Miriam Toews - Die fliegenden Trautmans

  • === Buchdaten ===

    Die fliegenden Trautmans – Miriam Toews
    254 Seiten, Hardcover
    Berlin Verlag, November 2008
    ISBN-Nr.: 3827008077

    Diese Ausgabe ist nur noch gebraucht erhältlich. Das Buch gibt es jedoch seit Februar 2010 auch für 9,95 Euro als Taschenbuch. Die ISBN-Nummer lautet 3833306408.

    === Über die Autorin ===

    Miriam Toews wurde in Steinbach geboren, einer Mennonitengemeinde im Staat Manitoba. Sie studierte Geisteswissenschaften und Journalismus und lebt heute als Journalistin und Autorin in Winnipeg, Kanada.
    (Quelle: buecher.de)

    === zum Inhalt ===

    Hattie ist Mitte 30 und lebt in Paris. Ihr Freund hat sie gerade sitzen gelassen, weil er in einem indischen Aschram seine innere Mitte finden will. Als sie einen Anruf ihrer Schwester Min erhält, steht schnell fest dass diese (mal wieder) in die Klinik muss. Hattie fliegt also nach Kanada um sich um ihre elfjährige Nichte Thebes sowie ihren fünfzehnjährigen Neffen Logan zu kümmern. Geprägt durch ein zusammenleben, mit einer Mutter die stets zwischen Depression und Wahnsinn, Leben und Suizid steht, sind Thebes und Logan keine normalen Teenager. Dies macht sie jedoch umso sympathischer. Vor lauter Verzweiflung, was nun zu tun ist, beschließt Hattie den Vater der Kinder zu suchen. Irgendwo in den USA soll er sich aufhalten. Die drei machen sich auf den Weg zu einem skurrilen Roadtrip quer durch Amerika, auf welchem der Leser sie begleitet.

    === meine Meinung ===

    Auf dieses Buch bin ich durch eine Rezension aufmerksam geworden. Rein vom Inhalt her hätte es mich auf den ersten Blick auch gar nicht so sehr angesprochen, wäre da nicht der kleine Hinweis gewesen, dieses Buch erinnere an den Film „little Miss Sunshine“. Da dieser Film zu meinen Lieblingsfilmen zählt, wollte ich auch das Buch lesen. Und einige Ähnlichkeiten sind in der Tat da: ein Roadtrip durch die USA mit individuellen, eigensinnigen Protagonisten, vom Leben geprägt und jeweils auf eine ganz eigene Weise damit umgehend.

    Der Schreibstil Miriam Toews war für mich zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, da sie bei wörtlicher Rede keine Anführungszeichen verwendet hat. Dadurch habe ich jedoch aufmerksamer und konzentrierter gelesen. Das Buch ist voller kleiner Sätze und Andeutungen die nachdenklich machen und dazu anregen, Dinge im eigenen Leben zu überdenken. Durch das konzentriertere Lesen konnte ich diese Sätze und Andeutungen besser auffassen. Ansonsten war der Schreibstil jedoch sehr flüssig zu lesen, so dass ich mich gut in die Geschichte einfinden konnte. Oft hatte ich das Gefühl dabei zu sein, zu beobachten und mitzuerleben und nicht bloß zu lesen. Die Autorin hat auch immer wieder bildhafte Vergleiche gemacht, so dass gut zu verstehen war, was gemeint ist. Gerade wenn es um komplexere Gedanken der Protagonisten ging, fand ich dies hilfreich.

    Die Darstellung der Charaktere ist der Autorin sehr gut gelungen. Gerade ein Buch wie dieses kann man eigentlich nur lesen, wenn man die Personen mag und mit ihnen sympathisiert. Bei mir war dies der Fall. Ich fand die Schilderung der Charaktere sehr authentisch und bekam somit schnell ein Gefühl für sie. Für einige Leser sind die Charaktere, besonders der der Thebes sicherlich gewöhnungsbedürftig, deswegen empfehle ich dieses Buch auch nur Lesern, die Charaktere die von der Norm abweichen und nicht 08/15 sind mögen.

    Das Buch hat die unterschiedlichsten Gefühle in mir geweckt. Auf der einen Seite gab es immer wieder Stellen, die zum schmunzeln und zum Lachen waren. Dann gab es Stellen voller Ironie. Und wieder andere Stellen waren schwermütig, traurig und melancholisch. Manchmal folgen diese Gefühlswechsel recht schnell, sind dabei jedoch stets passend und zu keiner Stelle unglaubwürdig.

    Gewundert habe ich mich über Hatties Naivität, dass sie einfach losfahren, ohne sich zu informieren wo Cherkis, der Vater der Kinder, lebt. Es wurde nicht einmal gegoogelt, die Auskunft befragt oder ins Telefonbuch geschaut, sondern einfach ins Blaue auf Grund einer wagen Vermutung losgefahren. Dies fand ich unlogisch, im Laufe des Lesens habe ich es jedoch verstanden. Und in den Lauf der Geschichte und der Entwicklung die Hattie durchlebt, passt dies wunderbar rein.

