Manu Larcenet – Grasse carcasse / Masse

  • Original: Französisch, 2009
    Genre: BD/Comic


    ZUM INHALT:
    Zu Beginn des Buches finden wir die Hauptperson Polza Mancini schon im Gefängnis, eines Verbrechens an einer Carole angeklagt, das er anscheinend gar nicht beim folgenden Polizeiverhör abstreiten will. Was er aber verlangt ist die Zeit, seine Geschichte erzählen zu dürfen. Und auch wenn wir bis zum Ende des Buches etwas frustrierend nicht erfahren werden, wohin ihn denn nun sein Weg konkret noch geführt hat, folgen wir ihm von der Kindheit an: Früh von der Mutter verlassen begleiten er und sein Bruder den Vater auf seinen LKW-Reisen und schwänzen die Schule. Er träumt, entgegen seiner anderen physischen, „kompakten“ (!) Veranlagung, wie der starke Vater zu werden. Ohne Chance. Später wird er Sylvie heiraten, die ihn als erste Frau so akzeptierte wie er war. Als sein Vater, der Bewunderte, im Sterben liegt, kommt in ihm alles ins Rollen: Alles verlassen, sich jenen Momenten widmen, in denen auch er, trotz aller Beleibtheit, zu fliegen anfängt. So wird er Landstreicher, nicht Obdachloser, quasi aus Berufung. Er trifft auf andere Außenseiter, doch sondert sich auch da ab. Alkohol, Medikamente und vielleicht eine Veranlagung zur Halluzination, zur Verrücktheit lassen ihn ab und zu abheben...


    BEMERKUNGEN:
    Nachdem ich Larcenet mit „Der alltägliche Kampf“ (siehe: Manu Larcenet - Der alltägliche Kampf 01: BD 1 )kennen- und zutiefst schätzen gelernt hatte, griff ich mit Vorfreude zu einer anderen Reihe, Blast, und dem ersten Band, „Grasse carcasse“, also so etwas wie „Fette Tonne“, „Dickes Gestell“.


    Offensichtlich scheint es hier nicht um einen puren Moment zu gehen, in dem es um ein Ja oder Nein zu einer Tat geht, sondern um eine Geschichte, die irgendwie dahin führte. Frustrierend, dass dieser Teil am Ende der Geschichte, immerhin zweihundert Seiten, im Leeren endet, offen ist. Doch Polza geht es ja um seine Geschichte, seinen Werdegang, und den sollen sich die Polizisten mal anhören. Diese sind eher drauf aus, irgendwelche Drahtzieher ausfindig zu machen. Kaum zu vermuten bei Polza, es sei denn die Auslöser Alkohol, Medikamente und eine Veranlagung?! Zusammen mit Schockerlebnissen führt dies zu seltsamen Momenten der Dichte und des Glücks, eines „Blasts“. Oft gehen wir zwischen Realität und Phantasie in diesen Seiten.


    Von der Textmenge war das Buch nicht so „voll“ wie „Le combat ordinaire“, doch wir finden erneut eine Dichte und Poesie, die diesen Comic zu mehr macht als eine pure Unterhaltung.


    Künstlerisch war ich überrascht, dass Larcenet hier wieder anders die Bilder, den Comic gestaltet. Fast durchwegs in schwarz-weiß-grau gehalten, nach meiner Vorstellung zumeist Tusche und nach Art der chinesischen Tuschezeichnung gezeichnet?!
    Angesichts seiner bisherigen Erfolge und auch schon Übersetzungen ins Deutsche ist es wohl nur (?) eine Frage der Zeit, bis der deutsche Leser diesen Band in seiner Sprache kennen lernen kann.


    Interview mit dem Autor (auf Französisch): http://www.bodoi.info/magazine…oc-de-manu-larcenet/25402


    ZUM AUTOR:
    Emmanuel "Manu" Larcenet wurde am 6. Mai 1969 in Issy-les-Moulineaux, Frankreich, geboren. Er studierte Grafik und Angewandte Kunst und versuchte sich mit einigem Erfolg als Sänger einer Punk-Rock-Band. Erste Zeichnungen veröffentlichte Larcenet folgerichtig in Musik-Fanzines, bevor er 1994 seine professionelle Comic-Karriere mit Kurzgeschichten für das Magazin "Fluide Glacial" begann. Ab 1997 folgten Veröffentlichungen im belgischen "Spirou"-Magazin. Larcenets enorme Produktivität schlägt sich in mehr als 30 Comic-Alben nieder, die er seither ­ sowohl allein als auch in Zusammenarbeit mit diversen Autoren und Zeichnern ­ vorgelegt hat.
    (siehe auch: http://fr.wikipedia.org/wiki/Manu_Larcenet )

  • Deutsche Übersetzung für April!


    Kurzbeschreibung bei Amazon:
    Ein Mann steht unter Mordverdacht: Unförmig und abgerissen ist er, dieser Polza Manzini, der im Polizeiverhör freimütig seine Geschichte erzählt. Eine Geschichte der Verwahrlosung. Jahrelang ist er über Land gezogen, nachdem er sein bürgerliches Leben über Bord geworfen hatte, um das zu suchen, was er den Blast nennt einen Moment der Erleuchtung, der ihn in Grenzregionen des Verstandes führt. Die Sehnsucht nach dem nächsten Blast scheint Polza zu allem zu befähigen Auch dazu, einen Menschen zu töten?

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Manu Larcenet – Blast, Bd 1: Grasse carcasse“ zu „Manu Larcenet – Grasse carcasse / Masse“ geändert.
  • Von der Textmenge war das Buch nicht so „voll“ wie „Le combat ordinaire“, doch wir finden erneut eine Dichte und Poesie, die diesen Comic zu mehr macht als eine pure Unterhaltung.

    Es ist erstaunlich, wie man mit so wenig Worten dennoch so viel ausdrücken kann.

    Das Gezeichnete ist ungewöhnlich und düster, manches ist grotesk und überzeichnet. Auch der zweite Teil endet offen. Man muss wohl wirklich die beiden Folgebände (es sind doch insgesamt vier, oder?) lesen, um zu erfahren, ob der übergewichtige Mancini ein Mörder ist oder nicht.

    Eine sehens- und lesenswerte Graphic Novel über die Abgründe der menschlichen Existenz ist es allemal.