Nick Hornby - A long way down

  • Hallo!


    Ich habe dieses Buch erst vor kurzem gelesen und auch mich verwundern die vielen kritischen Stimmen. Mir hat zwar bei weitem auch nicht alles gefallen, aber gerade über mangelnde Tiefe würde ich mich nicht beschweren. Die Motivation der verschiedenen Personen kam für mich sehr gut rüber und auch ihre Einstellungen/Gedanken/Meinungen erschienen mir schlüssig. Sympathisch war mir vor allem JJ, Maureen hat mir unglaublich Leid getan, Jess nach einer Weile genervt (was sie aber auch mit den Roman-Figuren gemacht hat, von daher ...) und Martin war mir nicht sonderlich sympathisch, also alles dabei.
    Es zeugt von einer gewissen Genialität des Autors, sich so gut in die verschiedenen Schicksale hineinversetzen zu können und jedem eine eigene Erzählstimme zu geben (was hier ja auch schon erwähnt wurde). Die Sprache hat mich insofern nicht wirklich gestört, weil man sich mit der Zeit so langsam dran gewöhnt. Außerdem bin ich der Meinung, dass das einfach zu den Charakteren gehört und das "Sorry, Maureen" hat dem ganzen noch ein wenig Witz gegeben ^^
    Ich fand die einzelnen Schicksale berührend, ganz besonders Maureens, deswegen ist mein Lieblingsabschnitt auch eindeutig der, in dem sie von der ungelebeten Kindheit ihres Sohnes spricht. Das hat Hornby wirklich genial beschrieben und für mich auch mit genug Tiefgang.
    Was mir nicht so gefallen hat, war die Mitte des Buches, als es um den Engel ging. Das fand ich dann doch schon etwas zu übertrieben. Aber alles in allem wirklich ein schönes Buch, das mich persönlich zum Nachdenken angeregt hat und auch, versteckt und unauffällig ... irgendwer meinte es schon, einige Sätze enthält. die man einfach zweimal liest und sich über ihre Genialität freut.


    Ich würde es auf jeden Fall weiterempfehlen. Besonders Leuten, die gerne etwas über traurige Schicksale lesen, die einerseits unterhaltsam, auf der anderen Seite aber auch mit dem nötigen Ernst behandelt werden.


    Liebe Grüße
    Moonlight

    "You may, however, rest assured there are no ghosts in this world. Save those we make for ourselves."
    Sherlock (BBC) - The Abominable Bride


    "Please don't put a label on me - don't make me a category before you get to know me!"
    John Irving - In One Person

  • Habe das Buch schon vor einiger Zeit gelesen und war hellauf begeistert. Bin überrascht, dass viele nicht so angetan sind.


    Ich fand schon die Ausgangsidee total gut- 4 Menschen treffen sich unabhängig voneinander zu Sylvester auf einem Dach, um Selbstmord zu begehen- als auch die sich daraus folgende Geschichte. Vulgär fand ich die Sprache auf keinen Fall. Ich würd schon sagen, dass dies sogar eines meiner Lieblingsbücher ist :clown:

  • Die Kurzbeschreibung erinnert mich stark an "Der wunderbare MAssenselbstmord" von Paasilinna :mrgreen:


    Echt? Ist das Buch gut? Ich hab es mir vor einiger Zeit als Mängelexemplar gekauft. Ich fand den Titel lustig, hab aber noch gar nicht reingelesen.

  • In einer Silvesternacht treffen vier Lebensmüde auf dem Dach eines Londoner Hochhauses zufällig aufeinander. Da aber jeder bei diesem letzten Schritt alleine sein möchte, beschließen sie ihr Vorhaben aufzuschieben und die Nacht miteinander zu verbringen. Vor dem Auseinandergehen vereinbaren sie den Valentinstag als neuen Termin für ein Treffen.


