Laguna, Sofie - Lichterloh

  • Originaltitel: "One Foot Wrong"


    ISBN: 9783940813145
    Einband: gebunden
    Erschienen bei: Fahreinheit
    Seitenzahl: 174


    Autorenportraits:
    (Cover/Verlag)
    Sofie Laguna, geboren 1968 in Sydney, studierte Jura und arbeitet heute als Autorin, Schauspielerin und Dramaturgin. Sie hat Theaterstücke, Drehbücher und vor allem Kinder- und Jugendbücher verfasst, für die sie mit zahlreichen Auszeichnungen prämiert wurde. Lichterloh ist ihr erster Roman für Erwachsene.


    Kurzbeschreibung:
    (Cover/Verlag)
    Hester ist ein kleines Mädchen, das von ihren religionsfanatischen Eltern in einem abgelegenen Haus im Wald großgezogen wird. Sie hat noch nie einen Schritt ins Freie machen dürfen, sie hat noch nie mit einem anderen Kind geredet. Ihre einzige Habseligkeit ist eine illustrierte Kinderbibel, die reichen muss, um ihre kleine Welt mit Sinn zu füllen. Ihre Freunde sind Katze, Löffel, Axt und Baum, und sie alle geben Hester manchmal Ratschläge, was sie tun soll. Der Tag, an dem der Baum im Hof sie zu sich ruft und sie schließlich trotz des Verbots ihrer Eltern die Haustür öffnet, verändert Hesters Leben. Denn die Ahnung, dass es im Leben mehr geben muss, das instinktive Wissen um Glück und Freundschaft, die sie noch nie erfahren hat, deren Existenz sie aber spürt, geben ihr die Kraft, das Leid zu ertragen. Bis der Tag gekommen ist, an dem sie zum ersten Mal ihr Leben in die Hand nimmt...


    Lichterloh ist ein erschütternder Roman über den abgrundtiefen Schmerz einer Kinderseele, über Gewalt, Rache und die schier unbändige Kraft, die frei wird, wenn trotz allem die Hoffnung obsiegt.


    Meine Meinung:


    Die Geschichte wird aus der Perspektive des Mädchens erzähl, das in einer Welt der Isolation von der Außenwelt aufwächst. Ihr Wissensdurst wird durch zwei Bilderbücher: Gesangsbuch und Bibel, gestillt und durch ihre eigene Fantasie. Hester lebt in einer eigenen Welt voller Halluzinationen, und ungewöhnlichen Wahrnehmungen, die zum Teil schwer nachzuvollziehen sind. Sie kommuniziert mit Dingen, sucht in der Umgebung, in den leblosen Dingen, die ihr zugänglich sind, Trost und Rat. Bis sie eines Tages in die Psychiatrie eingeliefert wird...


    Sprachlich hat mich das Buch sehr beeindruckt. Die Autorin bedingt sich einer sehr bilderreichen Sprache, was die Welt des Mädchens sehr gut widerspiegelt. Außerdem ist es Sofie Laguna ausgezeichnet gelungen die Atmosphäre des Elternhauses, die von der menschlichen Kälte und Gewalt durchdrungen ist, wieder zu geben.


    Insgesamt ein verstörendes Buch, es wirkte auf mich befremdlich, bedrückend und irgendwie faszinierend zu gleich.
    Das Buch ist auf jeden Fall was ganz besonderes. Ungewöhnlich, schockierend und von ungeheuerlicher Kraft. Man kann sicherlich sagen, dass der Autorin mit diesem Roman ein kleines literarisches Kunstwerk gelungen ist.

