Fritz B. Simon, Margarete Haaß-Wiesegart & Xudong Zhao - "Zhong De Ban"

  • Kurzbeschreibung und Darstellung der Autorenschaft (amazon):

    Am 12. September 1976 bestieg eine Gruppe deutscher Studenten in Karatschi ein Flugzeug nach Peking, unter ihnen eine Psychologin. Dies war der Anfang des Abenteuers „Deutsch-Chinesisches Psychotherapie-Projekt“ und seiner deutsch-chinesischen Klasse, der Zhong De Ban.


    Die Veränderungen Chinas nach der Kulturrevolution überforderten viele Menschen in ihrer Integrationsfähigkeit. Der Zerfall der familiären und traditionellen Strukturen verlangte neue Antworten psychologischer Beratung und Behandlung. Das Psychotherapie-Projekt entwickelte vor diesem Hintergrund eine institutionelle und organisatorische Infrastruktur für Ausbildung und Anwendung psychotherapeutischer Methoden. Über eintausend chinesische Psychiater und Psychologen wurden bis heute in deutsch-chinesischer Zusammenarbeit in psychodynamischer Therapie, Verhaltenstherapie oder systemischer Familientherapie ausgebildet. Die Zhong de Ban hat diese Entwicklung wesentlich mitgetragen. Dadurch erlangte sie in chinesischen Fachkreisen einen legendären Ruf.
    Die drei Autoren dieses Buches entführen ihre Leser auf ein interkulturelles Abenteuer in einem sich politisch und kulturell rasch verändernden Land. Praxis- und erlebnisnah vermitteln sie aus der Sicht von unmittelbar Beteiligten, auf welche Schwierigkeiten und Hindernisse sie bei der Arbeit in interkulturellen Kontexten gestoßen sind und welche Lösungsmöglichkeiten es geben kann. Zahlreiche Interviews ergänzen die aus systemisch-organisationstheoretischer Perspektive analysierte Zusammenarbeit.
    Fritz B. Simon, Dr. med., Professor für Führung und Organisation am Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke. Systemischer Organisationsberater, Psychiater, Psychoanalytiker und systemischer Familientherapeut. Mitbegründer der Management Zentrum Witten GmbH und der Simon, Weber and Friends, Systemische Organisationsberatung GmbH. Autor bzw. Herausgeber von ca. 240 wissenschaftlichen Fachartikeln und 26 Büchern, die in 13 Sprachen übersetzt sind.


    Margarete Haaß-Wiesegart, Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin für Verhaltenstherapie und systemische Paar- und Familientherapie; seit ihrem ersten Studienaufenthalt 1976–1978 aktiv in der Kooperation deutscher und chinesischer Psychiater und Psychologen, Mitbegründerin und langjährige Präsidentin der Deutsch-Chinesischen Akademie e. V. für Psychotherapie.


    Xudong ZhaoProf. Dr.; Professor an der Tongji Universität, Chefarzt der Abteilung für Psychosomatische Medizin am Shanghai East Hospital; Präsident der Deutsch-Chinesischen Akademie für Psychotherapie auf chinesischer Seite sowie Vorsitzender des Komitees für Psychotherapie und Beratung der Chinesischen Gesellschaft für Geistesgesundheit. 1990–1993 Gastwissenschaftler und Doktorand an der Abteilung für Psychoanalytische Grundlagenforschung und Familientherapie der Psychosomatischen Klinik an der Universität Heidelberg, danach Aufbau eines familientherapeutischen Instituts in China. Mitorganisator und Lehrtherapeut des Deutsch-Chinesischen Ausbildungsprojekts für Psychotherapie in China seit 1997.




    Eigene Beurteilung:


    In einem fortlaufenden Bericht unterbrochen durch theoretische Überlegungen zur Systemanalyse im Sinne der systemischen Organisationsbeurteilung und regelmäßigen Interviews mit Organisatoren und Teilnehmerinnen und Teilnehmern des ersten chinesisch-deutschen Symposiums in Kunming und auch der Folgeveranstaltungen in den darauffolgenden Jahren wird so die Geschichte der „chinesisch-deutschen Klasse“ bis zu ihrem momentanen Ende nachgezeichnet und den Leserinnen und Lesern dargelegt.

    Dabei vermisst der europäische Leser eventuell ein wenig den roten Faden durch das Buch, denn durch die häufigen Einschübe zu Einzelaspekten oder auch Nebenbereichen liest sich das Buch nicht unbedingt linear und die Darstellung des Status quo ante und des Status quo post hätte in meinen Augen ein wenig kompakter, aber dafür mit weniger Wiederholungen und mehr Struktur erfolgen können.

    Einige der Nebenaspekte – zum Beispiel zur Traumabearbeitung bei Großkatastrophen, wie dem Erdbeben von Sichuan – sind allerdings überaus lesenswert und auch die Vorurteile der Chinesinnen und Chinesen den deutschen Wissenschaftlern gegenüber und vice versa sind ebenfalls interessant zu lesen – wenn auch zu oft wiederholt, wie auch die Ausführungen zum Umgang, den chinesische Behörden mit Plänen und Konflikten pflegen. Hier wäre eine geschlossenere Darstellung dieser Aspekte an einer Stelle nett gewesen.

    Im Anhang finden sich Auflistungen der Beteiligten der einzelnen Symposien und anderer Veranstaltungen, eine Bibliographie und die Endnoten, die hier wirklich ganz gut aufgehoben sind, da sie oft den Bereich der Nebenaspekte noch weiter ausdehnen. Ein durchaus von der Sache interessantes Buch, das aber ruhig einfacher und übersichtlicher hätte strukturiert sein dürfen.