    Stark angefangen und stark nachgelassen könnte die Überschrift bezüglich meiner Meinung lauten. Die Idee an sich hätte mir ja gut gefallen und auch den Anfang fand ich gar nicht so schlecht, aber dann hatte Nick Hornby seinen Lesern eigentlich nichts mehr zu sagen. Oberflächliche Charaktere eingebettet in eine unglaubwürdige Geschichte ohne Überraschungen und völlig frei von jeglichem Tiefgang, das wäre es dann im Großen und Ganzen auch schon gewesen. Sympathisch wurde mir keine der Figuren, eher war das Gegenteil der Fall. Am liebsten habe ich noch die Abschnitte über Maureen gelesen. Ihre Selbstmordgedanken erschienen mir noch einigermaßen plausibel, während mich der abgebrühte Fernsehmoderator Martin Sharp, die gelangweilte 18jährige Jess und der erfolglose, von seiner Freundin verlassene Musiker JJ, zu keinem Zeitpunkt überzeugen konnten. Dass Nick Hornby zusehends die Ideen ausgingen, war für mich auch am Auftauchen eines ominösen Engels erkennbar, dessen Erscheinen völlig entbehrlich gewesen wäre. Gegen Ende des Romans hatte ich den Eindruck gewonnen, dass der Autor wohl selber nicht so recht wußte, was denn nun eigentlich die Botschaft seiner Geschichte sein soll. Es ist ja alles gar nicht so schlimm, wenn ihr nur immer ganz lieb zueinander seid, kann es ja wohl auch nicht gewesen sein. Jedenfalls sind mir die schnoddrige Sprache, das ewige Geraunze und Geschimpfe, die übertrieben aufgeregten Aktionen ohne jeden Unterhaltungswert zunehmend auf die Nerven gegangen. So war ich heilfroh, als ich die 340 Seiten endlich hinter mich gebracht hatte und das Buch unter dem Vermerk "Viel Lärm um Nichts" ad acta legen konnte.

  • So, ich habe "A long way down" nun auch beendet und wollte gerade meine Gedanken posten, als ich nochmal den Beitrag über mir gelesen habe. Er entspricht bis aufs Wort meinen Empfindungen. Anfang und Idee fand ich gut, was danach kam, ist einfach nur oberflächlich. Als die Engel-Phase kam, war ich kurz davor, das Buch wegzulegen. Und am Ende habe ich mich über den Autor schlichtweg geärgert! Wie kann man eine Geschichte denn so blöd (nicht) beenden???
    Wirklich schade drum, da wäre viel mehr drin gewesen!

    Stark angefangen und stark nachgelassen könnte die Überschrift bezüglich meiner Meinung lauten. Die Idee an sich hätte mir ja gut gefallen und auch den Anfang fand ich gar nicht so schlecht, aber dann hatte Nick Hornby seinen Lesern eigentlich nichts mehr zu sagen. Oberflächliche Charaktere eingebettet in eine unglaubwürdige Geschichte ohne Überraschungen und völlig frei von jeglichem Tiefgang, das wäre es dann im Großen und Ganzen auch schon gewesen. Sympathisch wurde mir keine der Figuren, eher war das Gegenteil der Fall. Am liebsten habe ich noch die Abschnitte über Maureen gelesen. Ihre Selbstmordgedanken erschienen mir noch einigermaßen plausibel, während mich der abgebrühte Fernsehmoderator Martin Sharp, die gelangweilte 18jährige Jess und der erfolglose, von seiner Freundin verlassene Musiker JJ, zu keinem Zeitpunkt überzeugen konnten. Dass Nick Hornby zusehends die Ideen ausgingen, war für mich auch am Auftauchen eines ominösen Engels erkennbar, dessen Erscheinen völlig entbehrlich gewesen wäre. Gegen Ende des Romans hatte ich den Eindruck gewonnen, dass der Autor wohl selber nicht so recht wußte, was denn nun eigentlich die Botschaft seiner Geschichte sein soll. Es ist ja alles gar nicht so schlimm, wenn ihr nur immer ganz lieb zueinander seid, kann es ja wohl auch nicht gewesen sein. Jedenfalls sind mir die schnoddrige Sprache, das ewige Geraunze und Geschimpfe, die übertrieben aufgeregten Aktionen ohne jeden Unterhaltungswert zunehmend auf die Nerven gegangen. So war ich heilfroh, als ich die 340 Seiten endlich hinter mich gebracht hatte und das Buch unter dem Vermerk "Viel Lärm um Nichts" ad acta legen konnte.

