Anita Shreve - Olympia

  • Nachdem ich vor einiger Zeit begeistert "Ein einziger Kuss" gelesen habe, wollte ich noch mehr von der Autorin Anita Shreve lesen und entschied mich für ihren Roman "Olympia".


    :idea: Er ist übrigens der zeitliche Vorgänger zu "Ein einziger Kuss", wenngleich auch einige Jahre zwischen den Handlungen liegen und die einzige Verbindung zwischen ihnen ein Kaufmann ist, der in "Ein einziger Kuss" auf die Vorgeschichte des Hauses der Protagonisten Bezug nimmt.


    Inhalt (aus der Rezension bei amazon.de):


    Fortune's Rock 1899, und Olympia Biddeford, die eigensinnige Tochter einer Familie der Bostoner Oberschicht, hat sich entschlossen, die Grenzen ihres streng behüteten Lebens auf die Probe zu stellen. Die heranwachsende Heldin von Olympia, die ihre Sommerferien auf dem Landsitz ihres Vaters in New Hampshire verbringt, ist entzückt vom Kreis der Künstler, Schriftsteller und Rechtsanwälte, der dort ein- und ausgeht. Sie ist jedoch besonders fasziniert von John Haskell, einem charismatischen Arzt, der sich um die Arbeitergemeinde der nahegelegenen Industrieorte kümmert. Dieser barmherzige Samariter mittleren Alters engagiert Olympia als Assistentin, und ihre Zusammenarbeit entwickelt sich rasch zu einer feurigen Liebesaffäre. Und es dauert nur wenige Wochen, bevor diese leidenschaftliche Übung in ärztlicher Fürsorge ans Licht kommt -- mit katastrophalen Konsequenzen für unsere geschwängerte Heldin. Sogar ihr Vater, der sie vergötterte, sieht sie nun als "übermäßig pummeliges sechzehnjähriges Mädchen, dessen Urteilungsvermögen man nicht mehr trauen kann", und besteht darauf, dass sie die Beziehung beendet.
    "Zu diesem Thema gibt es nichts mehr zu sagen", sagt er. Sie beißt sich in die Lippen, damit sie nicht noch weiter aufschreit. Sie umklammert die Armlehnen ihres Stuhls so fest, dass sie später Krämpfe in den Fingern haben würde. Sie wird sich weigern, ihm zu gehorchen, entschließt sie sich. Sie wird seine angedeutete Herausforderung annehmen und ihre eigene Wege gehen. Aber gleich im nächste Moment fragt sie sich, wie sie das denn bewerkstelligen sollte? Ohne die Unterstützung ihres Vaters würde sie kaum überleben können. Und wenn sie selbst nicht überleben konnte, wie sollte es denn ihr Kind?


    An dieser Stelle könnte ich schreiben, wie sie sich entscheidet, oder ob ihr die Entscheidung aus der Hand genommen wird, doch NATÜRLICH werde ich nicht spoilern.


    Wichtig zu sagen, bleibt noch, dass Olympia zur Zeit ihrer Affaire erst fünfzehn Jahre alt und John Haskell mit 41 Jahre ein treusorgender Ehemann und Vater von drei Kindern ist. Leidenschaftliche Gefühlsregungen, die ihm die Vernunft rauben waren ihm bis zu der Begegnung mit Olympia auch während seiner langjährigen Ehe fremd.



    Meine Meinung:


    Teile der Geschichte beruhen auf wahren Tatsachen. Die Autorin hat viel Zeit und Arbeit in ihre Recherche investiert und so entsteht ein klares Bild der damaligen Zeit vor dem inneren Auge.


    Während in "Ein einziger Kuss" die Liebesgeschichte eher den Hintergrund zu den gesellschaftlichen Missständen in der Arbeiterklasse bildet, steht diesmal die Liebe und ihre Konsequenzen im Mittelpunkt.


