María Cecilia Barbetta: Änderungsschneiderei Los Milagros

  • Kurzbeschreibung (Amazon)
    Nichts ist mehr, wie es war, als die schöne Analía Morán in der Änderungsschneiderei Los Milagros in Buenos Aires auftaucht und in das Leben der jungen Schneiderin Mariana Nalo tritt: Während sie Analías Hochzeitskleid ändert, scheint Mariana immer tiefer in das Leben der anderen einzudringen, das ihr fremd und merkwürdig vertraut ist
    Ein Debüt voller emotionaler Kraft und mitreißender Gefühle um zwei junge Frauen und ein rätselhaftes Wunder namens Liebe.



    Meine Meinung
    Himmel, was für ein mieses Buch! Und ich bin drauf reingefallen!
    Schon vor Monaten ist mir das tolle Cover, die ganze besonders auffällige Gestaltung aufgefallen. Mehrmals bin ich um das Buch herumgeschlichen, aber irgendwann war die Neugierde zu groß. Und ich habe es gekauft.
    Was ich genau erwartet habe, kann ich gar nicht sagen - aber auf jeden Fall nicht das, was ich dann bekommen habe.
    Das Buch beginnt mit der Schneiderin Mariana. Sie arbeitet in der Schneiderei ihrer Tante in Buenos Aires. Eines Tages taucht dort die junge Lehrerin Analías auf. Sie möchte ein altes Hochzeitskleid ändern lassen.
    Ich habe das Buch nach knapp der Hälfte abgebrochen, weil ich den gewollt anspruchsvollen Schreibstil nicht mehr ausgehalten habe. Bis zu dem Zeitpunkt dringt Mariana noch nicht in Analías Leben ein, aber ich hatte genug.
    Die Sätze sind endlos, verschlungen, die Autorin springt hin und her, aber alles ist völlig zusammenhanglos geschrieben. Zumindest habe ich keine Ahnung, wo da der rote Faden sein soll.


    Eine kleine Kostprobe von Seite 6:

    Zitat

    Gekreuzigt, gestorben und begraben / Hinabgestiegen in das Reich des Todes / Unterwegs in einer Großstadt wie Buenos Aires, da sollte man wachsam sein, wegen der vielen Taschendiebe, wegen des Hundekots, dem man ständig auszuweichen hat, wegen der blöden Kaugummis, man könnte ja kleben bleiben, Vorsicht ist angesagt, es gibt Widerlinge, die einem an die Wäsche wollen, oder man selber könnte versehentlich einer älteren Dame auf den Fuß oder den Mantel treten, man könnte an einen Passanten stoßen, der ebenfalls verträumt dahinschlendert, man könnte ausrutschen oder stolpern, über eine Baumwurzel, über einen der eisernen Gullydeckel, auch die sind gefährlich.

    In dem Stil geht es weiter. Und ich habe mich durch die ersten 17 Kapitel gelesen und auf den berühmten platzenden Knoten gewartet. Aber der kam einfach nicht. Stattdessen gab es nur völlig willkürliche Aneinaderreihungen von Textstellen, bei denen ich nicht das Gefühl hatte, das sie irgendwie zusammen gehören. Und je mehr ich gelesen habe, desto mehr hatte ich das Gefühl, das die tolle Aufmachung nur als Beschwichtigung für den Leser sein soll. "Seht her, das Buch ist anspruchsvoll geschrieben, und es hat ein tolles Layout - das MUSS gut sein!" Diese Aussage schrie mir das Buch ständig entgegen. Aber das reicht nicht für ein gutes Buch, auch der Inhalt muss dazu passen. Und das tat es hier nicht. Da nützen schwarz gefärbte Seiten, unterschiedliche Buchstabengrößen und Werbeanzeigen nichts.
    Leider habe ich in letzter Zeit das Gefühl, das viele Verlage ein mittelmäßiges Buch mit einer tollen Gestaltung aufwerten wollen. Schon als ich letztes Jahr "Die Karte meiner Träume" von Reif Larson (erschien übrigens ebenfalls bei Fischer) gelesen habe, fand ich, das der Inhalt bei weitem nicht mit dem Äußerem mithalten konnte. :-?



    Über den Autor (Amazon)
    María Cecilia Barbetta wurde 1972 in Buenos Aires, Argentinien, geboren, wo sie Deutsch als Fremdsprache studierte. Mit einem DAAD-Stipendium kam sie 1996 nach Berlin und blieb. Seit 2005 ist sie freie Autorin, 2007 bekam sie das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste und nahm an der renommierten Autorenwerkstatt Prosa des Literarischen Colloquiums Berlin teil. »Änderungsschneiderei Los Milagros« ist ihr erster Roman. María Cecilia Barbetta schreibt auf Deutsch.

  • Tja, man kann sich nicht an jeden Kommentar, den man in 10 Jahren hier abgegeben hat, erinnern, und man kann auch nicht jedes schlecht rezensierte Buch, das man meiden wollte, im Kopf behalten.


    Daher habe ich mir dieses Buch aus der Bücherei mitgebracht, weil ich das Cover und die Aufmachung so ungewöhnlich und den Klappentext so interessant fand. Ich habe es nicht abgebrochen, sondern bis zu Ende gelesen.


    Ein bisschen seltsam war es schon ...


    + Die Autorin, obwohl erst 1996 nach Deutschland gekommen, schreibt auf deutsch. Der Roman erschien erstmals 2008. Sie schreibt also in einer Sprache, in deren Umfeld sie erst als 24-jährige zu leben begann. Aber sie ist in der Sprache zuhause, besonders spürbar in den ironischen Passagen, denn Feinheiten der Ironie lernt man in einer fremden Sprache erst relativ spät. Die Wortschöpfungen und ihr Spiel mit der Sprache sind erstklassig. Darüber hinaus stößt man auf lustige Ideen: Ein Gespräch während des Nähens - ein Radio im Hintergrund - in drei Spalten aufgeteilt; Redner, Nähmaschine und Gesprächspartner, Radiosprecher. (Die Gags sind natürlich kein Indiz für literarische Qualität; anscheinend soll der Leser das Ganze nicht so ernst nehmen.)
    + Die Aufmachung. Abgesehen von dem originellen Cover werden die Kapitel voreinander getrennt durch Illustrationen. Das kann ein Foto sein, ein Notenblatt, die Abbildung eines Fahrscheins, ein Gemälde - und alle diese Illustrationen passen zum vorherigen / folgenden Kapitel, beleuchten es ironisch oder vertiefen einen bestimmten Gedanken. In Anlehnung an die Arbeit der Protagonistin und den Titel des Buches werden sie als "Stoffmuster" bezeichnet und jeweils mit einer gestrichelten Linie und einer Schere wie zum Ausschneiden begrenzt.
    + Die Beziehungen der Personen: das Mutter-Tochter-Verhältnis, die von vorneherein zum Scheitern verurteilte Liebe, die Trinkkumpane, die Angestellten in der Schneiderwerkstatt, und ... und


    - Nach ca. zwei Dritteln des Buches habe ich die Handlung aus den Augen verloren.
    - Ich habe die Geschichte nicht verstanden.
    - Ich war froh, als das Buch zu Ende war.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)