    Da es der Gesundheit förderlich ist, habe ich beschlossen, ab heute glücklich zu sein (Voltaire)

  • Mir hat das Buch sehr gut gefallen - ich bin generell Hornby-Fan.


    An Silvester treffen sie auf dem Dach des "Topper House" in London aufeinander: Maureen, alleinerziehende Mutter eines schwerbehinderten, mittlerweile erwachsenen Sohnes; Martin, einst angesagter Talkshowmoderator, der nach einer Affäre mit einer Fünfzehnjährigen im Gefängnis gelandet war; die achtzehnjährige Jess, die unter einer unglücklichen Liebe leidet; und JJ, dessen Lebenstraum zerplatzt ist, als seine Band sich auflöste. Sie haben nichts gemeinsam außer dem Wunsch, ihrem Leben ein Ende zu setzen.


    Doch es kommt anders als beabsichtigt. Die vier kommen miteinander ins Gespräch, überreden sich gegenseitig, doch nicht vom Dach zu springen, und beschließen, sich regelmäßig zu treffen und zu sehen, was sie aus ihrem Leben machen können.


    Diese vier "Losertypen" begleiten wir durch die nächsten drei Monate, in denen nicht plötzlich durch die wundersame Begegnung auf dem Dach alles Friede, Freude, Eierkuchen ist - manch einer wird sich noch wünschen, doch gesprungen zu sein.


    Die schnoddrige Jess, der arrogante Martin, die aufopferungsvolle Maureen und der belesene JJ sind allesamt keine reinen Sympathieträger, vor allem Jess und Martin könnte man manchmal würgen. Doch nach und nach erfährt man aus der jeweils persönlichen Sichtweise, wie die Dinge in ihrem Leben gelaufen sind, und lernt sie zumindest ein bisschen verstehen.


    Nick Hornby zeigt sich hier wieder als Meister der Ironie und macht aus dem ernsten Thema kein sentimentales Rührstück, sondern eine witzig-schräge Geschichte, die an vielen Stellen zum Lachen reizt, aber auch ihre ernsthaften und erkenntnisreichen Momente hat.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • So unterschiedlich sind die Geschmäcker - und bei Nick Hornby trennen sich offensichtlich die Geister?!
    Also ich habe mich schon lange nicht mehr so gut unterhalten gefühlt bei einem Buch, trotz dem traurigen Thema u vieler schwerer Gedanken musste ich bei vielen Dialogen laut lachen. Hornbys Wortwitz, den mag ich einfach.
    Ich konnte mit den Charakteren etwas anfangen, sie waren mir am Ende sogar sehr vertraut u jeder auf seine verschiedene Art und Weise sympathisch.
    Natürlich liest sich das Buch sehr leicht u allzu realistisch ist die Story letztlich auch nicht, aber ich denke darum geht es auch gar nicht.
    Flach finde ich die Handlung aber nicht. Es gibt tatsächlich Sätze u Erkenntnisse von den einzelnen Personen, die würdig sind, zweimal gelesen zu werden.
    Ich bin jedenfalls froh, das Buch gelesen zu haben!

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Und wieder einmal ganz nach oben mit diesem interessanten Thread, in dem die Meinungen so weit auseinander gegangen sind und auch weiterhin auseinandergehen werden, wenn ich das richtig einschätze. Das setzt natürlich voraus, dass Nick Hornbys A Long Way Down auch in Zukunft Leser findet, was ich diesem Buch aufrichtig wünsche.


    Ich mag diesen Humor unheimlich gern, an dem man ganz schön zu kauen hat, und der einem ein bisschen wie ein zäher Klumpen im Magen liegt: das liegt eindeutig daran, dass es sich bei A Long Way Down nicht um ein dödelig-flaches Spaßbuch handelt, sondern wesentlich mehr dahinter steckt.


