Originaltitel: Чемодан (Russisch, 1986)
Übersetzung : Dorothea Trottenberg
ZUM INHALT :
Sergej taugt nicht zum ordentlichen Kommunisten. Als er endlich die Ausreisegenehmigung bekommt, darf er nur einen Koffer mitnehmen. Einen Koffer für ein ganzes Leben. In New York angekommen, schiebt er ihn schnell unter sein Bett. Dort entdeckt er ihn Jahre später wieder. Er öffnet den Koffer – und die Vergangenheit springt ihn an. Da sind zum Beispiel die hellgrünen finnischen Acrylsocken, mit denen er auf dem Schwarzmarkt nicht reich wurde. Oder die Schuhe, die er dem Parteisekretär geklaut hat …
Die Geschichten um die schäbigen Habseligkeiten im Koffer umreißen Sergejs erstes Leben und lassen die sowjetrussischen Siebziger in ihren allerschönsten Graubrauntönen aufblitzen. Dowlatows „autobiografische Komödie" ist ein einzigartiges, präzise formuliertes Meisterwerk voll hintergründigem Witz und unstillbarer Sehnsucht. (Quelle : Dumont)
BEMERKUNGEN :
Wenn der von mir überaus geschätzte Andreï Makine in einem Interview ( http://www.lefigaro.fr/publire…-cree-dimage-positive.php ) aussagt, dass er einen gewissen Sergej Dowlatow höher als Tschechow einschätze und ihm ein Nobelpreis hätte verliehen werden müssen, dann kann ich solch einen Namen nur notieren und mich auf Büchersuche begeben. Und so landete ich bei dieser Perle! Die dann hier übrigens auch von Kaminer eingeleitet und hochgelobt wird!
In der Einführung erzählt Dowlatow, wie er dazu kam, die Sowjetunion in den 70iger Jahren mit nur einem Koffer zu verlassen und diesen dann ungeöffnet im Westen zu verstauen. Erst Jahre später wird er ihn wiederentdecken, öffnen, einzelne Gegenstände in die Hand nehmen und uns nun die Geschichte von acht dieser Objekte erzählen. Wie er zu diesen sehr heterokliten Dingen kam beschert uns oft ein freies, lautes Lachen, das man SO kaum von den klassischen Russen gewohnt ist. Verbunden mit den lustigen Schelmengeschichten, die so fast nur im Rahmen Russlands, bzw sogar der Sowjetunion denkbar sind, erfahren wir so ganz nebenbei eine Menge über die Lebensumstände und -kunst, die mit einer so langen Epoche des XX. Jahrhunderts verbunden sind. Einiges aber stimmt natürlich auch trotz allen Humors und der Situationskomik wehmütig...
Für mich eine echte Entdeckung ! Hier dürfte keiner die vielleicht typischen Schwierigkeiten mit mancherlei russischer Literatur haben, und dennoch gleichzeitig etwas Urrussisches lesen. Ein echter Geheimtipp, und in Russland - und darüber hinaus - ein solch anerkannter Autor!
ZUM AUTOR :
Sergej Donatowitsch Dowlatow, geboren 1941 in Ufa, wohin seine Familie während des 2. Weltkrieges evakuiert worden war. Sein Vater war Jude, seine Mutter Armenierin. Nach 1945 lebte er mit seiner Familie in Leningrad. Dowlatow studierte Philologie an der Leningrader Universität, wurde aber nach zweieinhalb Jahren exmatrikuliert. Er diente in der Roten Armee in der Wache der strengen Gefängnislager in der Republik Komi.
Er arbeitete nach einer anarchisch-wilden Jugend lange glücklos als Journalist. Zahlreiche Versuche, seine Prosa zu publizieren, blieben vergebens. So wurden die Druckstöcke seines ersten Buches auf Befehl des KGB vernichtet. Nach Veröffentlichungen in westlichen Zeitschriften wurde er aus dem Journalistenverband der UdSSR ausgeschlossen. 1978 emigrierte Dowlatow in die USA, wo er endlich Anerkennung als Autor fand und sein Werk in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. Dowlatow starb am 24. August 1990 in New York City und wurde am Friedhof Mount Hebron beigesetzt.
In seiner zwölfjährigen Zeit als Emigrant gab Sergei Dowlatow zwölf Bücher in den USA und in Europa heraus. In der Sowjetunion war er durch den Samizdat und Radio Swoboda bekannt. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden zahlreiche Sammlungen seiner Kurzgeschichten auch in Russland veröffentlicht. (Quelle : wikipedia und Dumont)
Produktinformation
Taschenbuch: 160 Seiten