Claudia Puhlfürst - Sensenmann

  • Zum Buch:
    Nach „Ungeheuer“ ist das nun der zweite Band um die Leipziger Journalistin Lara Birkenfeld. In einem leer stehenden Plattenbau wird eine verweste männliche Leiche gefunden – ertränkt in einer Badewanne, in einem Gebäude, in dem schon lange das Wasser abgestellt worden ist. Was ist hier passiert?
    Während Lara und natürlich auch die Polizei ermitteln, erfährt der Leser recht schnell, wer der Täter ist und was seine Motive sind. Matthias, ein ehemaliger Insasse eines DDR Kinderheimes, rächt sich an seinen Peinigern von damals. Die Erzieher haben die Kinder auf verschiedenste Arten gequält und misshandelt und Matthias hat sich vorgenommen, es ihnen jeweils auf die gleiche Art und Weise heimzuzahlen. Er tut dies nicht nur für sich, sondern auch für seine kleine Schwester Mandy, die im selben Heim war und zu der er seitdem keinen Kontakt mehr hat.
    Lara Birkenfeld will einen Artikel über die erste Leiche schreiben und kommt so in Kontakt mit dem Fall. Außerdem muss sie sich gegen ihren schmierigen Kollegen Tom durchsetzen, der ihr in der Redaktion immer gerne dazwischen funkt.
    Aber Lara hat durch ihre Gabe, eine Art Visionen von aktuellen Taten, einen großen Vorteil. Mit Hilfe eines befreundeten Psychologen und des Fotografen Jo versucht Lara, die Geheimnisse zu entschlüsseln.


    Meine Meinung:
    Obwohl Täter und Motiv so klar zu sein scheinen, führt die Autorin den Leser auf eine wilde Reise voller Vermutungen und falscher Fährten – so offensichtlich wie es anfangs scheint, ist die Geschichte eben doch nicht.
    Ein spannendes Buch voller psychologischer Feinheiten. Als Leser kann man schnell nachvollziehen, was den Täter antreibt. Aber es hat mich etwas gestört, dass diese Art der Selbstjustiz offensichtlich von kaum einer der handelnden Personen verurteilt oder in Frage gestellt wird. Erst gegen Ende gibt es einmal eine entsprechende Aussage.
    Die detaillierten Beschreibungen von Gewalt und Folter haben selbst mich als geübten Krimileser das eine oder andere Mal vor Ekel und Entsetzen zusammenzucken lassen. Wenigstens werden die Missbrauchstaten nur angedeutet, da kann sich jeder selbst in der Phantasie ein grauenvolles Bild von machen.
    Die Polizei blieb mir etwas zu untätig bzw. wurden die Handlungen der Ermittler eben nur indirekt und nicht allzu detailliert beleuchtet. Aber gut, die Hauptperson ist ja die Journalistin.
    Laras Visionen waren mir teilweise zu sehr an den Haaren herbeigezogen – warum spürt sie ausgerechnet bei diesen Fällen eine Verbindung? Tagtäglich geschehen Verbrechen, sicher viele davon auch in ihrer unmittelbaren Umgebung und sie landet ausgerechnet im Kopf dieses Täters und seiner Opfer?
    Kinderheime scheinen alle eine Brutstätte des Bösen zu sein, egal in welchem Land. Persönlich kann ich das nicht beurteilen, aber die Darstellung hier kam mir doch sehr einseitig vor.


    Insgesamt ein spannendes Buch, das mich aber aufgrund der genannten Punkte nicht restlos überzeugen konnte.

  • Sensenmann - Claudia Puhlfürst



    Ein Fernsehbericht, in dem es um grausame Funde in einem Kinderheim auf Jersey geht, löst bei Matthias Hase die lange verdrängte Erinnerung an seine eigene Kinderheimzeit aus. Plötzlich kehren die fiesen Spielchen der Erzieher und ihre ganz speziellen Methoden, die ihnen anvertrauten Kinder einzuschüchtern und zu misshandeln, mit aller Macht in sein Gedächtnis zurück. Matthias beginnt einen grausamen Rachefeldzug. Er sucht seine alten Peiniger auf und zahlt ihnen die erlittenen Grausamkeiten mit gleicher Münze heim.


    Obwohl die Berichterstattung über einen rätselhaften Mord in einer Plattenbausiedlung in das Ressort der Journalistin Lara Birkenfeld fällt, setzt ihr Kollege Tom alles daran, sie aus dem Rennen zu werfen. Er kämpft mit unfairen Mitteln und reißt den Artikel an sich. Da Lara ihm nicht kampflos das Feld überlassen möchte, beginnt sie, ohne Toms Wissen, mit eigenen Recherchen. Plötzlich wird die junge Journalistin von kurzen Visionen heimgesucht, die sie nicht einordnen kann. Der Zeitpunkt dafür ist denkbar ungünstig, denn Lara braucht all ihre Kraft, um ihren Job gegen den Kollegen zu verteidigen...



    Meine Meinung



    Nach "Ungeheuer" ist dieser Thriller der zweite Band, in dem die Journalistin Lara Birkenfeld der Spur eines Serientäters folgt. Da die Handlungen in sich abgeschlossen sind, können sie unabhängig voneinander gelesen werden. In diesem zweiten Band gibt es kurze Rückblicke in das Geschehen des ersten Teils. Diese verraten jedoch nicht zu viel, sodass man ihn noch gespannt lesen kann, wenn man bereits den Folgeband kennt.


    Das Buch beginnt mit einem Prolog, in dem man verfolgt, wie eine Leiche aufgefunden wird. Claudia Puhlfürst beschreibt bereits diese Szene so anschaulich, dass man sich an den grausigen Fundort versetzt fühlt, das Summen der Fliegen im Ohr hat und beinahe meint, den ekelhaften Geruch der Leiche wahrzunehmen. Durch diesen intensiv geschilderten Einstieg ist das Interesse am weiteren Verlauf der Handlung sofort geweckt. Der Thriller besteht aus verschiedenen Handlungssträngen. In dem einen beobachtet man Matthias Hase bei seinem Rachefeldzug. Betroffen verfolgt man seine Erinnerungen an die Zeit im Kinderheim und kann dabei kaum fassen, dass erwachsene Menschen wehrlosen Kindern so grausame Dinge antun können. Auch diese Szenen werden von Claudia Puhlfürst so intensiv beschrieben, dass man das Entsetzen der Kinder förmlich spüren kann. Obwohl man Matthias Rachefeldzug sicher nicht tolerieren darf, wächst beim Lesen der damaligen Misshandlungen und Demütigungen, die Wut im Bauch und das Verständnis für Matthias Handeln. Der Täter und die Beweggründe für seine Vergeltungsmaßnahmen scheinen von vornherein klar, doch der Autorin gelingt es meisterhaft, falsche Fährten auszulegen, denen man nur allzu bereitwillig folgt und mit einer unerwarteten Wendung zu überraschen. Die Spannung ist von Anfang an gegeben und bleibt durchgehend erhalten.


    In einem weiteren Handlungsstrang geht es um die Journalistin Lara Birkenfeld, die sich gegen ihren intriganten Kollegen Tom behaupten muss. Er hat es auf Laras Ressort abgesehen und reißt sich deshalb die Berichterstattung über die "Plattenbauleiche" unter den Nagel. Dabei gelingt es ihm, sich beim Chef ins rechte Licht zu rücken und Lara mit seinem Verhalten zu unüberlegten Handlungen zu verleiten. Doch Lara hat nicht vor, ihm ihren Arbeitsbereich kampflos zu überlassen und beginnt deshalb auf eigene Faust zu recherchieren. Die Protagonistin Lara wirkt sehr sympathisch. Man leidet beim Lesen mit ihr, fühlt förmlich, wie ungerecht sie behandelt wird und kann ihre Wut im Bauch uneingeschränkt nachvollziehen. Die Figuren wirken ziemlich lebendig und deshalb fällt es leicht, sich vollkommen auf die Handlung einzulassen. Lara hat gelegentlich Visionen, die sie allerdings nicht richtig zuordnen kann. Diese führen zwar dazu, dass die Handlungsfäden sich harmonisch miteinander verweben, doch leider nehmen sie der sonst so spannenden und fesselnden Erzählung etwas von ihrer Glaubwürdigkeit. Im Verlauf der Handlung lernt Lara eine Mitarbeiterin vom Jugendamt kennen. Mit Maria Sandmann kommt nun ein weiteren, facettenreicher Handlungsstrang hinzu, der neue Rätsel aufgibt.


    Der Schreibstil von Claudia Puhlfürst ist flüssig und angenehm lesbar. Sie schafft es, die unterschiedlichen Handlungsorte und Persönlichkeiten so detailliert und lebendig zu beschreiben, dass man sich nur schwer vom Gelesenen lösen kann. Obwohl die polizeilichen Ermittlungen eher im Hintergrund stehen, fesselt dieser Thriller von der ersten bis zur letzten Seite. Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint.


