Jim Kelly - Tod im Moor

  • Inhalt:
    In der Gegend der Black Fenns in Cambridgeshire, England, wird aus einem überfrorenen Kanal ein Auto geborgen. Im Kofferraum findet man die Leiche eines unbekannten Mannes, der laut Forensik einen Tag zuvor erschossen wurde. Wenige Tage später wird im Rahmen einiger Instandhaltungsarbeiten auf dem Kathedralendach in Ely eine weitere Leiche entdeckt, die schon seit mehreren Jahrzehnten dort oben gelegen haben muss. Zwischen den zwei Toten gibt es eine Gemeinsamkeit: beide waren in einen brutalen Überfall auf eine Tankstelle im Jahre 1966 verwickelt.
    Philip Dryden, ein Journalist der lokalen Zeitung von Ely, stößt bei der Suche nach brauchbarer Information für seine Artikel auf eine Vielzahl von verwirrenden Details, auf die die verschiedensten Personen aus den Fenns eingewirkt haben. Im Bestreben nach Klarheit über beide Todesfälle wird Dryden jedoch anonym bedroht, er solle seine Recherchen unverzüglich stoppen, sofern er sich und seine Ehefrau nicht in Gefahr bringen wolle.
    Hinzu kommt, dass in Drydens eigenem Leben Unklarheit herrscht bezüglich des Verursachers eines Autounfalls, den er einige Jahre zuvor selbst in einem der Fennkanäle erlitt. Aufgrund dieses Unfalls liegt seine Frau Laura im Koma. Mit Hilfe von seines etwas unkonventionellem Stamm-Taxifahrer Humph versucht Dryden unter Einsatz seiner nicht immer lauteren journalistischen Methoden, in beiden Angelegenheiten der Sache auf den Grund zu gehen.


    Mein Kommentar:
    „Tod im Moor“ scheint auf den ersten Blick ein unspektakulärer, nicht allzu flüssiger Kriminalroman. Bei genauerem Hinsehen erweist er sich jedoch für mich als ein äußerst bemerkenswertes Exemplar des Krimi-Genres:
    Man wird als Leser nicht mit sensationslüsternen, aktionsgeladenen Szenen konfrontiert. (Auch fehlt der superclevere, pflichtbewusste Meisterdetektiv, der aus unermüdlichem Pflichtbewusstsein heraus sein eigenes Privatleben vernachlässigt, bevor er dann unter heldenhafter Gefährdung seines Lebens den Täter zur Strecke bringt.) Der „Held“ in „Tod im Moor“ ist ein schlampiger Provinzjournalist, der nur deshalb so viele Stunden bei seiner Arbeit verbringt, weil er sich vor seinen Gedanken und sich selbst ständig auf der Flucht befindet.
    Durch die etwas langwierige Entwirrung des Falles hindurch wird Dryden kontinuierlich als wenig heldenhafter Feigling gezeichnet. Doch der Autor vernachlässigt nicht die etwas komplexere Seite in Drydens Charakter, sodass man als Leser ein gewisses Verständnis für den Journalisten aufbringt und ihm bereitwillig durch das Buch folgt.
    Wenn ich es recht bedenke, lässt der Autor Jim Kelly keine einzige Person als ausschließlich positiv erscheinen, was jedoch meiner Meinung nach dazu beiträgt, dass die Charaktere an Authentizität gewinnen. Jede einzelne der im Buch enthaltenen Personen scheint mir gut durchdacht und aus einer großen Beobachtungsgabe heraus wiedergegeben.
    Die Handlung in „Tod im Moor“ besteht aus einer Vielzahl von Details und Zusammenhängen von Begebenheiten und Personen, die alle zu einem komplizierten Geflecht miteinander verwoben sind, wodurch meine Aufmerksamkeit beim Lesen streckenweise fast ein bisschen zu sehr beansprucht wurde. Im Gegenzug dafür wurde ich jedoch mit dem Genuss einer weiteren Eigenheit dieses Buchs belohnt, nämlich seiner Sprache. Jim Kelly bringt eine Vielzahl von ausgezeichneten Metaphern im Buch unter, die mich oft genug durch teils stimmungsvolle, teils sarkastisch-zynische und völlig unerwartete Assoziationen begeisterten.
    Zusammenfassend würde ich „Tod im Moor“ all denjenigen empfehlen, die eine etwas ruhigere Version aus dem Krimigenre sowie sprachlich schöne Details in einer Lektüre willkommen heißen.

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Ich habe mich dazu entschlossen, hier noch die Daten des englischen Originals einzufügen,
    da ich mich in der deutschen Version etwas daran gestört habe, dass spotlight ungeschickterweise mit Schein einer Industriebogenlampe statt schlicht und einfach mit Scheinwerferlicht wiedergegeben wurde (wer benutzt denn im Deutschen das Wort Industriebogenlampe ?!).
    Auch ist das Gewicht des Taxifahrers Humph vom Übersetzer falsch angegeben worden.


    Die ISBN von The Water Clock lautet: 978-0-141-00933-9

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    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • (wer benutzt denn im Deutschen das Wort Industriebogenlampe ?!).


    Wahrscheinlich die Leute, die nicht ins "Kino" gehen, sondern ins "Lichtspieltheater". :mrgreen:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Zitat

    Wahrscheinlich die Leute, die nicht ins "Kino" gehen, sondern ins "Lichtspieltheater".


    . . .hi, hi, da könntest Du durchaus recht haben . . . :loool:

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    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog