Michael Dibdin - Vendetta

  • Noch während Aurelio Zen, frisch zum Vice-Questore befördert, mitten in der Eingewöhnungsphase im neuen Arbeitsumfeld steckt, sich fragt, wer von seinen neuen Kollegen nun wirklich vertrauenswürdig ist, ereignet sich in der Villa des Bauunternehmers Oscar Burolo auf Sardinien ein mehrfacher Mord. Burolo, seine Frau und einige Gäste wurden mit einer Schrotflinte getötet, und dank Burolos Sicherheitswahn hat eine Videokamera die Bluttat aufgezeichnet. Der Mörder ist auf dem Video allerdings nicht zu sehen. Aufgrund von Indizien wurde Renato Favelloni, einer von Burolos Gästen, in Haft genommen, der wie sein Gastgeber in dubiose Machenschaften bei der Vergabe öffentlicher Bauarbeiten verwickelt war, doch Zen erhält den Auftrag, den Fall neu aufzurollen. Von hoher politischer Stelle besteht Interesse, Favelloni freizubekommen, koste es, was es wolle.


    Solche Spielchen sind eigentlich nicht Zens Ding, wohl oder übel muss er aber doch die Ermittlungen wieder aufnehmen, zunächst in Rom und dann vor Ort in Sardinien. Währenddessen beschäftigt ihn nicht nur der verzwickte Fall, an dem diverse Seiten große und teils konträre Interessen haben, sondern auch ein Eindringling, der in seiner Wohnung merkwürdige "Botschaften" hinterlässt, deren bedrohlicher Sinn sich ihm erst allmählich erschließt, das Verschwinden des Burolo-Videobandes, das ihn ziemlich in die Bredouille bringt und nicht zuletzt seine Kollegin Tania Biacis, die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht ...


    Aurelio Zen ist auch im zweiten Band ein Krimiheld, der mir gefällt (und das meine ich völlig ohne Blick auf sein filmisches Pendant ) - er hat seine Prinzipien, ohne sie zu Tode zu reiten, einen scharfen Verstand mit eigenwilligen Gedankengängen und diesen wunderbar ironischen Blick auf sich selbst und die Welt. Die im italienischen Geschäfts- und politischen Leben üblichen Ränkespielchen macht er nur dann mit, wenn es ihm in den Kram passt, weshalb er sich den Ruf eines Eigenbrötlers zugezogen hat, der ihm manchmal aber durchaus zupass kommt. Und obwohl er über ein gutes Netz von Kontakten verfügt und einen guten Riecher bei seinen Ermittlungen hat, macht er sich immer wieder durch Missgeschicke oder Fehleinschätzungen selbst das Leben schwer.


    Auch seine aufkeimende Beziehung zu Tania verläuft auf diese Weise, auf einen prickelnden kleinen Büroflirt folgt alsbald ein Missverständnis, es geht drei Schritte voran und zwei wieder zurück - halt "wie im richtigen Leben".


    Die Ermittlungen verlaufen auf leise Art fesselnd. Zen ist sicher nichts für Actionfreaks, es geht eher um das Zwischenmenschliche als um Hau-Drauf und Schusswechsel, doch die Spannung steigert sich stetig bis zu einem Showdown, der genausowenig "hollywoodig" und plakativ daherkommt wie das restliche Buch, mich aber mehr in Atem gehalten hat als so manche wüste Ballerei.


    Der feine Humor und die kleinen ironischen "Twists" in der Handlung sorgen für das gewisse Etwas an Leichtigkeit, so dass Zen trotz seiner dementen Mutter, seines kaum vorhandenen Liebeslebens und der Akzeptanzprobleme im Kollegenkreis auch im zweiten Band nicht zu einem dieser nervtötenden Trauerkloßkommissare mutiert.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • @ Magdalena,
    Du hast das Buch in Englisch gelesen, oder? Ich habe mich nämlich auf die Suche nach der Ursache gemacht, warum es nicht mit der Serie verknüpft ist und fand keine andere Erklärung.

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