Wenn man zwei, drei oder mehrere Bücher von einem Autoren liest, erlebt man häufig so etwas wie einen Wiedererkennungseffekt. Bei John Irvings Büchern gibt es auch diesen Wiedererkennungseffekt. Bären, Wien oder Ringer sind ganz offensichtlich seine Lieblingsmotive, kaum ein Buch ohne sie. Lohnt es sich da überhaupt noch, seine Autobiografie zu lesen? Vor allem, wenn es im Untertitel heißt „Vom Ringen und Schreiben“? Ich glaube, es lohnt sich durchaus!
Zum ersten Mal erzählt Irving wirklich ganz persönlich von seinen Erfahrungen und Erlebnissen, von seinen Träumen und Wünschen. Neu sind diese Offenbarungen gar nicht unbedingt, sie bestätigen vielmehr bestehende Vermutungen. Denn irgendwie haben ja alle seine Charaktere viel von ihm selbst. Wer „die imaginäre Freundin“ liest, bekommt schwarz auf weiß, was er schon wusste: John Irving bedient sich für seine Romane an Erlebnissen und Erfahrungen aus seinem Leben. Irving begründet dies mit fehlender Kreativität – weiß der Teufel, wie er auf die Idee kommt...
Irvings Buch „Die imaginäre Freundin“ ist in jedem Fall mehr als eine Autobiografie. Es ist ein Selbstporträt, das der Amerikaner schrieb, während eine durch das Ringen verursachte Schulterverletzung ausheilte. Fünf Monate brauchte er, um auf 163 Seiten seine Memoiren zu schreiben. Nicht besonders viel für Irvings Verhältnisse. Aber genug, um von den Dingen in seinem Leben zu erzählen, die ihm wirklich wichtig sind: Vom Ringen und Schreiben. Er erzählt von seinen ersten Kämpfen auf der Ringermatte, von seinen ersten Versuchen an einem Roman und immer wieder von seinen Söhnen und seinen Gefühlen als Vater.
„Die imaginäre Freundin“ ist kein Buch für Leser, die John Irving kritisch gegenüberstehen. Sie wird es genauso wenig überzeugen, wie diejenigen, die noch nie ein Werk von Irving in der Hand hatten. Es ist ein Buch für John-Irving-Fans, für Menschen, die seine Werke kennen und lieben. Für die ist dieses Buch eine richtig schöne Bereicherung.