    Mir hat das Buch insofern gut gefallen als es keine einfachen Antworten auf moralische Fragen gibt. Beständig wird man hin und her geworfen zwischen dem Verständnis für das Paar (es Bewunderung für ihren Mut zu nennen, widerspräche zutiefst meinen Vorstellungen in Bezug auf Beziehungen, aber dann und wann blitzt ein solches Gefühl kurzweilig auf) und dem Entsetzen über ihre fehlende Vernunft, Moral und ihren Leichtsinn.
    Immerhin betrifft ihre Entscheidung nicht nur die Gegenwart und Zukunft der beiden, sondern gefährdet darüberhinaus seine Ehe und verletzt seine Familie.



    Deshalb kann ich nicht sagen, dass das Buch großartig war, obwohl der Schreibstil sehr flüssig und ergreifend ist. Das Thema ging mir einfach zu stark an die Nerven. :pale:


    Dennoch bin ich froh, es gelesen zu haben, und werde auch weiterhin die Romane von Anita Shreve lesen. :)

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Hallo Fezzig


    Eine wirklich interessante, und ansprechende Buchrezension :!: =D> :thumleft:
    Ich habe auch schon >Die Frau des Piloten< und >Verschlossenes Paradies< von ihr gerne gelesen, daher wird dein vorgestelltes Buch bei mir Nummer drei werden. :D


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • Hallo @ll
    Das waren (fast) 480 Seiten reines Lesevergnügen......ich bin begeistert! :D Was für ein wunderschönes, lesenswertes Buch, dass vielmehr beinhaltet, als "nur" eine Liebesgeschichte, die auf authentischen Chroniken beruht. =D>
    Gleichermassen romantisch wie sozialkritisch spielt die Geschichte vor dem Hintergrund des puritanischen Amerika des Jahres 1899, und wurde von Anita Shreve durchaus mit psychologischem Scharfblick, und für mich doch überraschend, sprachlich ausdrucksstark erzählt. Das hatte ich nach >Die Frau des Piloten< und >Verschlossenes Paradies< nicht erwartet.
    Nicht erwartet hatte ich auch die immer wieder überraschenden Wendungen der Geschichte, die so ganz anders ausfielen wie vermutet.
    Eine moralische Bewertung möchte ich nicht äussern, nur soviel: bestimmte Lebenssituationen schocken mich wahrscheinlich auf Grund meines Alters und der gemachten Lebenserfahrungen nicht mehr so sehr wie Fezzig, die ja doch noch um einiges jünger ist, und ihr daher, wie sie sagt: das Thema zu stark an die Nerven ging.
    Ich möchte euch einen Abschnitt zitieren, (>Gedanken von Olympia, sie sitzt, inzwischen sind vier Jahre vergangen, alleine im Sommerhaus der Familie in Fortun's Rocks, an der Küste Neuenglands< ):


    Jetzt fragt sie sich, ob es nicht in jedem Leben Momente gibt, in denen dieses Leben völlig umgekrempelt wird oder, unversehens aus der Bahn geworfen, eine Wendung nimmt, die so phantastisch oder furchtbar ist, dass man etwas Derartiges nie auch nur in Betracht gezogen hätte.
    Solche Momente kommen oft wie ungeladene Gäste gerade dann, wenn man sie am wenigsten erwartet, sie treffen einen nicht selten unter den ungünstigsten Umständen, aber auch in ganz banalen Situationen.
    Es kann sein, dass sie einen zart und leicht anfliegen wie kleine Vögel, die sich auf dem äussersten Zweig eines Baums niederlassen; nur fliegen sie dann nicht wieder fort.
    So einen Moment kann ein flüchtiges Aufblitzen im Gesicht eines geliebten Menschen herbeiführen, der erste ahnungslose Blick auf ein einziges Wort in einem Telegramm (und an dieser Stelle beginnt das Leben von seinem Kurs abzuweichen). Das Ausserordentliche aber ist, dass innerhalb des endlichen Zeitkontinuums, in denen sich ein menschliches Leben fortbewegt, so ein Moment fixiert ist, so unverrückbar und unauslöschlich, auch wenn man später noch so leidenschaftlich wünschen mag, man könnte ihn tilgen.


    Ich glaube, mit diesen Worten ist alles gesagt......nur noch soviel, wenn Fezzig und ich Interesse geweckt haben, selberlesen......es lohnt sich!


