Tiziano Terzani - Asien, mein Leben - Die großen Reportagen

  • Herausgegeben von Angela Terzani und Dieter Wild
    Goldmann, Februar 2010, 382 Seiten + 16 Seiten s/w-Fotos


    Klappentext:
    Die besten Reportagen aus der Feder des großen Journalisten Tiziano
    Terzani, der Jahrzehnte in Asien verbrachte und von dort für den
    SPIEGEL berichtete. Wunderbar anschaulich schildert er die großen
    Umbrüche der Politik ebenso wie die Freuden und Nöte des Alltags, das
    Leben der Mächtigen wie der einfachen Leute. Seine Frau Angela Terzani
    und sein ehemaliger Kollege Dieter Wild haben die Auswahl getroffen und
    führen in die Texte ein.


    Inhalt:
    Das Buch ist eine Zusammenstellung von 36 SPIEGEL-Artikel des italienischen Journalisten und Reisenden Terzani aus den Jahren 1975 - 1996 zu Reisen in den Ländern Vietnam, Laos, Kambodscha, China, Nordkorea, Japan, Hongkong und Macao, Phillipinen, Burma/Myanmar, Indien, Sri Lanka und Nepal.


    Die Artikel sind Reiseberichte, Schilderungen aktueller gesellschaftlicher und politischer Lagen und persönliche Erlebnisse. Aus China zum Beispiel berichtet er u.a. von seiner Verhaftung und anschliessenden Ausweisung 1984 ("Und nun beginnen wir mit ihrer Umerziehung", S. 185), in Indien trifft er auf Mutter Teresa und nähert sich ihrem Hilfswerk für die Ärmsten ("Etwas Schönes für Gott tun", S. 349).


    Meinung:
    Von Terzani hatte ich bereits Fliegen ohne Flügel (Goldmann, ISBN: 978-3442129522) mit einigem Vergnügen gelesen und wollte nun während meiner Myanmar-Reise einige seiner Reportagen lesen, ganz in der Hoffnung, sowohl noch mehr über Asien zu erfahren, als auch mit 20 bis 30 jährigem Abstand in ihnen etwas aktuelles wiederzuerkennen.


    Tatsächlich bin ich nicht enttäuscht worden. Viele neue Informationen aber auch viel Vertrautes (ich habe bereits einige der genannten Länder bereist) finden sich in den Texten zu Land, Politik und Menschen. Zumal Terzani eine unaufgeregte, sympathische und weniger analytische (wie beispielsweise Scholl-Latour) Herangehensweise an seine Themen hat und unbedingt ein guter, kurzweiliger Unterhalter ist.


    Leider hatte ich das Gefühl, dass er nach seiner Ausweisung aus China ein wenig das Herz bei der Sache verloren hat, denn seine Texte aus Japan bleiben merkwürdig gefühlskalt und eher eine Aufzählung dortiger gesellschaftlicher Kuriositäten. Erst Anfang der 9oer, als er aus Indien, Sri Lanka und Nepal berichtet, scheint er sich wieder selbst mehr angesprochen, zu hause gefühlt zu haben - ich denke, dass ist seinem zunehmend wachsenden Interesse an der Religion, oder ich nenne es lieber: Mystizismus, geschuldet, die ausgelöst durch seine schwere Krebserkrankung in den letzten Lebensjahren mehr und mehr zu seinem Lebensinhalt wurde.


    der Autor:
    Tiziano Terzani, geb. 14.09.1938 in Florenz, gest. 28.07.2004 in Orsigna
    weitere Infos hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Tiziano_Terzani


    ** Ciao **

    Es gibt keine grössere Einsamkeit als die des Samurai. Es sei denn die des Tigers im Dschungel

  • Fünf Sprachen hat er fließend gesprochen, jener außergewöhnliche politische Journalist Tiziano Terzani, der 2004 einem Krebsleiden erlag. Über viele Jahre hat er als Korrespondent des SPIEGEL in den verschiedensten asiatischen Ländern gelebt und mit seinen Reportagen aus diesen Ländern, die mitten in eine große Zeit der Umwälzung in diesem Teil der Erde fielen, das Bild Asiens bei uns wesentlich mitgeprägt.


    Vielen Menschen ist er 2007 zusätzlich bekannt geworden durch sein Buch "Das Ende ist mein Anfang", das völlig unerwartet zum Bestseller avancierte. Die Menschen, die ihn da kennen gelernt haben, finden nun in dem vorliegenden, von seiner Frau Angela Terzani Staude und seinem ehemaligen Kollegen beim SPIEGEL, Dieter Wild edierten Buch die Gelegenheit, Tiziano Terzanis journalistisches Schaffen zu würdigen.Seine Reportagen aus Ländern, die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung zum Teil noch ziemlich verschlossen waren für den Westen, gehören nicht nur zum Besten, was der politische Journalismus in den letzten Jahrzehnten in Deutschland zu bieten hatte, sondern sind auch eine ganz hervorragende und nach wie vor aktuelle Einführung in die Geschichte und die Kultur der Länder, die er bereist und in denen er teilweise über Jahre auch selbst gelebt hat.Die in diesem Buch versammelten Reportagen umfassen einen Zeitraum von 1975, dem Sieg der Kommunisten in Vietnam und dem Rückzug der Amerikaner bis zum Jahr 1996.


    Die meisten Reportagen stammen aus China, jenem riesigen Land, das in diesem Zeitraum eine ganz besondere Entwicklung erfuhr. Wir erfahren viel über die Kultur Chinas, seine konfuzianischen Wurzeln , aber auch von Minderheiten, wie etwa der muslimischen Volksgruppe der Uiguren.Besonders erschüttert hat mich sein Bericht über den Genozid Pol Pots an seinem eigenen Volk in Kambodscha. 1984 wird Terzani aus China ausgewiesen, weil er den dortigen Machthabern zu unbequem geworden war, ein Schicksal, das seither viele andere ähnlich engagierten Journalisten in China geteilt haben, wie etwa Georg Blume.Das Buch ist eingeleitet von einem Aufsatz der beiden Herausgeber und mit 26 Fotos versehen, die den Autor an verschiedenen Plätzen seines Wirkens zeigen.


    Das Lebenswerk Tiziano Terzanis ist ein beredtes Beispiel dafür, wie wichtig ein unabhängiger politischer Journalismus in dieser Welt ist, und wie wenig er von den Machthabern, nicht nur in China geschätzt wird. Es ist wichtig, dass es Menschen gibt, aktuell etwa unter vielen anderen Carolin Emcke, die sich oft unter höchsten Gefahren an die Schauplätze der Geschichte begeben und von dort berichten.