    So, wie ich das Buch verstehe, geht es nicht einmal so sehr um das Thema Selbstmord; denn wie wir im Buch erfahren, gibt jeder der vier Hauptpersonen an irgendeinem Punkt im Buch zu, dass sie eigentlich innerlich gar nicht bereit gewesen waren, den „allerletzten Schritt“ zu gehen. Es geht um Menschen mit einem breiten Spektrum von Problemen, also im Grunde genommen um Menschen wie wir selbst und alle um uns herum; und es geht um Menschen, die sich in ihrem Leben allein und unverstanden fühlen – auch in diesem Punkt um Menschen wie viele andere auch.
    Nun sind Menschen, die denken, sie seien an einem emotionalen Tiefpunkt in ihrem Leben angekommen, kein sonderlich reizvolles Thema für einen Roman; dies noch weniger, wenn es sich um alltäglich-langweilige Gestalten ohne irgendwelche Superkräfte handelt, so dass man schon sehr früh absehen kann, dass ein Happy-End kaum zu erwarten sein wird; also noch ein Aspekt, in dem die vier Protagonisten in A Long Way Down stark den meisten Menschen aus dem richtigen Leben ähneln.
    Dadurch, dass die vier einander bei einem, wenn auch halbherzigen, Selbstmordversuch kennengelernt haben, wird eine wichtige gesellschaftliche Schranke aufgehoben: keiner muss dem anderen gegenüber mehr vormachen, es gehe ihm gut, so wie es uns die ungeschriebenen Gesetze des gesellschaftlichen Umgangs in der Regel vorgeben. Hornby spielt recht gut mit dieser Situation, wie ich finde: er lässt jeden der vier Protagonisten im Wechsel seine Kommentare und Rechtfertigungen zu den Geschehnissen direkt an den Leser richten.


    Hätte Nick Hornby diese vier Menschen trocken und humorlos im Buch verarbeitet, hätte ich das Buch nicht lesen wollen. Doch dadurch, dass er ihre von Selbstmitleid durchdrungene Verzweiflung mit einem etwas schiefen Humor zum Thema macht, wird das Ganze auf eine merkwürdig provokative Weise erträglich; nein, nicht eigentlich „erträglich“ im Sinne von angenehm oder wohltuend, beileibe nicht - dazu ist das Buch viel zu unbequem; doch der Erzählstil brachte mich definitiv zum Aufhorchen und machte mich neugierig.
    Wenn ich in diesem Zusammenhang das Wort „Humor“ verwende, muss ich staunen, mit welchen Mitteln Hornby in A Long Way Down Humor erzeugt: Überzeichnung ist es im seltensten Fall, denn die Gedanken und Äußerungen der vier Protagonisten kamen mir im Grunde genommen „stinknormal“ und sehr alltäglich vor. Ich glaube, dass das humorvolle Element vor allem dadurch erzeugt wird, dass der Autor vier Personen unterschiedlichen Alters aus ganz unterschiedlichen Milieus mit einer einzigen Gemeinsamkeit, nämlich emotionaler Verzweiflung, aufeinandertreffen und sie aufeinander einwirken lässt.
    Aus einer solchen Situation eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Leben an sich herauszuholen und sie gleichzeitig mit Humor herüberzubringen, wie der Autor es hier tut, erscheint mir alles andere als eine leichte Aufgabe, die Nick Hornby für meine Begriffe jedoch mehr als gut gemeistert hat. Hätte der Autor das Buch auf andere Weise enden lassen, wäre ich enttäuscht gewesen: das Ende des Buches ist für meine Begriffe der einzig mögliche und gleichzeitig perfekte Abschluss für A Long Way Down.


