Christine Sylvester - Der Verlobte: Vom Heucheln und Meucheln

  • Wer kennt das nicht: Mit einem neuen Partner kommt auch irgendwann der Zeitpunkt, an dem man die dazugehörigen Eltern kennen lernen darf / muss. Auf Tillmann trifft das ebenfalls zu, allerdings hat er einen recht schwierigen Fall erwischt. Zunächst ist er bereits mit Lilly verlobt, wird also noch genauer unter die Lupe genommen, dann trifft er nicht nur auf ihre Eltern, sondern auf ihre komplette Großfamilie, die sich anlässlich des 10. Jahrestages der Entführung eines Familienmitgliedes für ein ganzes Wochenende trifft, und so ganz einfach ist Lillys Familie wirklich nicht. Tillmann fühlt sich teilweise wie in einem schlechten Film. Ihn überfordern nicht nur die vielen neuen Gesichter und die neuen Namen, die er verzweifelt versucht sich zu merken, sondern auch die verworrenen Familienverhältnisse, die von Abneigung und Misstrauen geprägt sind. Außerdem scheint es hier normal zu sein schon nach dem Frühstück mit dem Alkohol zu beginnen und Strip-Poker zu spielen. Hinzu kommt noch das Unwetter draußen, der Stromausfall innen und die Drohung des Großvaters, falls Tillmann Lilly Schaden zufügen würde, würde er ihn umbringen. Mit dieser Situation wäre jeder einzelne bereits für ein ganzes Wochenende gut beschäftigt, aber für Tillmann kommt es noch schlimmer. Am Samstag wird die Cousine von Lilly tot aufgefunden. Zunächst ist noch unklar, ob es sich um einen Unfall oder um einen Mord handelt. Als kurz danach eine zweite Leiche auftaucht, die definitiv ermordet wurde, beschleicht Tillmann ein ungutes Gefühl und er sollte Recht behalten, das würde nicht die letzte Leiche an diesem Wochenende sein.


    Zitat

    "Er konnte einfach nicht begreifen, was hier passierte. Nichts daran passte zusammen. Nichts ergab einen Sinn. Immerhin war das hier ein Familienwochenende. [...] Aber hier schienen sich alle gegenseitig umzubringen. Das war irrwitzig! Vollkommen krank!" (Seite 60)


    Der Beginn des Romans ist eine tolle Einführung in das Geschehen und sehr realitätsnah. Ich konnte gut nachvollziehen, wie es Tillmann ging, da auch ich anfangs mit den ganzen neuen Charakteren etwas zu kämpfen hatte. Da das Buch nur eine Länge von 113 Seiten besitzt, wird der Leser sofort ins Geschehen geworfen ohne große Erklärungen. Aber schnell gewöhnt man sich daran und die Autorin erwähnt zum Glück des Öfteren, in welchem Verwandtschaftsverhältnis die einzelnen Personen zueinander stehen.


    Der Schreibstil von Christine Sylvester gefällt mir sehr gut. Sie schafft es immer wieder dem Krimi spaßige Elemente zu verleihen und arbeitet mit etlichen Wortwitzen. Die Spannung kommt natürlich auch nicht zu kurz und wie es sich für einen anständigen Krimi handelt, werden dem Leser instinktiv diverse Menschen als mögliche Täter präsentiert, bis ganz am Ende des Buches die wirkliche Auflösung erfolgt.


    Die Protagonisten werden toll beschrieben. Besonders Tillmann, der das ganze Wochenende mit seiner Verwirrung und dem Entsetzen über die gesamte Situation zu kämpfen hat, gefällt mir sehr. Ich war oft sehr froh, nicht in seiner Haut stecken zu müssen. Mich hätten die ganzen Ereignisse ebenfalls sehr verwirrt und bei einigen Familienmitgliedern habe ich mich wirklich gefragt, ob sie noch ganz richtig im Kopf sind oder warum es manchen wichtiger ist, dass alle regelmäßig das Frühstück einnehmen, als über die gefundene Leiche zu sprechen.


    Fazit: Das Buch lässt sich sehr gut lesen, legt Wert auf kleine Details, die niemals unwichtig sind, und vermag es den Leser gut zu unterhalten.


    • Broschiert: 113 Seiten
    • Verlag: Sutton Verlag; Auflage: 1 (1. März 2011)
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