Org. Titel: La contadora de peliculas
Seitenzahl: 104
Inhalt (Klappentext):
Etwas Aufregenderes als Kino gibt es nicht in der Minensiedlung inmitten der chilenischen Wüste. Die Männer arbeiten im Salpeterabbau, die Frauen sollen vernünftig wirtschaften und haben die zahlreichen Kinder am Hals. Da bieten die Hollywoodfilme mit Marilyn Monroe, John Wayne oder Charlton Heston und die mexikanischen Melodramen mit viel Gefühl und Musik eine willkommene Abwechsung und den Abglanz einer anderen Welt.
Doch eines Tages erlebt die Siedlung etwas noch Schöneres als Kino: Maria Margarita, ein zehnjähriges Mädchen, kann Filme so anschaulich und dramatisch nacherzählen, dass die Leute herbeiströmen, um sie zu hören. Dabei fing es damit an, dass ihrer Familie ständig das Geld fehlte, um gemeinsam ins Kino zu gehen.................
Autor:
Hernán Rivera Letelier, 1950 in Talca, Südchile, geboren, kam als Kind in die Atacama-Wüste im Norden. Als Heranwachsender besuchte er als Einziger die Werksbibliothek der Minensiedlung und begann mit einundzwanzig, buchstäblich aus Hunger, mit dem Schreiben: Ein Radioprogramm schrieb als ersten Preis für das beste Gedicht ein Abendessen in einem feinen Restaurant aus. Er schrieb ein vielseitiges Liebesgedicht und gewann promt. Heute gehört er zu den meistgelesenen Autoren der spanischsprachigen Welt.
Meine Meinung und Bewertung:
Ein kleines Buch mit nur 104 Seiten, dass sicher auf den Buchtischen der Buchhandlungen verloren ginge, wenn es nicht so wunderschön wäre. Das Cover spricht an, unterstreicht die Vorstellungskraft. Man möge mir verzeihen, dass ich sogar den Inhalt des Klappentextes gekürzt habe. Er verrät einfach zu viel. Deshalb möchte ich auch nicht mehr preisgeben, und beschränke mich auf die Interpretation des Inhalts.
Mit viel Charme und Humor schildert Hernán Rivera Letelier das triste, einfache Leben dieser Minensiedlung. Armut macht erfinderisch und so wird Maria als Vertretung der Familie ins Kino geschickt, um dann das Erlebte vor einer weißen Wand der Familie wiederzugeben. Das gelingt ihr so gekonnt, dass sich der Kreis der Zuschauer bald enorm erhöht. Und auch der Leser ist fasziniert von Leteliers Erzählkunst. Man sieht sie gestikulieren, die Mimik der Schauspieler nachahmen und verspürt die Freude, die sie dabei empfindet. Schließlich singt sie auch noch und legt sich eine Requisitenkiste zu, um das Gebotene zu vervollkommnen. Glücksmomente in der Wüste und eine Liebeserklärung an das Kino. In der heutigen Zeit geradezu Kunst.
Doch wie im wahren Leben bleibt nichts wie es war, Traurigkeit, Veränderungen, aber auch Hoffnung halten Einzug.
Ein wunderbarer, einfühlsamer Roman, der auch dann noch Leichtigkeit versprüht, wenn Ernstes den Himmel trübt.
Trotz der nur wenigen Seiten fehlt dem Buch nichts, sondern bereichert meinen Leseabend. Die Besonderheit liegt darin, dass es noch lange in meiner Erinnerung sein wird, wenn so manch dicker Schinken längst in meinem Gedächtnis verblast ist. Gerne möchte ich noch mehr von Hernán Rivera Letelier lesen, und dann dürfen es auch gerne einige Seiten mehr sein.
Liebe Grüsse
Wirbelwind
Renate Feyl, Lichter setzen über grellem Grund