Charlie Huston - Die Plage/ Sleepless

  • Kurzbeschreibung (von Amazon.de):
    Eine bessere Welt. Das war alles, was Parker Haas wollte, als er dem Los Angeles Police Department beitrat. Doch die Welt ändert sich und versinkt im Chaos. Eine Seuche greift um sich und führt bei zehn Prozent der Weltbevölkerung zu akuter Schlaflosigkeit. Mit verheerenden Folgen: Die Menschen drehen der Reihe nach durch. Nur ein Medikament namens Dreamer hilft gegen die Qualen. Und das will jeder haben...


    Über den Autor (von Amazon.de):
    Charles Huston ist Roman-, Comic- und Drehbuchautor. "Der Prügelknabe" war der Auftakt einer Trilogie um den liebenswerten Verlierertypen Hank Thompson. Die Filmrechte wurden nach Hollywood verkauft. Für den zweiten Band der Trilogie – "Der Gejagte" – wurde Huston für den wichtigsten amerikanischen Krimipreis, den Edgar Award, nominiert. Mit "Stadt aus Blut" startete Huston seine auf fünf Bände angelegte Vampirserie um Privatdetektiv Joe Pitt. "Killing Game" war sein erster Stand-Alone-Roman. Der Autor lebt mit seiner Frau, der Schauspielerin Virginia Louise Smith, in Los Angeles.


    Handlung:
    Die Seuche kam schleichend über die Menschheit. Zunächst fälschlicherweise für eine seltene Art der Schlaflosigkeit gehalten, werden mehr und mehr Menschen von der SLP abgekürzten Krankheit befallen. Man kann nicht mehr schlafen, erlebt dadurch die traumreichen REM-Schlafphasen in wachem Zustand, was letztendlich zum Verlieren des Verstandes und schließlich unweigerlich zum Tod führt. Die Wirtschaft, die Gesellschaft, das ganze Leben wie wir es kennen, scheint langsam zu Grunde zu gehen. Der Drogenmarkt floriert, die Staatsgewalt versucht so gut es geht, unsere Gesellschaft aufrecht zu halten. Wie aus dem Nichts erscheint ein Silberstreif am Horizont, ein Heilmittel gegen SLP namens „Dreamer“, entworfen durch den Pharmakonzern Afronzo New Day Pharma. Doch der Schein trügt, denn die Produktion kann bei Weitem nicht die Nachfrage decken. Der aufrechte Polizist Parker Haas, dessen Frau von der Krankheit betroffen ist, wird als verdeckter Ermittler auf die Straße geschickt um einen eventuellen Schwarzmarkt mit dem begehrten Wirkstoff aufzudecken. Nach einiger Zeit entdeckt er auch schon erste Spuren, aber es hat sich schon ein eiskalter Killer an seine Fersen geheftet.


    Meine Meinung:
    Die Krankheit SLP und deren Verlauf wird sehr erschreckend beschrieben obwohl sie nicht ganz allein am Zusammenbruch der Ordnung Schuld zu sein scheint. In den Erzählungen wie alles begann ist beilebe nicht der ansonsten für Endzeitbücher typische extreme, meist schnell vonstatten gehende Verfall der Welt vorherrschend, sondern ein schrittweiser Zusammenbruch, der sehr realistisch anmutet: Konzernpleiten, Staatsbankrotte, Abschottung ganzer Länder, das Suchen von Sündenböcken, falsche Versprechung und Nutznießer an der Katastrophe.


    Diese Beschreibungen, die mir am besten gefallen haben, sind größtenteils leider nur zu Beginn der Geschichte zu finden und werden später immer mal wieder kurz angeschnitten. Später verliert sich die Handlung eher in persönlichen, für die eigentliche Handlung irrelevanten Erlebnissen und uninteressanten Details. Speziell die Waffentechnik diverser Handfeuerwaffen wurde für meinen Geschmack viel zu ausführlich beschrieben. Der Autor wird teilweise recht ausschweifend und langatmig, so dass die abwechselnd in 3 Erzählstilen (aus Parks Sicht (in der 3. Person und sein Tagebuch) und in der Ich-Form aus der Sicht des anfangs noch namenlosen Killers) abgehandelten Kapitel nicht unbedingt zu einem angenehmen Leseerlebnis wurden. Eins muss ich Charlie Huston allerdings zu Gute halten: Er hat es geschafft, den Killer als einen der gefährlichsten Menschen, der mir je in Büchern begegnet ist, rüberzubringen.


