Emmanuel Lepage, Sophie Michel - Oh, diese Mädchen!

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    Früher hatten wir in unserer Chemnitzer Bahnhofsbuchhandlung eine wirklich gut sortierte Comic-Abteilung. So waren wir oft dort und begannen auch mit der Sammlung der einen oder anderen Serie. Doch leider verkümmerte unsere Sammlung in den letzten Jahren genauso, wie die entsprechende Abteilung der Buchhandlung. Nichtsdestotrotz reizen mich sogenannte Graphic Novels noch immer.


    Als auf einer von mir mittlerweile sehr oft besuchten Website „Oh diese Mädchen“ als Neuerscheinung vorgestellt wurde, konnte ich mich der Lese- und Schauprobe nicht entziehen. Was ich sah, gefiel mir sehr. So hinterließ ich meinen Eindruck, um in den Lostopf für die 3 Freiexemplare zu gelangen und hatte Glück. Kurze Zeit später traf der Comic bei ein und ich konnte mich an der gesamten Geschichte erfreuen.


    Freundschaft


    Am Anfang des Comics finde ich mich an verschiedenen Orten wieder, an denen jeweils ein eigentlich freudiges Ereignis geschieht. Die Geburt. Und doch verlaufen die Geburten der späteren Protagonistinnen sehr unterschiedlich ab. So schleppt sich Chloés Mutter allein, mit letzter Kraft, in ein Pariser Geburtshaus und heißt ihr kleines Irrlicht trotz allem herzlichst willkommen. Hunderte Kilometer weit weg, wird von einer moslemischen Familie die Geburt der kleinen Leila freudig begrüßt. Nur die kleine Agnes, der es materiell an nichts fehlt, wird sofort an ein Kindermädchen abgeschoben.


    Als Leila 5 Jahre alt ist, kommt sie mit Mutter und Bruder nach Paris. Der Vater ist schon länger dort. Schon am Flughafen macht sie erste Bekanntschaft mit Beamtenwillkür und Vorurteilen gegen Araber. Im Laufe ihrer Kindheit und Jugend wird sie immer wieder damit konfrontiert werden. Doch es gibt auch positive Erlebnisse. Leila und ihre Familie wohnen im gleichen Haus wie Chloé und ihre Mutter. Zwischen den Erwachsenen entwickelt sich genau so eine tiefe Freundschaft, wie zwischen den beiden Mädchen. In der Schule lernen sie Agnes kennen. Agnes, die sich so sehr nach der Zuwendung ihrer Eltern sehnt und doch immer wieder „nur“ mit ihrem Kindermädchen vorlieb nehmen muss.


    Ich begleite in dieser bebilderten Geschichte das Leben der 3 jungen Mädchen, die eine tiefe Freundschaft verbindet, von ihrer Geburt bis zum Ende der Schulzeit und darüber hinaus. Trotz unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Träumen von der Zukunft und teilweise auch unterschiedlichen Ansichten vom Leben, kann ihre Freudschaft nichts erschüttern.


    Realistisch und sozialkritisch


    Sowohl zeichnerisch, als auch inhaltlich hat mich die Geschichte um die tiefe Freundschaft der drei Mädchen stark beeindruckt und von Anfang bis Ende mitgerissen. Freud und Leid, kleine und große Probleme wurden ausdrucksstark in Bild und Text umgesetzt. Je nach Geschehen, hell und freundlich oder auch etwas düsterer traurig. Die Charaktere sind treffend gezeichnet, der Wiedererkennungswert der Figuren ist auch ohne den Text stets gegeben. Die Stimmungen der Protagonisten sind jeweils klar zu deuten.


    Die Aufmachung des Comics ist edel. Gebunden, mit bedrucktem und foliertem Cover, hätte es des Schutzumschlages eigentlich gar nicht mehr bedurft. Die Kolorierung ist in eher sanften Aquarellfarben gehalten, die auf dem matten, etwas stärkeren Bilderdruckpapier genau richtig zur Geltung kommen.


    Alles in allem eine Grafik Novel, die es verdient, in unsere Sammlung aufgenommen und immer mal wieder zu Gemüte geführt zu werden.


    Eine Vorschau/Leseprobe von „Oh diese Mädchen!“ findet man auch auf der Produktseite des Verlages. Einfach auf folgendem Link das erste Bildchen anklicken und dann auf „Next“. http://www.splitter-verlag.eu/oh-diese-madchen.html
    Auf der Verlagsseite sind auch ein paar wenige Infos zu Autorin und Zeichner zu finden.


    Originaltitel: Oh les filles!
    Übersetzung: Tanja Krämling
    Illustration: Emmanuel Lepage
    144 Seiten


    Für 19,80 € im deutschen Buchhandel erhältlich. Allerdings haben wohl die wenigsten Buchhandlungen eine Comicabteilung in der das Buch gleich vorrätig ist.


    Der Comic wurde mir ja direkt vom Splitter Verlag zugeschickt. Geschickter weise haben die Versender auch gleich den Neuheiten Katalog mit beigelegt. Was soll ich sagen, ich glaube die Zeiten, in denen unsere Comic Lust verkümmerte, sind vorbei.