Yrsa Sigurdardottir: Geisterfjord

  • „Geisterfjord“ war für mich ein spannendes und kurzweiliges Lesevergnügen. Trotz der nicht neuen und schon oft verwendeten Effekte (altes, baufälliges Haus, Kinderstimmen, unerklärliche Fußspuren, plötzlicher auftretender fauliger Geruch, kein Handy-Empfang…), war die düstere und unheimliche Atmosphäre deutlich zu spüren.


    Die parallelen Handlungsstränge zum einen um den Psychologen Freyr und zum anderen um Katrin und ihre beiden Gefährten haben der Handlung ein besonderes Tempo verliehen. Ich fand beide Erzählebenen gleichermaßen lesenswert und den Zusammenhang absolut stimmig. Besonders erwähnenswert finde ich noch die Cliffhanger am Ende von jedem Kapitel, diese haben die Spannung durchgängig aufrecht erhalten.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich gehöre zu jenen Vernunftpersonen, die selbstverständlich nicht an Gespenster glauben und doch immer ängstlich in jede dunkle Ecke schielen. Mit den Jahren ist mir allerdings klar geworden, dass nichts so gruselig ist wie die Realität selbst. Deshalb sind es auch weniger die Spukerscheinungen als vielmehr die Eiseskälte und die Abgeschiedenheit auf der Insel, die mir beim Lesen des Romans Schauer über den Rücken gejagt haben.
    Wohlige Gänsehaut hat sich bei mir aber auch aus einem anderen Grund nicht gebildet. Es gibt einfach zu viele Unstimmigkeiten in der Geschichte. Auch bei übersinnlichen Erscheinungen muss es mit rechten Dingen zugehen, auch Geister haben sich an gewisse Regeln zu halten, sonst wirkt alles an den Haaren herbeigezogen und beliebig. Schon auf die Frage, warum die mysteriösen Ereignisse erst jetzt geschehen und nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt, lässt sich keine logische Antwort finden, aber auch eine ganze Reihe weiterer Ungereimtheiten, die hier in den verschiedenen Spoilern angesprochen werden, haben dazu geführt, dass sich das Zähneklappern bei mir in Grenzen hielt.


    Gut gefiel mir, dass die Autorin nach alter Agatha Christie-Tradition den Leser nicht im Dunkeln tappen lässt, sondern hier und da geschickt kleine Hinweise einstreut. Das betrifft auch das von Kapo beanstandete Verhalten der drei Hauptfiguren.


    Allerdings wundert mich, dass hier noch nicht erwähnt wurde, was Lif, Gardar und Katrin für seltsame Leute waren. Ich konnte ihr Verhalten oft nicht nachvollziehen und ihre Naivität und Blödheit schrie manchmal echt zum Himmel.[...] Dass diese drei Pfeifen ein Haus renovieren wollten, was sie auch ohne Geister vermutlich nicht hinbekommen hätten, hat mich nach einiger Zeit sowieso gewundert.


    Abgesehen davon, dass es nicht wenige Leute gibt, die aus finanzieller Not heraus blauäugig eine Ich-AG gründen, ohne von Tuten und Blasen die leiseste Ahnung zu haben, erfüllt diese Darstellung einen bestimmten Zweck.



    Im Großen und Ganzen habe ich den Krimi aber gern gelesen. Er hat zugleich Tempo und Atmosphäre, die Figuren sind gut gezeichnet, die beiden Erzählstränge auf spannende Weise miteinander verknüpft. Wären mir die Schilderungen der mysteriösen Vorgänge nicht so willkürlich erschienen, hätte ich mehr als :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: Sterne vergeben.


    Gruß
    mofre

    :study: Zsuzsa Bánk - Die hellen Tage

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • 4.5 Sterne wegen ein paar kleinen Unstimmigkeiten, aber insgesamt großartig mit einer latenten, unheimlichen Stimmung! Perfekt aufgebaut und gut durchdacht!


    Das Buch geistert ja momentan durch sämtliche Social Media Kanäle, aber entdeckt hab ich es durch eine sehr begeisterte Rezension beim Tintenhain.
    Auch mich hat es durch die besondere Atmosphäre gepackt; es war für mich zwar nicht wirklich gruselig, aber es hatte schon seine unheimlichen Momente in genau der richtigen Dosierung. Die Autorin hat da wirklich ein ganz tolles Gespür dafür und auch wenn mir ein paar kleine Details aufgefallen sind, die mir etwas unlogisch vorkamen, war es insgesamt großartig umgesetzt!