    2024: Bücher: 73/Seiten: 32 187

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Lapuente, Sofía/Shusterman, Jarrod - RETRO - Geh nicht online

  • Conor
    Gern geschehen. :) Ich denke, das Buch würde dir gefallen. Allerdings, ich weiß nicht, ob das Wort "interessant" zu diesem Roman passt. Es ist wirklich eher verstörendes Buch. Mir fällt auch kein anderer Begriff dazu ein. Auf jeden Fall - lesenswert :winken:

    2024: Bücher: 73/Seiten: 32 187

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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  • Ich schließe mich Conor an: Auch auf meine Wunschliste ist das Buch gewandert, und ich danke dir, Emili, fürs Vorstellen!


    Ich hab im "An welchem Ort befindet ihr euch gerade" - Thread schon gesehen, dass du das Buch liest und habe auf eine Rezension gehofft. Den Wunsch hast du mir somit erfüllt und ich weiß nun, dass das Buch definitiv etwas für mich ist! :thumleft:


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • gaensebluemche
    Freut mich, dass die Rezi dich angesprochen hat. :winken:


    Finde sehr interessant, wie andere Leser das Buch finden würden. :)

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    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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  • Das war aber jetzt mal ein beeindruckendes Buch!
    Hester lebt mit ihren religiösfanatischen Eltern zusammen und wächst isoliert auf. Sie darf das Haus nicht verlassen, kennt das "Draußen" nicht.
    Da möchte ich doch ein Stück zitieren, um auch den Schreibstil ein wenig zu verdeutlichen:


    "Dreh mich, Hester", sagte Knauf. Ich ging einen Schritt näher. "Ich bin dein Freund, dreh mich."
    "Was ist ein Freund?" fragte ich ihn.
    "Ein Freund schenkt dir Bilder", sagte er. Ich streckte die Hand aus und drehte ihn. Die Hintertür sprang auf, und ich ging durch. Vor mir lag die verbotene Welt mit einem Baum darin.


    Ich stieg hinunter in das hohe grüne Gras. Es kratzte meine Beine da, wo die Strümpfe aufhörten. Der Baum war ein anderer als bei Jesus im Paradies. Er hatte keine Blätter, und er ging in alle Richtungen, genau wie die Flammen vor dem Feuer im roten Holzofen. Als hätten die Flammen aufgehört zu flackern und wären Baum geworden.
    Baum reckte sich hoch, so wie Hester sich nach dem Türknauf gereckt hatte. All seine vielen Flammenfinger reckte er. Ich sah ihnen hinterher, hoch, hoch in den Himmel hinauf. Welchen Knauf wollte Baum drehen? Welche Tür wollte Baum aufbekommmen? (S. 12)

    oder:
    Jetzt schloss mich das Haus ein. Wände und Decken und Fußboden sagten mir, wo Schluss war, so wie das Spinnennetz der Fliege sagt, wo Schluss ist.( S.14)

    Da Hester keine Freunde und keine Geschwister hat, redet sie mit den Dingen, die sie umgibt - sei es der Türknauf, der Löffelstiel oder der Besen. Ihre Eltern bezeichnet sie als "Sack" und "Stiefel". Beide Elternteile tun ihr Gewalt an, jeder auf seine Weise.
    Hester hat eine eigene Wahrnehmung ihrer Umwelt, beschreibt diese auf ungewöhnliche Weise und der Leser, der die Geschichte aus Hesters Blickwinkel liest, muss sich erstmal reindenken.
    Da Hester für manche Dinge einfach kein Wort hat, erfindet sie welche und das ist oft doch recht poetisch (Blutblumen für Menstruationsflecken, um mal ein Beispiel zu nennen)
    Durch einen Vorfall landet Hester in der Psychiatrie und dort verändern sich für Hester ihre Lebensumstände.


    Der bildhafte Schreibstil Lagunas ist faszinierend, eindringlich und auch eigen. Zudem bedient Laguna sich biblischer Symbolik.
    Das Thema Kindesmissbrauch wurde mit diesem Roman gut dargestellt und ich habe diesen Roman mit großer Spannung gelesen.


    Für mich ein Volltreffer, den ich gerne weiterempfehle.