    Gruss Bonprix :wink:

  • Es freut mich, dass dich das Buch auch angesprochen hat. :D


    Seitdem ich "Olympia" gelesen habe, messe ich alle anderen Bücher der Autorin an diesem Roman - und leider kann keines dagegen bestehen. Ich hoffe noch immer, dass sie ein weiteres "Meisterwerk" ersonnen hat, aber noch suche ich danach. ("Ein einziger Kuss" ist von diesem Bewertungsstandard ausgenommen, da es mein erstes Buch von Anita Shreve war und somit einen besonderen Platz in meinem Herzen hat.)

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Zitat

    Original von Fezzig
    ("Ein einziger Kuss" ist von diesem Bewertungsstandard ausgenommen, da es mein erstes Buch von Anita Shreve war und somit einen besonderen Platz in meinem Herzen hat.)


    @Fezzig.....Ich bin schon sehr gespannt und neugierig, denn ich habe heute abend mit dem Buch begonnen.
    Gruss Bonprix :wink:
    Nochmals DANKE für den Tipp! :thumleft:

  • Zitat

    Nochmals DANKE für den Tipp!


    Gerne doch! Zumal ich überhaupt erst durch das Forum auf die Idee kam, mir Bücher von Anita Shreve zu kaufen... :lol:


    Nach "Olympia" könnte der "Einzige Kuss" es schwer haben. Es ist schwer, an das Niveau heranzukommen, aber mir war vor allem Quillen McDermott sympathisch. Er ist ein ganz anderer Held, als man sonst begegnet. Und nun: :-$ Mehr sage ich nicht.

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  • Zitat

    Original von Fezzig
    Nach "Olympia" könnte der "Einzige Kuss" es schwer haben. Es ist schwer, an das Niveau heranzukommen, aber mir war vor allem Quillen McDermott sympathisch. Er ist ein ganz anderer Held, als man sonst begegnet. Und nun: :-$ Mehr sage ich nicht.


    Gottseidank bin ich ja überhaupt nicht neugierig..... :--o

  • Da ich das Buch sowieso schon vor einigen Monaten gekauft hatte, habe ich es gerade vor ein paar Minuten angefangen zu lesen. Bin gespant, wie es ist.

    :study: Arnaldur Indridason: Nordermoor


    Bücher sind nur dickere Briefe an Freunde. - Jean Paul

    Einmal editiert, zuletzt von powerdream ()

  • Habe ja vor ca. 14 Tagen bis 3 Wochen Olympia begonnen zu lesen. Als ich dann letzten Samstag zu einer Bahnreise nach Essen aufgebrochen bin, um meine Tochte zu besuchen, entdeckte ich mit Schrecken, dass ich "Olympia" vergessen hatte. Gerade wo es zu der besagten brenzligen Stelle kam, wo alle sahen, was die liebe Olympia mit Mr. Haskell anstellte.....In der Bahnhofsbibliothek habe ich mir dann Die Frau des Piloten gekauft und über's Wochenende im Zug gelesen. Ich muss sagen, dass mir Olympia besser gefällt, 1. vom Schreibstil und 2. ist die Geschichte interessanter und spannender zu lesen.

    :study: Arnaldur Indridason: Nordermoor


    Bücher sind nur dickere Briefe an Freunde. - Jean Paul

  • Hallo Siri und powerdream:


    ihr steht mit eurer Meinung über "Die Frau des Piloten" nicht alllein. Hier der Thread.


    Inzwischen habe ich ja schon mehr von Anita Shreve gelesen und muss sagen, dass mir "Die Frau des Piloten" als ihr schwächstes Buch erscheint.

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  • @ Fezzig
    @ Bonprix
    wenn ich nur den Klappentext, aber nicht eure Rezensionen gelesen hätte, wäre das Buch vermutlich in der Bücherei geblieben. Statt dessen habe ich ein Buch gelesen, durch das man den Glauben an Liebesromane zurück bekommen kann ;) - fast.


