50 Bezugsscheine (für die ganze Stadt) zu ergattern, waren für mich Grundlage zum Verständnis der Romane Yu Huas. Im Kapitel "Schreiben" erläutert Yu Hua, warum blutige und gewalttätige Szenen in seinem Werk so breiten Raum einnehmen. Die Entwicklung vom Barfuß-Zahnarzt, dem von einem älteren Kollegen innerhalb von drei Tagen das Zähneziehen beigebracht wurde, erleichtert das Verständnis einiger Romanszenen, die manchem grotesk überzeichnet vorkommen werden. Mit "Unterschied", Yu Huas Beschreibung des tiefen Grabens in der chinesischen Gesellschaft zwischen Arm und Reich und "Gebirgsdorf", der Beschönigung krimineller Taten aller Art, nimmt Yu Huas ironische Darstellung des modernen China einen deutlich kritischen Ton an. Eng verknüpft ist seine Ironie mit der Uneindeutigkeit der chinesischen Sprache, mit der man verschlüssselt etwas ausdrücken und zugleich darauf vertrauen kann, dass das Gegenüber ahnt, was man in Wirklichkeit sagen will.


    Wenn Sie sich bisher wegen grausamer Szenen aus der jüngsten chinesischen Geschichte noch nicht an Yu Huas Romane herangetraut haben, könnte diese biografische Ergänzung Sie ermutigen, den Versuch zu wagen. Überraschend, wie der Klappentext verspricht, sind Yu Huas Einblicke nicht; sie beeindrucken jedoch hinter ihrer Schutzhülle aus Ironie durch ihre Direktheit.

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Yu Hua - China in Ten Words“ zu „Yu Hua - China in zehn Wörtern / China in Ten Words“ geändert.