Udo Fehring - Streets of London

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    Der neunjährige Tim lebt mit seinen gutbürgerlichen Eltern in London. Eines Tages macht er Bekanntschaft mit Tony, einem Obdachlosen. Die Beiden freunden sich an, was Tim versucht, seinen Eltern gegenüber geheim zu halten.Als Tims Mutter ihn wegen seines plötzlichen und ungewöhnlichen Heißhungers auf Obst zur Rede stellt und von Tony erfährt, reagiert sie erbost. Sein Vater verhängt Hausarrest.Aber Tim lässt sich davon nicht abschrecken. Wird er es schaffen, für diese Freundschaft gegen Vorurteile und Klischees seines Umfeldes anzukämpfen?Das Buch erzählt von einer ungewöhnlichen Freundschaft, der unerschütterlichen Hoffnung eines Jungen und dem Aufeinanderprallen zweier Welten, die unterschiedlicher nicht sein können.


    Jugendbücher sind schon eine schöne Sache. Selbst mit meinen 28 Jahren lese ich sie immer noch gerne. Man kann noch etwas lernen, die Geschichten sind meist schön und schnell zu lesen. „Streets of London“ ist ein Buch welches sich mit einer Thematik befasst, die ich schon seit meiner eigenen Kindheit nicht mehr in einem Jugendroman vorgefunden habe.


    Tim ist neun Jahre alt und lebt mit seinen Eltern in London. Auf einen seiner Streifzüge zum Konzert des Big Bens lernt er Tony, einen Obdachlosen, kennen. Aus der anfänglichen Angst vor diesem Mann entwickelt sich bald schon eine innige Freundschaft, die vielen Hindernissen strotzt. Trotz vieler Vorurteile kann er sogar seine Eltern von Tony überzeugen. Zusammen mit seiner Familie versucht er dem außergewöhnlichen Mann zu helfen, und lässt dadurch Welten aufeinanderprallen.


    Schon der Klappentext dieses Werkes macht neugierig, da ich persönlich das Thema wichtig empfinde. Gerade in der heutigen Zeit kann es schnell passieren, dass jemand in die Arbeitslosigkeit rutscht und im schlimmsten Fall auf der Straße landet. Es soll den jungen Lesern diese teilweise heruntergekommenen Personen als ganz normale Menschen zu sehen.


    Leider schreckt die Optik auf den ersten Blick ab. Mit seinen rosa Farben sieht es auf den ersten Blick nach einem Mädchen-Buch aus. Als Mutter, aber auch als Leseratte wirken so schlichte Cover auf Kinder abschreckend. Ein hübsches Bild und sei es nur ein Bild von London wirkt definitiv ansprechender.
    Der äußere Eindruck täuscht jedoch oft. Dementsprechend ging ich davon aus, dass dies vom Autor beabsichtigt war, um seinen Lesern den Inhalt mit seinem Buch ein gute Beispiel bezüglich des „unter die Schale-Sehen“ zu liefern. Die Idee hätte ich gut gefunden. Jedoch war dies gar nicht vom Autor beabsichtigt. Das merkt der Leser beim ersten Blick in das Werk. Hier zeigt sich ganz deutlich, dass es sich um das erste Werk des Autors handelt und noch einiger Überarbeitung bedarf. Seitenzahlen wurden schlichtweg vergessen. Statt einem Deckblatt oder Angaben zum Verlag, Copyright oder Autor, beginnt das Buch sofort. Dies ist einfach sehr ungewöhnlich, aber nicht wirklich schlimm.


    Die Geschichte selbst beginnt mit dem Kennenlernen zwischen Tim und Tony. Wie oben schon erwähnt, finde ich die Handlung und die Grundidee wirklich sehr gelungen. Gerade in Zeiten der Vorurteile ist eine solche Story sehr lehrreich.
    Die Umsetzung ist in meinen Augen auch noch etwas ausbaufähig. Es fängt schon mit der Obdachlosigkeit an. Die Geschichte spielt in London. Für Kinder hätte ich es besser gefunden, wenn die Handlung in Deutschland gespielt hätte. Kaum einer kennt sich mit der Arbeitslosigkeit in England aus und die Infos darüber sind fast gleich null. Es wird zwar erwähnt, dass jemand der seine Arbeit verliert, kaum abgesichert ist, aber wo die Unterschiede zu unserem System sind, gehen nicht hervor. Nicht mal ich als Erwachsene konnte sagen, wie die Unterschiede sind. Hier hätte der Autor einfach mehr aufklären müssen oder ein Land nehmen müssen, wo sich die Eltern / Lehrer besser auskennen.
    Ein weiterer Aspekt ist der Stil des Autors. Er ist kindgerecht und lässt sich sehr leicht lesen. Durch seine breiten Ränder und zahlreichen Kapitel ist es eh sehr schnell und einfach zu lesen. Ich persönlich bekam beim Lesen das Gefühl, dass es sich teilweise um einen guten Schulaufsatz handelt. Das lag daran, dass der Autor eine Sprache zwischen Eltern und Sohn verwendet, die recht künstlich klingt. Ich bin selbst Mutter eines achtjährigen Stiefsohnes und ich würde nie so mit ihm reden. Dadurch wirkt es stellenweise wie ein guter Aufsatz. Für Kinder ist dies aber nicht so auffällig und erleichtert auch schwächeren Lesern ein gutes Verständnis.
    Meine zehnjährige Nichte hat sich bereit erklärt das Buch ebenfalls zu lesen. Sie kam drei Tage später an und war genauso gemischt von ihren Eindrücken her. Die Sprache, die mir aufgefallen war, gefiel ihr sehr gut. Einfach weil es sich dadurch angenehm lesen lässt. Optik und Aufbau fand sie ebenfalls nicht sehr angenehm. Auch sie fragte mich, wie der Unterschied zwischen deutschen und englischen Arbeitslosen ist. Was zeigt, dass auch junge Leser sich diese Frage stellen.
    Was sie allerdings schade fand, war die Tatsache, dass vieles wie im Zeitraffer erzählt wurde. Zwar ist die Geschichte in ihren Augen realistisch und gerade der Schluss war in ihren Augen sehr authentisch gestaltet, aber sie fand, dass auf wesentliche Aspekte hätte mehr eingegangen werden können. Nichtsdestotrotz fand sie die Geschichte so gut, dass sie das Buch in der Schule vorgestellt hat, da sie die Aufgabe hatte, in der neuen Schule ein Buch vorzustellen.


    Was wir beide aber sicher sagen können, ist die Tatsache, dass das Buch sehr lehrreich ist. Der Autor geht detailliert auf Vorurteile und Schwierigkeiten bezüglich Eingliederung ein.


    Der Zielgruppe gefällt das Buch sehr gut, aber es hat halt kleinere Schwächen, die bei einem Erstlingswerk vorkommen können. Nicht mal bekannte Autoren, wie Marion Zimmer Bradley oder Wolfgang Hohlbein haben am Anfang perfekte Werke verfasst. Der Ansatz ist sehr gut und man kann nur hoffen, dass der Autor weitere Jugendbücher schreiben wird, denn auf seinen Ideen und seinem Stil kann er aufbauen.


    Trotz einiger Schwächen kann ich das Buch empfehlen. Die Thematik ist sehr wertvoll und eignet sich aus diesem Grund auch für Schulklassen. Es sollte allerdings immer über dieses Buch diskutiert oder geredet werden, um eventuelle Fragen, die aufkommen, zu klären.