    "Sensenmann" hat mich durch eine durchgehend spannende und fesselnde Handlung überzeugt. Obwohl ich sehr viele Thriller lese, war die Auflösung für mich erst spät zu erahnen und selbst da war ich von meinen vagen Vermutungen noch nicht überzeugt. Es ist der Autorin gelungen, mich in die Irre zu führen und mir einige hochspannende Lesestunden zu bereiten. Ich vergebe vier von fünf Bewertungssternen und eine klare Leseempfehlung. Den einen Stern ziehe ich ab, da Laras Visionen für mich etwas zu unglaubwürdig waren. Dennoch werde ich mir auch "Ungeheuer", den ersten Band mit der sympathischen Journalistin, gönnen und hoffe außerdem auf weitere Fortsetzungen.





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  • Inhalt:
    Matthias Hase wird an seine schreckliche Vergangenheit als Kind in einem Heim erinnert. Die Erinnerungen werden so übermächtig stark, dass eines Tages sein Unterbewusstsein die Kontrolle über ihn übernimmt und nur noch eins kennt, Rache für grausame Taten an unschuldigen Kindern.


    Gleichzeitig wird in einem zum Abriss freigegebenen Plattenbau eine Leiche gefunden. Die Situation, in der sie aufgefunden wird hat eine bestimmte Bedeutung, die aber zunächst nur ein einziger versteht: Matthias Hase.


    Die Journalistin Lara Birkenfeld ist auf diesen Fall angesetzt und als sie auch noch merkwürdige Halluzinationen heimsuchen, lässt der Fall sie gar nicht mehr los.


    Meine Meinung:


    Wunden der Vergangenheit
    Mit dem Thema Kindesmissbrauch hat Claudia Puhlfürst ein sehr sensibles Gebiet der näheren deutschen Vergangenheit angefasst, welches aktueller den je ist. Wir alle kennen die aufrüttelnden Berichte im TV, haben Opfer genau solcher Misshandlungen in Kinderheimen gesehen, gehört, was sie erlebt haben, gelesen. Und dann lesen wir es hier, verpackt in einem mehr als tief gehenden Thriller. Ein Opfer nimmt Rache, verübt Selbstjustiz, die Schuldigen wurden nie angeklagt, sind davon gekommen, doch damit soll Schluss sein. Und er weist auch die Richtung, warum diese Menschen sterben müssen, büßen müssen. Doch erkennen das erst einmal nur Mittäter, was sie aufschreckt, als sie erkennen müssen, was da geschieht.


    Auch sehr schön, dass eine Journalistin, deren Berufsstand in den letzten Jahren ja doch sehr zu leiden hatte, hier in dem Fall eine von den „Guten“ ist, sehr menschlich dargestellt wird und selbst mit einer Gabe zu kämpfen hat, die oftmals auch ein Fluch sein kann, denn sie „sieht“ in diesen Halluzinationen, was passiert mit den Mordopfern.


    Es gab ungefähr zur Hälfte des Buches für mich mal eine Durststrecke, wo ich kurz davor war, das Buch abzubrechen. Aber nur ganz kurz. Danach nahm die Geschichte enorm an Fahrt auf und ich war gefangen. Gefangen von den Greueltaten, gefangen im aufflammenden Verständnis für Matthias Hase, der ja Selbstjustiz verübt, was man eigentlich nicht gutheißen kann, aber ich konnte mich dennoch nicht dagegen wehren.


    Alles in Allem hat mir das Buch sehr gut gefallen, wieder eine deutsche Autorin, die ich definitiv im Auge behalten werde, weitere Bücher lesen werde. Es ist kein Splatter-Thriller im amerikanischen Stil, schon sehr auf Tiefgang bedacht, mit dem hochaktuellen Thema des Kindesmissbrauchs und dem Umgang der Justiz damit. Ich würde es also schon weiterempfehlen, wenn man sich dessen bewusst ist, genau wie so manch brutaler Szenerie, die aber nicht effektheischerisch benutzt wird, sondern zur Untermalung der Gefühle des eigentlichen Opfers und seiner Ohnmacht.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Liebste Grüße
    Die Bine
    Nilis Bücherregal


    Ich lese gerade: Alexa Hennig von Lange "Der Atem der Angst"/Aileen P. Roberts "Elvancor 1"/Gabriela Gwisdek "Nachts kommt die Angst"
    Mein RuB JETZT: 385

  • Ich habe mir dieses Buch aufgrund der guten Amazonrezessionen gekauft.
    Ich finde es ist eher durchschnitt. Anfangs liest es sich ganz gut, doch zur Mitte hin wiederholt sich alles immer und immer wieder. Und das Ende bzw. DIe Auflösung finde ich völlig bescheuert. Allerdings ist es ein angenehmer Schreibstil, es liest sich gut. Ist aber auch nicht herausragend gut. DURCHSCHNITT!

    "Aber sie hatten einander damals völlig natürlich verstanden und angenommen. So vollständig, dass es beinahe ein Wunder war"