    Die Themen, mit denen sich das Buch auseinander setzt, sind nicht schön. Aber sie sind wichtig, und wenn man in der Situation der Protagonisten ist, hat man sowieso keine andere Wahl, als sich damit auseinander zu setzen. Diese Themen werfen jedoch auch unweigerlich Fragen auf und ich habe viel darüber nachgedacht, wie ich in der entsprechenden Situation reagieren würde. Im Endeffekt kann man vorab so viel denken wie man will, wie man wirklich reagiert, wenn ein geliebter Mensch um Hilfe beim Sterben bittet, weiß man vorher wohl nicht.

    Das Buch zeigt jedoch auch wie Menschen reagieren können, wenn sie gewohnte Situationen verlassen und sich in neuen Situationen zu recht finden müssen. Natürlich kann man daran scheitern – die Autorin lässt ihre Protagonisten dadurch jedoch reifen, was gut in den Verlauf des Buches passt.

    === mein Fazit ===

    Mit „Die fliegenden Trautmans“ ist Miriam Toews ein wunderbares Buch über Menschen gelungen. Es verleitet zum Lachen, es verleitet zum Weinen und vor allem verleitet es zum Denken. Ich fand das Buch wirklich hervorragend und spreche eine Leseempfehlung für alle, die sich vom Inhalt angesprochen fühlen aus. Von mir gibt es ganz klar 5 von 5 Sternchen für dieses Buch.

  • Min, Mutter der 11jährigen Thebes und des 15jährigen Logan, bezaubernd und impulsiv, aber auch selbstzerstörerisch bis zum Selbstmord, wird in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Nach einem Notruf Thebes kommt Mins jüngere Schwester Hattie aus Paris zurück, um sich um die drei zu kümmern. Als ihr klar wird, dass Mins Aufenthalt im Krankenhaus länger dauern wird, weiß sie sich keinen anderen Rat mehr und macht sich gemeinsam mit den Kindern auf die Suche nach deren Vater quer durch die USA.
    Hattie versucht während dieser Reise ihrer Aufgabe als 'Vertretung Mins' gerecht zu werden, doch zusätzlich zu ihrem eigenen Liebeskummer bringen sie die liebenswert altkluge, schräge Thebes und der pubertierende Logan an den Rand ihrer Belastungsfähigkeit. Während die Beiden auf ihre Weise versuchen, mit der Krankheit ihrer Mutter (depressive Schübe, emotionale Instabilität) klar zu kommen, durchdenkt Hattie ihre Zeit mit Min: ihre Schwermut, die wiederholten Selbstmordversuche, ihre Lebensunlust - und dann auch wieder das genaue Gegenteil, deren überschäumende Fröhlichkeit, ihre große Liebe zu ihrer kleinen Schwester. Mit jeder Meile, die die drei (manchmal auch vier und irgendwann auch mit Hund) zurücklegen, wird ihr klar, wie wichtig ihr Min und ihre Kinder sind.
    Die ganze Geschichte dieser Reise wird im Rückblick von Hattie erzählt. Und in einem so wunderbaren Stil, dass man ihre Furcht vor der Verantwortung für diese 'Familie' ebenso nachvollziehen kann wie die große Liebe, die sie für sie empfindet. Auch Thebes und Logan sind überaus lebendig beschrieben: die Angst um ihre Mutter und die Art und Weise, wie sie damit umgehen ebenso wie die ungeheuere Liebe zu ihr. Insbesondere Thebes erschien schon nach kurzer Zeit vor meinem inneren Auge mit ihrem lila verfilzten Haar und königsblauen Frotteeanzug.
    Wunderschön mit viel Gefühl, aber nie kitschig!

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Ein merkwürdiges Buch ohne Aussage. Mich hat es leider gar nicht angesprochen. 3 Protagonisten (jeder auf seine eigene Weise komisch) auf dem Weg durch die USA. Dabei habe ich an schöne Ereignisse und auch Landschaftsbeschreibungen gehofft. Stattdessen bekam ich nur abgedrehte, nichtssagende Unterhaltungen. Vor allem Thebes blödes, altkluges Geplapper hat mich genervt. Was mich dabei auch sehr gestört hat, die mündliche Rede ist nicht in Anführungszeichen gesetzt. Ich hasse so etwas und es hat meinen Lesefluss sehr gestört.


    Der Anfang mit Min war ja noch interessant, da hätte ich mir mehr Infos gewünscht und auch mehr Emotionalität. Wie dies dann zu Ende geführt wurde, davon war ich sehr sehr enttäuscht. Ab Seite 150 ca. habe ich das Buch nur noch quer gelesen, nur ein paar wenige Zeilen auf jeder Seite. Allein das hat mir bestätigt, das auch weiterhin nur sinnloses Blabla vorkommt. Von mir nur :bewertung1von5: sehr enttäuschten Stern. Zum Glück hatte ich das Buch mal als ME gekauft.

    <--- The Power of books!


    :study: Judith Pinnow - Fast bis zum Nordkap