    Ich habe für mich selbst einiges an Denkanstößen während dieser Lektüre gefunden, kann aber gut verstehen, wenn es anderen Lesern überhaupt nicht so geht. Das ist ja das Schöne an Büchern: sie manipulieren den Leser nicht wie ein lautstarker Prediger einer Sekte mit billigen Tricks in einen angeblich endgültigen Weg aus ihrer Einsamkeit und ihren Problemen. Ein Buch lässt jedem Leser die Option offen, für sich selbst etwas daraus mitzunehmen oder auch nicht; es beschimpft und verstößt einen Menschen nicht, nur weil er nicht dazu bereit ist und es ablehnt. Nein, ein Buch wartet geduldig darauf, dass es vom Leser vielleicht in einem anderen Moment seines Lebens anders wahrgenommen werden könnte – schließlich haben doch gerade wir in unserer Eigenschaft als Leser gute Chancen, uns innerlich stets zu verändern, was für mich einen eindeutigen Beweis konstituiert, dass wir am Leben sind und es bejahen.


    In diesem Sinne hoffe ich, dass nicht nur dieses Buch, sondern Millionen weiterer lesenswerter Bücher immer mehr und immer neue Leser finden.

    Um es kurz zu machen (Ja, schon gut, ich gebe zu: für „kurz“ ist mein Kommentar viel zu lang geraten 8-[ ): mir hat Nick Hornbys A Long Way Down mehr als gut gefallen, wenn es auch etwas unbequem zu lesen war. Vergessen werde ich diese Lektüre sicher nicht so schnell. Ich habe fest vor, mir weitere Bücher des Autors zuzulegen; deshalb beruhigt es mich zu wissen, dass Juliet, Naked bereits in englischer Sprache auf meinem SUB liegt.

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Ich hab das Buch schon ca. 3 Mal gelesen und bin immer noch völlig begeistert. Mir gefiel es so sehr, dass ich dachte, andere Nick Hornby Romane seien auch so gut. Aber vom nächsten Buch von ihm, das ich mir kaufte (How to be good) war ich sehr enttäuscht. Schade.
    Ich finde seine Sprache sehr einfach zu lesen und bequem, wenn man etwas lesen möchte, wo man sich nicht zu sehr anstrengen muss. Um diese einfache Sprache bin ich vor allem froh, weil ich seine Bücher teilweise auch auf italienisch gelesen habe und ich es so besser verstanden habe.


    Auf jeden Fall gehört A long way down zu meinen Lieblingsbüchern!


    Grüsse ArisA

    Book hangover: Inability to start a new book, because you're still living in the last book's world. :drunken:

