Karin Fossum - Böser Wille

  • Klappentext:
    Drei Freunde, Jon, Axel und Philip, machen einen Wochenendausflug ins Gebirge. Doch nur zwei kehren zurück. Während einer Bootsfahrt im Waldsee fällt Jon ins Wasser – und ertrinkt. In Panik überredet Axel Philip, die Polizei erst am nächsten Morgen zu informieren. Jon sei nachts alleine losgezogen und nicht zurückgekehrt, behaupten sie. Doch Jons Leichnam wird schon bald aus dem See gefischt. Und kurze Zeit später taucht in einem anderen Waldsee eine weitere Leiche auf.(von der Verlagsseite kopiert)


    Zur Autorin:
    Karin Fossum, geboren 1954 in Sandefjord/Norwegen, lebt in Sylling bei Oslo. Ihre international erfolgreichen Romane um Kommissar Konrad Sejer sind vielfach preisgekrönt und wurden fürs Kino und Fernsehen verfilmt. In Deutschland erschienen von ihr unter anderem »Stumme Schreie«, ausgezeichnet mit dem Los Angeles Times Book Award 2008, »Dunkler Schlaf«, »Schwarze Sekunden«, von der Schwedischen Akademie mit dem Preis des besten ausländischen Kriminalromans ausgezeichnet, und zuletzt »Wer anders liebt« und »Böser Wille«. (von der Verlagsseite kopiert)


    Allgemeines:
    Originaltitel: De onde viljen
    Aus dem Norwegischen übersetzt von Gabriele Haefs
    223 Seiten
    gegliedert in unbetitelte, mit * voneinander abgesetzte Abschnitte


    Inhalt:
    Jon, Axel und Philip sind seit ihrer Kindheit befreundet; sie verübten ihre Jugendtorheiten gemeinsam und halten trotz ihrer Verschiedenheit heute noch engen Kontakt: Axel, der smarte, erfolgreiche, mit allen Wassern gewaschene Wortführer des Trios, Philip, der Mitläufer, der Drogenkonsument und Minijobber und der sensible, nachdenkliche Jon.
    Etwas muss passiert sein, das Jon psychisch so mitgenommen hat, dass er wegen Depressionen in einer Klinik behandelt wurde. So scheint es für Axel und Philip zunächst ein Leichtes, den Bootsunfall als Selbstmord darzustellen. Aber Kommissar Konrad Sejer glaubt ihnen nicht.


    Eigene Meinung / Beurteilung:
    Eine Leiche und ein Kommissar machen noch keinen Krimi, wie dieses Buch beweist. Es geht nicht um die Entlarvung eines Täters – der Leser ist ohnehin ab der ersten Seite informiert, was geschieht – sondern um Schuld, um den Umgang mit einem schlechten Gewissen, um Treue zu sich selbst und seinen Werten.
    Jons Tagebuch wird entdeckt und beweist, dass die drei Freunde in einen Vorfall verwickelt sind, der sich nicht wieder gut machen lässt und der schwer auf Jons Seele lastete. Dann wird eine zweite Leiche gefunden, und Sejer nimmt den Fall eines verschwundenen Jungen wieder auf.


    Eine einzige Lüge zwingt dazu, ein ganzes Lügengebäude zu errichten und jedes Wort zu kontrollieren; sie tötet jede Unbeschwertheit, durchzieht den gesamten Alltag mit quälenden Gedanken und macht die Mitwisser voreinander abhängig. So erlebt es Philip. Anders Axel, der das Geschehene widrigen Umständen zuschiebt und sich seines Charmes und seines Selbstbewusstseins sicher ist, um sich aus prekären Situationen zu lavieren.
    Was ich ansatzweise bei Mankell und immer wieder bei Fossum gefunden habe: Das Mitleid mit dem Opfer und seiner Familie. Es tut beim Lesen geradezu weh, dass es ausgerechnet DIESE Person oder DIESE Angehörigen getroffen hat. Die Autorin entwickelt dazu Figuren, die im realen Leben den Schutz anderer Menschen brauchen, das einzige Kind seiner Mutter ("Schwarze Sekunden") oder den Fremden, der sich vertrauensvoll seiner neuen Heimat nähert ("Stumme Schreie"). Im vorliegenden Buch greift sie auf beide Motive zurück.


    Konrad Sejer und Jacob Skarre, das Ermittler-Duo der Krimireihe, läuft diesmal wie neben der Geschichte her. Im Grund würde sich am Verlauf nichts Wesentliches ändern, wenn sie nicht dabei wären.
    Dem Leser fällts ins Auge, dem Kommissar nicht:


    Auch ein bereits begonnener Spannungseinstieg wird nicht aufgegriffen und wäre eigentlich überflüssig:


    Möglicherweise wird das Buch den einen oder anderen Fan der fesselnden atemberaubenden Fossum-Krimis enttäuschen. Andererseits wird es Lesern gefallen, die sich nicht bevorzugt im Genre des typischen Kriminalromans tummeln.


    Fazit:
    Kein charakteristischer Skandinavien-Krimi, aber wem es eher um die innere Auseinandersetzung von Schuld und Lüge als um Verbrechensaufklärung geht, findet mit „Böser Wille“ einen ansprechenden, leicht lesbaren Roman mit spannenden und emotionalen Passagen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



    Einmal editiert, zuletzt von Marie ()

  • Mir hat das Buch nicht ganz so gut gefallen.


    Auf den ersten Seiten ist schnell klar, dass hier kein Verbrechen aufgeklärt wird, sondern es um den Hintergrund einer Verschleierung eines Verbrechens und deren emotionale Auswirkung auf die Beteiligten. Dieses Thema liegt mir nicht so. Ich mag eher die Aufklärung. So kommen auch die beiden Kommissare nicht ganz so zur Geltung.


    Sehr gut dargestellt sind die Emotionen der Protagonisten und wie unterschiedliche Charaktere mit einem traumatischen Ereignis umgehen.


    Wer sich in erster Linie um die psychologischen Aspekte hinter einem Verbrechen interessiert, dem kann ich das Buch empfehlen. Wer den klassischen Krimi liebt, wird eher enttäuscht sein.

    :flower: Das Leben findet immer einen Weg und blüht pötzlich da wieder auf, wo man es am wenigsten erwartet.