Viktor E.Frankl - ...trotzdem Ja zum Leben sagen

  • Kurzmeinung

    PotatoPeelPie
    Sprachlich nicht mein Fall, inhaltlich hochspannend.
  • Kurzmeinung

    Enigmae
    eine tiefgründige und philosophische Lektüre
  • Original : Deutsch 1.Teil : Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager, 1945
    2.Teil : Theaterstück : Synchronisation in Buchenwald, 1946



    KURZBESCHREIBUNG :
    »Dieses meisterhafte Werk gehört zum kostbaren Bestand jener säkularen Literatur, in der die Grundwahrheiten unseres Jahrhunderts manifest werden.« deutschland-berichte


    Der 1945 niedergelegte Bericht »Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager« und die 1946 geschriebene dramatische Skizze »Synchronisation in Birkenwald«, die in diesem Band zusammengefaßt sind, wollen nicht Mitleid erregen oder Anklage erheben. Noch weniger geht es um die Situation des Grauens. Worauf es dem Neurologen Frankl vor allem ankommt, ist, zu beschreiben, durch welche Phasen der Entmenschlichung die KZ-Häftlinge gehen mußten und wie es doch einigen von ihnen möglich war, innerlich zu vollbringen, was das »Buchenwald-Lied« forderte: »... trotzdem Ja zum Leben sagen.«


    Das Buch wurde in 26 Sprachen übersetzt, allein von der amerikanischen Ausgabe wurden an die neun Millionen Exemplare verkauft. (Quelle: DTV)


    BEMERKUNGEN :
    Die Grundaussagen der beiden verschiedenen Texte gehen in dieselbe Richtung. Sie gewinnen an Authentizität durch das eigene Erleben Frankls : sowohl sein eigener Aufenthalt im KZ als auch der Tod seiner Lieben (seine Eltern, seine Frau...) und die so zügige Abfassung der Gedanken unmittelbar nach dem II.Weltkrieg und der Befreiung aus den Lagern. Keine Zeit, um in irgendwelchem großen Abstand in irgendeiner Weise etwas zu beschönigen.


    Im ersten längeren Text (circa 160 Seiten) gibt Frankl eine « Erlebnisschilderung » aus dem Alltag der Lagerhäftlinge aus seiner Sicht als Psychologe. Dabei unterscheidet er drei Phasen einer « Psychopathologie der Haft » :
    die Aufnahme ins Lager (Schockzustand, Selektion...)
    das eigentliche Lagerleben in seinen verschiedenen Aspekten (Apathie, Abstumpfung, Unterernährung, Erfahrung von Gewalt und dauerndem Druck etc...)
    Entlassung aus dem Lager (die Wunden bleiben und man muss die Freude neu erlernen...)


    Nach teils fast nüchternen Beschreibungen der Menschen im KZ mit seinen menschenverachtenden Einschränkungen stellt Frankl die uns unglaublich erscheinende Aussage in den Raum, dass der Mensch innerlich stärker als sein Schicksal sein kann. Es bliebe ein Handlungs- und Entscheidungsfreiraum. Auch dort stellte sich die Frage, wie wir das Leben als Einheit, als Zusammenhängendes betrachten könnten : mit seinen Freuden, seinem Leiden. Die Sinnstiftung bestände wohl nicht darin, Leiden und Tod zu beschönigen, ist aber eine notwendige Herausforderung, um überhaupt überleben zu können.


    Der zweite Teil des Buches besteht aus einer Fiktion, einer « metaphysischen conférence », in der Sokrates, Spinoza und Kant zusammenkommen und sich über die Lage der Welt austauschen. Sie schauen hinein in das Leben in einer KZ-Baracke und kommentieren es. Dabei zeigt Frankl auf einer anderen, erzählenden, theatralischen Ebene Aussagen des ersten Teiles in ihrer Umsetzung. Vor allem möchte er darauf verweisen, dass der Mensch auch in der Hölle ein Mensch bleiben kann.


    Wie das Adjektiv angibt begibt sich hier der Autor auf einer Ebene, die nun Manchem zu weit gehen kann. Er setzt einen Bezug zum Ewigen, zu Gott. Hier findet man einige sehr schwer zu verdauende Vorschläge, wie man « Sinn geben » kann, selbst in diesem Abgrund.


    Der Titel dieser deutschen Ausgabe der zwei Texte gibt also ein Buchenwaldlied wieder. Es passt in seiner Grundaussage zum Anliegen Frankls und fasst gut zusammen, was vielleicht jede(r) von uns auf je eigene Weise leben will : Inmitten der Erfahrungen von Leid und Absurdität im eigenen und fremden Leben zu einem Ja finden.


