OT: Vojna i mir
Übersetzung: Barbara Conrad-Lütt
Gebundene Ausgabe: 2288 Seiten
Verlag: Hanser
ISBN-13: 978-3446235755
Pierre Besuchow, unehelicher Sohn des reichen Grafen Kirill Wladimirowitsch Besuchow, erbt nach dessen Tod nicht nur den Titel, sondern auch das immense Vermögen des Vaters. Das öffnet dem vorher als tollpatschig und manierenlos belächelten Pierre endgültig die Türen zur höheren Gesellschaft. Lange sucht er nach seinem Platz im Leben, wild sind die Trinkgelage an denen er teilnimmt. Vertrauensselig lässt er sich von seinen Verwaltern hintergehen und von seien vermeintlichen Freunden ausnutzen. Seine erste Ehe mit Hélèn Kuragin wurde arrangiert und verlief unglücklich.
Fürst Andrej Nikolajewitsch Bolkonski zieht 1805 in den Krieg gegen Napoléon, weil es für ihn die bessere Alternative zu seiner Ehe ist, in der er sich nicht mehr wohl fühlt. Seine Frau stirbt bei der Geburt des Sohnes, der daraufhin von Andrejs Schwester Marja im Hause des Vaters aufgezogen wird. Die Prinzessin selbst wird von ihrem despotischen Vater aufs ärgste bevormundet und unterdrückt, erst nach dessen Tod beginnt für sie ein glücklicheres Leben.
Nikolaj, Natascha und Petja sind die Kinder des über seine Verhältnisse lebenden Grafen Rostow. Nikolaj zieht begeistert in den Krieg. Als dies Jahre später auch der Jüngste, Petja, tun will, hat die Euphorie deutlich nachgelassen, das lag nicht nur an den fehlenden finanziellen Mitteln, die für die Ausstaffierung des Jungen aufgebracht werden mussten. So wurden immer öfter die Gedanken auf eine reiche Heirat der Kinder als letzte Hoffnung gelenkt. So ist prinzipiell die Hochzeit Nataschas mit Fürst Andrej bereits beschlossene Sache. Einzig sein Vater, der gegen diese Verbindung ist, fordert von Andrej eine „Wartezeit“ von einem Jahr. Während dieser verliebt sich Natascha in Anatol, nach dem gescheiterten Versuch mit ihm durchzubrennen, löst sie das Verlöbnis mit Andrej.
Pünktlich zum 100. Todestag des großen russischen Dichters Lew Tolstoi legt der Hanser Verlag die Neuübersetzung seines Epos „Krieg und Frieden“ von Barbara Conrad-Lütt vor. Laut dem Verlag soll sie sich stark an das Original angelehnt haben.
Wer bei „Krieg und Frieden“ eine nette Familiensaga erwartet, der wird bitter von diesem Werk enttäuscht sein. Tolstoi erzählt die Russische Geschichte in der Zeit von 1805 bis 1820. In diesem historischen Rahmen, der geprägt ist durch die Napoléonischen Kriege und den Russlandfeldzug Bonapartes, lässt er eine Vielzahl von Personen agieren. Im Mittelpunkt seiner Erzählung stehen die adligen Familien Rostow, Besuchow und Bolkonski, deren Leben Schnittpunkte bei mehreren Generationen aufweist. In verschiedenen Handlungssträngen wird der Leser mit dem Leben und den Lebensumständen dieser Familien sowie mit ihren Ansichten zum Krieg und zu weltanschaulichen Themen vertraut gemacht. So hat Tolstoi nicht nur ein monumentales Epos sondern auch ein Sittenbild dieser Zeit geschaffen. Aus seiner Biographie ist mir bekannt, welch großen Wert Lew Tolstoi auf historische Genauigkeit gelegt hat. Er beschäftigte sich intensiv mit den Napoléonischen Kriegen und konnte so die militärischen Aktivitäten realistisch, detailgetreu und fast minutiös schildern. Ich empfand die Art und Weise der Schilderung der Kriege als besondere Stärke Tolstois. Er lenkt das Augenmerk des Lesers auf das Grauen, das im Krieg das Leben und Sterben begleitet. Er zeigt verschiedene Ansichten und Standpunkte bezüglich des Krieges und schildert ausführlich die Taktiken und Truppenaufstellungen der sich gegenüberstehenden gegnerischen Parteien, berichtet von Kriegseuphorie und nackter Angst. Aber letztlich bleibt immer der Mensch mit seinen Empfindungen, im Mittelpunkt von Tolstois Werk. Sicher ziehen sich die Ausführungen über das Militärische schon gelegentlich über 10 und mehr Seiten. Tolstoi hat es meisterhaft verstanden seine Charaktere sowohl mit Leben als auch mit Gedanken auszufüllen. Es sind Menschen, wie es sie zur Zeit der Handlung gegeben haben mag, sie wirken lebendig und wirklichkeitsnah. Als langweilig oder besonders schwer zu lesen empfand ich das Buch nicht. Im Gegenteil, Tolstois Schreibstil versetzte mich in die Welt des alten Russlands, vor meinem inneren Auge entstanden Bilder, die mich beim Lesen des Buches begleiteten. Die französischen Dialoge störten mich an keiner Stelle, waren doch die entsprechenden Übersetzungen als Fußnote der jeweiligen Seite zu finden. Sehr interessant empfand ich auch das Nachwort und die zusätzlichen Erläuterungen.
„Krieg und Frieden“ ist einer jener Romane, von denen es leider nur wenige gibt, Meisterwerke der Weltliteratur.
Über den Autor (Quelle: amazon.de)
Leo Tolstoi (1828-1910) entstammte einem alten russischen Adelsgeschlecht. Nach ausgedehnten Reisen durch Europa zog er sich auf sein Familiengut zurück und schrieb dort seine großen Werke. Unter dem Eindruck Rousseauscher Ideen verurteilte er Kultur und Zivilisation als das natürlich Menschentum verfälschende Elemente. Werke u.a.: "Krieg und Frieden", "Anna Karenina", "Die Kreuzersonate", "Meine Beichte".