    Es gibt zwei Erzählstränge, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben und die Spannung immer weiter ausbauen.
    Gardar, seine Frau Katrín und ihre gemeinsame Freundin Líf wollen ein altes Haus revnovieren - auf einer einsamen Insel auf der sie für eine Woche komplett auf sich allein gestellt sein werden. Das allein gibt ja schon den Anreiz für ein mulmiges Gefühl in dieser unwirtlichen Einsamkeit und unerreichbar für die "Außenwelt" wurden auch recht schnell
    Gleichzeitig wird die Kommissarin Dagny auf dem Festland zu einem Fall von Vandalismus in einem Kindergarten gerufen, der auf den ersten Blick nach keiner großen Sache aussieht - doch als der Psychologe Freyr hinzugerufen wird, verdichten sich auch hier immer mehr Hinweise auf düstere Hintergründe.
    Die Charaktere kann man von Anfang an gut einschätzen. Erzählt wird abwechselnd aus der Sichtweise von Katrín und Freyr, was zusätzlich Spannung hervorruft, da immer wieder Cliffhanger am Kapitelende auftauchen, die es wirklich in sich haben! An die etwas ungewohnte Schreibweise hab ich mich schnell gewöhnt und obwohl es recht einfach gehalten ist, erzeugt die Autorin eine ganz eigene, beklemmende Stimmung, die mich beim Lesen nur selten verschnaufen ließ. Ich konnte mir alles super vorstellen und war von Anfang an immer mitten im Geschehen.


    Während die Figuren scheinbar den Bezug zur Realität verlieren, rätselt man selbst mit, was da tatsächlich geschieht bzw. geschehen ist und wird bis zum Schluss über die Hintergründe im Dunkeln gehalten. Natürlich hat man so seine Vermutungen und kann gut miträtseln, aber die Aufklärung war dann teilweise überraschend, aber doch recht heftig und hat mich aufgrund dessen, dass hier auch einige tatsächliche Ereignisse mit verwoben wurden, bewegt und berührt.
    Trotzdem alles sehr verstrickt aufgebaut wurde konnte man der Handlung super folgen, es ist alles in sich logisch und wurde am Ende schlüssig aufgeklärt.


    Fazit


    Ein wirklich ganz toller Thriller mit einem unermerklichen Grauen, das sich während dem Lesen immer wieder ganz unverhofft einstellt. Sehr spannend und mit gut durchdachter Story!


    © Aleshanee
    Weltenwanderer

  • Als ich beim Stöbern in der Onleihe über diesen Roman stolperte, musste ich ihn einfach ausleihen. Bei der Inhaltsangabe in Verbindung mit dem Handlungsort und der Tatsache, dass die Autorin selbst Isländerin ist, hatte ich gar keine andere Wahl. Und was soll ich sagen: Das war definitiv eine gute und lohnende Entscheidung!


    Es ist schon sehr lange her, dass sich mein furchtsames Wesen derart beim Lesen gegruselt hat. Ja, ich gebe es gerne zu: Ich bin ein Hasenfuß :shock: Und mehr als einmal bin ich, wenn ich mit unserem Hund durch die Dunkelheit gelaufen bin, beim leisesten Rascheln zusammen gezuckt.


    Mir hat das Verschwimmen der verschiedenen Genre sehr gut gefallen. Auch fand ich die düstere Stimmung dieses abgelegenen Ortes sehr authentisch wiedergegeben. Und was ich besonders schön fand war, dass der typisch isländische Hang zum Übersinnlichen feste in die Story eingeflochten wurde.

    Auch der ruhige Erzählton passte meiner Meinung nach ganz hervorragend dazu, wird aber sicher nicht allen gefallen. Leser, die eine eher actiongeladene und blutige Story bevorzugen, werden sich mit dem Geisterfjord eher nicht anfreunden können und sich sicher langweilen.


    Mit dem Ende, welches einigen Raum für Spekulationen lässt, war ich im ersten Moment nicht ganz einverstanden. Komme aber nun, nach ein wenig Bedenkzeit, doch zu der Überzeugung, dass es genau so wie es ist, gut gelungen ist.


    Und so schließe ich mein Lesejahr völlig unverhofft mit dieser absoluten Perle ab und vergebe guten Gewissens :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: für den Lesespaß :applause:

    Liebe Grüße von der Federfinderin :dwarf:


    Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine zutiefst kranke Gesellschaft zu sein. ~Jiddu Krishnamurti ~