    Das jemand Liebesszenen beschreiben kann und dabei Formulierungen und Worte findet, die nicht schon, hundertmal verwendet, zum Klischee des Genres gehören, hat mir sehr gut gefallen. Zwar hat die Autorin die erotischen Szenen weichgezeichnet, dennoch ist deutlich, dass es um Lust und Leidenschaft geht und nicht um Gänseblümchensex.


    Die Autorin gib keinerlei moralische Wertung ab, auch fehlt eine typische Einseitigkeit pro oder contra bestimmte Figuren; damit liegt die Einschätzung beim Leser, der, wie Fezzig schon sagt, hin- und hergeworfen wird. Probleme habe ich mit der Rechtfertigung "wir konnten uns nicht dagegen wehren" oder "es kam über uns", denn eine andere Entscheidung wäre immer möglich gewesen.


    Dann kam ich zum 24. Kapitel


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Hmm, ich bin irgendwie unschlüssig, wie ich das Buch bewerten soll, eigentlich habe ich beim Lesen wieder erkannt, dass mir romantische Liebesgeschichten nicht sehr liegen. „Das Gewicht des Wassers“ liegt da mehr auf meiner Schiene.
    Aber richtige Romantik ist für mich ohnehin nicht aufgekommen, weil mir die Protagonisten, (ohne sie moralisch zu bewerten!), nicht sonderlich sympathisch sind und ich mich deshalb nicht recht mitfreuen bzw. mitleiden konnte.
    Haskell kommt mir irgendwie jämmerlich und feige vor und erweckte eher aggressive als romantische Gefühle in mir ...


    Aufwühlend fand ich die Ereignisse im zweiten Teil der Geschichte. Vor allem die schwierige Entscheidung, die da zu treffen ist, ist mir sehr nahegegangen, weil ich beide Seiten gut verstehen konnte...
    Gut getroffen hat die Autorin das Lebensgefühl dieser Zeit, was sich auch besonders in den Dialogen ausdrückt.
    Am besten aber haben mir die stimmungsvollen Landschaftsschilderungen gefallen, ein wunderschöner Sommer am Meer ist da zwischen den Buchdeckeln verborgen und verspricht sehr intensive Bilder fürs Kopfkino!

    Gruß Bibliomana :cat:
    "Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!"

  • Also mir geht es da eher wie Marie.
    Ich habe das Buch gerade beendet (ääähhh... ja ich weiß, die Uhrzeit... 8-[ ) und wäre der Schluss nicht gewesen, hätte ich mich auch zu einer Lobeshymne hinreißen lassen.
    Mir ist zwar auch keine Idee gekommen, wie man das Buch mit einem etwas befriedigenderen Ende hätte versehen können, aber so war ich irgendwie auch nicht damit zufrieden. :roll:


    Aber davon abgesehen ist es wirklich ein ganz wundervolles Buch! Gerade diese Balance zwischen moralischer Verwerflichkeit und ehrlichen Gefühlen finde ich unglaublich gut gelungen.
    Kann man nur hoffen, dass einem selbst so etwas nie passiert - egal von welcher Person aus, denn ich finde, letztlich hat wirklich jede Person in diesem bewegenden Buch gelitten.

  • Es ist schon lange her, als ich das Buch gelesen habe, aber ich kann mach daran noch gut erinnern.


    Es ist mehr als eine Liebesgeschichte, abers ehr schön geschrieben.
    Eigentlich hääte ich wirklich Lust von dieser Autorin noch mehr Bücher
    zu lesen.

  • Dieses Buch habe ich mir aufgrund der Rezi hier heute aus der Bücherei geholt und gleich damit angefangen. Bis jetzt gefällt es mir sehr gut.
    Bisher kenne ich von Anita Shreve nur "Die Frau des Piloten".

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Inzwischen habe ich dieses wirklich eindrucksvolle Buch beendet . Meine Meinung dazu:


    Wäre ich nicht durch Empfehlungen anderer Leser zu diesem Buch
    "überredet" worden, hätte ich es sicher nicht gelesen, da
    Liebesgeschichten mich normalerweise nicht interessieren. In diesem
    Fall wäre das wirklich ein Verlust gewesen.