    Es wird ein sehr düsteres und abstoßendes Bild von der Umgebung projiziert, die Moral scheint völlig am Boden und Menschen mit gutem Charakter scheint es so gut wie gar nicht mehr zu geben. Ich hatte oft das Gefühl, dass dies vor allem die Schattenseiten von Los Angeles, ganz unabhängig von der im Buch herrschenden Krankheit, rüberbringen soll: Die Stadt der geplatzten Träume, Schein ist mehr wert als Sein, Drogen, Gewalt. Vieles kam dann durch die Plage noch stärker zum Tragen, was sich u.a. in kranker Kunst (z.B. Plastiken, die aus überfahrenen Tieren erstellt werden) oder in die Realität ersetzenden Online-Rollenspielen widerspiegelt.


    Der Schreibstil von Charlie Huston ist sehr ironisch und sarkastisch. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das nicht jedermanns Sache ist. Ich war anfangs etwas ratlos deswegen, habe mich irgendwann aber daran gewöhnt. Das Gelbe vom Ei war die Sprache des Autoren für mich jedenfalls nicht.


    Sämtliche vorkommenden Personen wirkten alles andere als sympathisch, auch nicht die, denen man eigentlich die Daumen drücken sollte. Desöfteren habe ich mich gefragt ob denn irgendwann wenigstens ein einziger halbwegs normaler Mensch in der Geschichte vorkommt. Aber irgendwie war jeder auf gewisse Weise abgedreht und seltsam und sämtliche Dialoge hatten diesen sarkastischen Unterton. Trotz allem wirkte manches dann auch wieder erschreckend realitätsnah, wenn auch vielleicht etwas zu übertrieben dargestellt, z.B. der leichtfertige Gebrauch von Drogen oder der geldbringende Handel mit Objekten aus Online-Rollenspielen.


    Fazit:
    Vielversprechender Klappentext, gute Idee, aber leider mal wieder nicht zufriedenstellend umgesetzt. Diese Mixtur aus einer im Sterben liegenden Welt, Online-Rollenspielen und einem handelsüblichen Killer/Cop/Verschwörungs/Action-Geplänkel hat nicht funktioniert.
    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

  • Danke für die sehr zutreffende, beinahe noch milde Kritik, Kapo.


    Kommt bei mir nur selten vor, dass ich ein Buch halbgelesen stoppe. Hier war´s der Fall.
    Denn ganz richtig stellst Du fest, dass der Storyrahmen einiges hergibt: eine anbrechende Dystopie, Zerfall der Gesellschaften, Drogen, Internetspiele - ein interessant klingendes Potpourri. Nur leider begleitet von so derart typischen US-Action-Abziehbild-Helden, exzessiver Aufzählung von Waffen und angereichert mit sprachlichen Dummheiten (in einer Zigarettenrauch geschwängerten Disko riecht unser Held natürlich auch das Kirsch-Lipglos der anwesenden Damen heraus...höhö!), dasses einfach schwachsinnige Zeitverschwendung ist.


    Schade, denn ich mag als Unterhaltung ganz gern mal ein Endzeit-Szenario lesen. Aber das hier dann doch nicht.


    P.s. witzig, Deine Rezesion erschien fast auf den Tag genau vor 3 Jahren. Happy Birthday.

    Es gibt keine grössere Einsamkeit als die des Samurai. Es sei denn die des Tigers im Dschungel

  • Interessante Story, aber leider doch nicht sonderlich überzeugend, wenn ich dein rezi so lese, Kapo. Von dem Buch werde ich dann wohl auch die Finger lassen. Schade, denn der Klappentext klang wirklich ganz interessant.