    ZUM AUTOR :
    Viktor Emil Frankl (* 26. März 1905 in Wien; † 2. September 1997 ebenda) war ein österreichischer Neurologe und Psychiater. Er begründete die Logotherapie (siehe mehr unter :http://de.wikipedia.org/wiki/Logotherapie ) bzw. Existenzanalyse („Dritte Wiener Schule der Psychotherapie“). Er entstammte einer jüdischen Beamtenfamilie. 1923 legte er die Matura unter anderem mit einer Abhandlung über Die Psychologie des philosophischen Denkens ab. Er studierte Medizin, wobei sich Depressionen und Suizid zu seinen Schwerpunktthemen entwickelten. Neben seiner medizinischen Dissertation 1930 legte er 1948/49 eine philosophische Dissertation mit dem Titel Der unbewußte Gott vor. Er hatte persönlich Kontakt zu Sigmund Freud und Alfred Adler, den Begründern der ersten und zweiten „Wiener Schule der Psychotherapie“. Während sich Adler mit der Sinnfrage zur Vorbeugung und Verhütung ernsterer Schäden, die durch Sorgen, Nöte und Beschwerden bei seelisch im Grunde gesunden Menschen entstehen können, beschäftigte, stellte Frankl die Sinnfrage ins Zentrum seiner Arbeiten zur Suizidprävention.


    Von 1933 bis 1937 leitete er im Psychiatrischen Krankenhaus in Wien den „Selbstmörderinnenpavillon“. Hier betreute er als Oberarzt jährlich bis zu 3000 selbstmordgefährdete Frauen. Nach dem „Anschluss“ wurde ihm 1938 aufgrund seiner jüdischen Herkunft untersagt, arische Patienten zu behandeln. 1940 übernahm er die Leitung der neurologischen Abteilung des Rothschild-Spitals, des einzigen Krankenhauses, in dem in Wien noch jüdische Patienten behandelt wurden. Einige seiner Gutachten aus dieser Zeit sollten Patienten davor bewahren, dem nationalsozialistischen Euthanasieprogramm zum Opfer zu fallen.


    Im Dezember 1941 heiratete er Tilly Grosser. Als Juden wurden er, seine Frau und seine Eltern am 25. September 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Sein Vater starb dort 1943, seine Mutter wurde in der Gaskammer von Auschwitz ermordet, seine Frau starb im KZ Bergen-Belsen. Frankl wurde am 19. Oktober 1944 von Theresienstadt nach Auschwitz gebracht und einige Tage später in das KZ-Kommando Kaufering VI (Türkheim), ein Außenlager des KZ Dachau, transportiert. Am 27. April 1945 wurde er in Türkheim von der US-Armee befreit.


    1947 heiratete Viktor Frankl in zweiter Ehe Eleonore Katharina Schwindt, die über 50 Jahre nicht nur seine Lebensgefährtin war, sondern ihn auch wissenschaftlich unterstützte. Zusammen hatten sie eine Tochter, Gabriele.


    1955 erhielt Viktor Frankl den Professorentitel für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien, Gastprofessuren führten ihn in die USA (Harvard University, Dallas und Pittsburgh). Er galt als einer der größten Fachleute auf seinem Gebiet. Frankl verfasste 32 Bücher (viele in 10 bis 20 Sprachen übersetzt) und erhielt weltweit 29 Ehrendoktorate.


    Viktor Frankl war begeisterter Bergsteiger und Alpinist; die Raxalpe war sein Lieblingsrevier. Mit 67 Jahren machte er auch den Pilotenschein.


    Er ist auf dem Wiener Zentralfriedhof in der alten israelitischen Abteilung bei Tor 1 begraben. Dort sind auch Arthur Schnitzler und Friedrich Torberg beigesetzt.
    (Quelle und mehr unter : http://de.wikipedia.org/wiki/Viktor_Frankl )


    Produktinformation
    Taschenbuch: 208 Seiten

  • Der wunderbaren Rezension von tom leo kann ich so gut wie nichts mehr hinzufügen, außer ein paar Zeilen.


    Es ist wirklich unglaublich beeindruckend wie Frankl ohne Anklage, so wahnsinnig ehrlich und nichts beschönigend, einen derartigen Erkenntnisgewinn aus dieser entsetzlicher Zeit für sich ziehen konnte. Auch das kleine Theaterstück "Synchronisation im Birkenwald" fand ich als Ergänzung äußerst passend.

    Es steht außer Frage, dass die Schilderung eines Lagerlebens im KZ schlicht schrecklich, unmenschlich und unbeschreiblich sind, aber wie es Frankl geschafft hatte in all dieser Unsinnigkeit einen Sinn zu finden, das spricht mich im tiefsten meines Herzens an. Auf dem Klappentext steht, dass die Schilderungen weder Anklage sind, noch Mitleid erregen sollen. Sie sollen Kraft zum Leben geben. Das kann ich voll unterstreichen.


    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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