    Das Buch ist in 4 Teile gegliedert. Der erste, mit dem doppelsinnigen
    Titel "Fortune´s Rocks" (die Felsen des Schicksals) schildert das Leben
    der wohlhabenden Gesellschaft in ihren Sommerhäusern am Strand. In
    diesem Umfeld lernt die 15-jährige Olympia den verheirateten Arzt John
    Haskell kennen und verliebt sich in ihn. Die beiden beginnen eine
    leidenschaftliche Affäre, die bei der Feier von Olympias 16.Geburtstag
    auffliegt.


    Dieser Skandal führt zur "Verbannung" (Titel des zweiten Teils) in das
    Bostoner Stadthaus von Olympias Vater, wo sie im Frühjahr 1900 ihren
    Sohn zur Welt bringt, der ihr - gegen ihren erklärten Willen - von
    ihrem Vater weggenommen und auf seine Veranlassung hin in ein
    Waisenhaus gebracht wird. Olympia selbst, die weder zu ihrem Sohn noch
    zu ihrem Geliebten Kontakt hat, wird weit fort in eine Schule für junge
    Damen geschickt.


    Nach 3 Jahren verlässt sie eigenmächtig die Schule und beschließt, ihr
    Leben selbst in die Hand zu nehmen. In diesem dritten Teil "Wiedersehen
    mit Fortune´s Rocks" bezieht sie das verlassene Sommerhaus der Familie
    und richtet es im Schweiße ihres Angesichts wohnlich her. Eher zufällig
    erfährt sie, dass ihr Sohn in ein Waisenhaus ganz in der Nähe gegeben
    wurde und nun bei einer Pflegefamilie lebt. Da sie den Verlust ihres
    Kindes nie verwunden hat, geht sie im vierten Teil des Romans "Die
    Klage" vor Gericht, um die Herausgabe des Kindes zu verlangen.


    Die Autorin arbeitet die Charaktere der Figuren sehr gut heraus, ohne
    selbst deren Verhalten zu bewerten, dies bleibt dem Leser überlassen.
    Besonders die Hauptfigur Olympia entwickelt sich im Laufe der Jahre von
    einem eher leichtsinnigen jungen Mädchen zu einer reifen
    Persönlichkeit, die auch das Wohl Anderer im Auge hat. Bei Haskell ist
    eine Beurteilung schwieriger: er hat sich viel zuschulden kommen lassen
    und nicht nur Olympias Ruf, sondern auch das Leben seiner Frau und
    ihrer 4 Kinder zerstört, andererseits ist er sozial sehr engagiert und
    bemüht, das Los der Fabrikarbeiter zu verbessern. Diese objektive
    Darstellungsweise, die im Gegensatz zur Schwarz-Weiß-Malerei vieler
    anderer Romane steht, hat mir sehr gut gefallen.


    Der Roman ist weit mehr als eine Liebesgeschichte, sondern gleichzeitig
    ein sozialkritisches Buch, das einen guten Einblick in die Lebensweise
    sowohl der sogenannten feinen Gesellschaft als auch der armen
    frankokanadischen Arbeiter gibt. Der Gerichtsprozess, über den ich hier
    nichts verraten möchte, ist anhand alter Gerichtsakten authentisch
    dargestellt, auch die ganze Vorgeschichte der skandalösen Affäre soll
    auf einem wahren Fall beruhen.


    Sehr gut gefällt mir auch die Sprache der Autorin, die flüssig und
    gleichzeitig eindringlich ist und die Liebesszenen gut vorstellbar,
    aber ohne jede "Obszönität" zu schildern vermag.


    Mein einziger Kritikpunkt an diesem wirklich lesenswerten Buch ist der,
    dass das Ende mir ein bisschen zu viel Happy End auf einmal enthält.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Och, jetzt ärgere ich mich noch mehr, das ich das Buch gestern nicht gekauft habe - als ME...aber ich hatte schon 15 andere Bücher auf den Armen. 8-[
    Naja, aufgeschoben ist nicht aufgehoben.