Mats Strandberg - Halbes Leben

  • Klappentext:


    »Verzeih mir. Ich kann nicht sagen, warum. Such mich nicht. Hass mich nicht.«


    Jakob hat Jessica nur diese kurze Nachricht hinterlassen. Doch Jessica kann Jakob auch nach Jahren nicht vergessen. Warum ist er so plötzlich verschwunden? Natürlich sucht sie ihn, hasst ihn manchmal und hat das Gefühl, nur halb zu leben. Dann stirbt auch noch ihre Großmutter und hinterlässt ihr einen langen Brief: Es ist die Lebensgeschichte, die auf einer Lüge beruhte. Jessica erkennt, dass sie ihr eigenes Leben überdenken muss. Sie schöpft neue Kraft – die sie schon bald braucht, um nicht nur das eigene, sondern auch Jakobs Leben zu retten.



    Über den Autor:


    Mats Strandberg, geboren 1976, zog als 16-Jähriger aus dem kleinen Fagersta in Västmanland nach Stockholm. Heute ist er freier Journalist und schreibt unter anderem Kolumnen für QX und Aftonbladet. Im Jahr 2004 wurde er von Sveriges Tidskrifter – dem Verband schwedischer Zeitschriftenverlage – zum „Kolumnist des Jahres“ gewählt. Sein Roman „Halbes Leben“ war ein großer Überraschungserfolg und erhielt begeisterte Kritiken.



    Allgemeines zum Buch:


    "Halbes Leben" umfasst 320 Seiten und gliedert sich in einen Prolog, drei Teile mit insgesamt 68 Kapiteln sowie einen Epilog. Mit durchschnittlich fünf Seiten haben die Kapitel eine sehr angenehme Länge. Gleichzeitig dient ihre Kürze dem Spannungsaufbau. Zusätzlich sind die Kapitel in Abschnitte unterteilt.


    Geschrieben ist "Halbes Leben" aus der Sicht eines allwissenden Erzählers in der Gegenwartsform. Es gibt jedoch noch einen zweiten Erzählstrang, der aus der Sicht einer Ich-Erzählerin in der Vergangenheitsform geschrieben ist.


    Abgerundet wird das Buch durch eine sympathische Danksagung des Autors.


    "Halbes Leben" ist im August 2011 als Hardcover mit Schutzumschlag im C.Bertelsmann Verlag erschienen. Die Originalausgabe erschien 2009 unter dem Titel "Halva Liv" beim Verlag Forum, Stockholm. Übersetzt wurde das Buch von Gabriele Haefs.



    Meine Meinung zum Buch:


    Als überraschend ihre Großmutter stirbt, lässt Jessica alles hinter sich und fährt zu ihrem Großvater aufs Land. Dort wird sie nicht nur von Kindheitserinnerungen eingeholt, sondern erhält außerdem ein Tagebuch ihrer Großmutter. Diese hat in einem kleinen Büchlein ihre Erinnerungen niedergeschrieben, die Jessica kaum glauben kann. Denn das Leben ihrer Großeltern basiert auf einer unfassbaren Lüge. Der Autor hat hier schwere Geschütze aufgefahren und eine Geschichte konstruiert, die überraschend und nicht vorhersehbar ist. Nichtsdestotrotz ist sie authentisch und passt durchaus in die Zeit, in der Jessicas Großeltern aufgewachsen sind. In diesem Handlungsstrang kommt Jessicas Großmutter durch die Tagebucheinträge selbst zu Wort.


    Gleichzeitig versucht Jessica, die Trennung von der Liebe ihres Lebens zu verarbeiten. Nur einen dürftigen Abschiedsbrief hat Jakob hinterlassen, bevor er aus Jessicas Leben verschwunden ist. Immer wieder wird Jessica von Erinnerungen an Jakob überwältigt. Sie meint, ihn auf der Straße zu sehen, doch als sie die Person anspricht, ist es nicht Jakob, sondern ein Wildfremder. Nur mit Tabletten gelingt es Jessica, ein halbwegs normales Leben zu führen. Doch Jessica gibt die Suche nach Jakob nicht auf und eines Tages begegnet sie einem Menschen, der Jakob so ähnlich sieht und dessen Stimme der von Jakob so sehr ähnelt, dass es sich nur um Jakob selbst handeln kann. Doch warum streitet der alles ab, gibt vor, Jessica nicht zu kennen? Warum verleugnet er ihre Beziehung? Oder ist es am Ende gar nicht Jakob, sondern wieder nur ein wildfremder Mann, in den sie Jakob hineininterpretiert hat?


    So viel Talent der Autor bei der Kreation des Geheimnisses um Jessicas Großeltern gegeben hat, so wenig überzeugend wirkt die Geschichte, die er um Jessica und Jacob entwickelt hat. Das komplette Buch hindurch wird eine enorme Spannung aufgebaut und als Leser möchte man unbedingt erfahren, was Jacob dazu gebracht hat, Jessica völlig überstürzt zu verlassen. Doch am Ende des Buches wird alles in wenigen Sätzen aufgeklärt und wirkt dazu wenig überzeugend, sondern unglaubhaft und schwer nachvollziehbar. Vielleicht hätten dem Buch ein paar Seiten mehr gutgetan, um mehr Raum für Erklärungen zu schaffen. So bleibt man als Leser jedoch unbefriedigt zurück.


    Der Schreibstil von Strandberg ist sehr speziell. Das Buch liest sich zwar leicht und angenehm, es hat stellenweise aber den Hang zum Poetischen. Manche Sätze wirken konstruiert, um literarisch besonders hochwertig zu erscheinen. Dadurch wirkt die Sprache aber oft gestelzt.



    Mein Fazit:


    Ein Buch mit zwei Handlungssträngen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können: Der eine ist hervorragend konstruiert und authentisch, bei dem anderen löst sich die angestaute Spannung lediglich in heiße Luft auf.


    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Danke für die Rezi gaensebluemche! Ich hatte das Buch schon auf meiner WL, aber Unerklärtes kann ich so gar nicht leiden. Ich glaube das überlege ich mir noch, schließlich gibt es ja so viel mehr Lesestoff.


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Herbert Rosendorfer, Der Meister

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • @ Wirbelwind:


    Prinzipiell wäre das Buch ganz bestimmt nach deinem Geschmack. Es ist wirklich gut geschrieben und der Handlungsstrang, der sich mit Jessicas Großeltern beschäftigt, ist wirklich spannend und interessant. Aber die Tatsache, dass der zweite Handlungsstrang so unausgefeilt ist, lässt sich nicht leugnen und würde dich wohl ebenfalls unbefriedigt zurücklassen. Ich denke, du machst nichts falsch, wenn du dich erst mal auf anderen Lesestoff konzentrierst und abwartest, ob du das Buch in einer Bibliothek findest.

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


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  • Mach ich. :thumleft: Danke gaensebluemche!


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


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    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.