  • Ich bin soeben mit 'A Long Way Down' fertig geworden und muss sagen, dass ich dem Buch mit gemischten Gefühlen gegenüber stehe. Besonders stark waren meiner Meinung nach die Idee an sich (vier Leute, die auf ihre eigene Art verzweifelt sind und Suizid begehen möchten, sich beim Versuch zufällig begegnen und eine ungewöhnliche Freundschaft entwickeln) und natürlich die Charaktere. Eigentlich muss man sagen, dass 'A Long Way Down' ein Roman ist, der von seinen Figuren lebt, denn diese sind äußerst authentisch, lebendig und liebevoll portraitiert. Wer viel Handlung erwartet (und vor allem durchweg logische, bzw. realistische Handlung) wird enttäuscht sein, denn der Roman bietet zwar einige Wendungen, diese geschehen aber vor allem innerhalb der Gedanken der Protagonisten. Erzählt wird 'A Long Way Down' abwechselnd aus der Perspektive der vier Protagonisten, nämlich Martin, ein Fernsehsprecher, der sein eigenes Leben ruiniert hat, indem er seine Frau verlassen und mit einer Fünfzehnjährigen geschlafen hat, Maureen, die einen körperlich und geistig behinderten Sohn pflegen muss und im Leben sonst nichts hat, Jess, die achtzehnjährige Tochter eines Politikers, die unter Liebeskummer, Streitigkeiten mit ihren Eltern und dem Verschwinden ihrer Schwester leidet, sowie JJ, ein US-amerikanischer Pseudo-Rockstar, der für seine große Liebe nach England geflogen ist und daraufhin sowohl die Musik als auch 'sein' Mädchen verloren hat. Auch wenn ich nicht alle Charaktere gleich gerne mochte, so sind mir alle auf ihre eigene Art ans Herz gewachsen. Martin fand ich persönlich eher unsympathisch, jedoch hatte er in einigen Dingen, die er im Verlauf des Buches gesagt hat, absolut Recht. Maureen hat mir natürlich sehr leid getan, gleichzeitig habe ich sie auch bewundert. Die Passage, in der sie von der Kindheit ihres Sohnes erzählt, die sie ihm selbst geschaffen hat, fand ich äußerst berührend und feinfühlig erzählt. Jess war mir ein wenig zu kindlich und ging mir bisweilen auf die Nerven, es gab allerdings auch bei ihr einige Stellen, die ich sehr schön fand (beispielsweise als sie von ihrer persönlichen Art Liebeskummer oder von 'Nodog' erzählt). Am meisten identifizieren konnte ich mich mit JJ. Der Abschnitt, in welchem er erzählt, wieso 'nur Leute wie er' sich umbringen sollten, fand ich gleichwohl amüsant wie auch intelligent erzählt, außerdem waren einige seiner Gedanken mehr als nett zu lesen. Auch sein musikalischer und literarischer Geschmack haben sich oft mit meinem überschnitten.
    Obwohl diese vier Charaktere völlig verschiedene Gründe haben, sich das Leben zu nehmen, sind alle Gründe für den Leser nachvollziehbar erzählt, was vor allem am Perspektivenwechsel liegt. Dieser hat jedoch das Manko, dass ich nach einigen Seiten nicht mehr ganz wusste, wer gerade am Erzählen ist. Auch die Tatsache, dass nicht gerade viel passiert (und das, was passiert, eher absurd ist) war zwar angemessen, aber auf Dauer etwas anstrengend.
    Den Schreibstil fand ich persönlich gut und passend. Hierzu muss man sagen, dass ich den Roman im Original gelesen habe, was ich jedem empfehlen kann, der genug Englischkenntnisse mitbringt (es ist relativ einfach geschrieben, daher sollte das kein allzu großes Problem sein). Hornbys Schreibstil passt, wie ich finde, überhaupt nicht zur deutschen Sprache. Die ganzen Schimpfwörter hören sich im Englischen einfach ... 'besser' und weniger deplatziert an. Hätte ich es auf Deutsch gelesen, hätte mich die Sprache vermutlich eher gestört, denn normalerweise bin auch ich kein Fan von vulgären Ausdrucksweisen. Bei 'A Long Way Down' fand ich es aber angemessen und authentisch. Jeder der Charaktere hat seine eigene Art, sich auszudrücken, bei Maureen beispielsweise stößt man nur ein einziges mal auf ein Schimpfwort.
    Besonders positiv hervorgehoben haben sich der erste und der letzte Teil (dass es kein komplettes Happy-End in diesem Sinne gibt, hat mir gut gefallen), den zweiten Teil fand ich etwas mühsam, besonders die ganze Geschichte mit dem Engel und dem Urlaub. Empfehlen würde ich das Buch nur bedingt. Wer sich nicht allzu sehr über die Schimpfwörter aufregt und Fan von eher absurdem und teils makabrem Humor ist, wird hier bestens bedient. Sollte dies nicht der Fall sein, würde ich von 'A Long Way Down' abraten. Mir persönlich hat der Roman aber trotz gewisser Schwächen gut gefallen, weshalb er von mir vier Sterne erhält. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Übrigens: Ich habe erst vor ein paar Tagen gesehen, dass 'A Long Way Down' verfilmt werden soll. Drei Darsteller stehen bereits fest (siehe Link). Ich weiß nicht ganz, was ich von denen halten soll. Pierce Brosnan finde ich so oder so furchtbar, Emile Hirsch als JJ gefällt mir, Toni Collette passt, wie ich finde, gar nicht zu Maureen. Wer Jess spielen soll, steht offenbar noch nicht fest, darauf bin ich besonders gespannt (bloß nicht Kristen Stewart, bitte :roll: ).

    "I slept with faith and found a corpse in my arms on awakening;

    I drank and danced all night with doubt and found her a virgin in the morning."


    —Aleister Crowley

  • Lungenfeuer: Danke für den Hinweis zum Film! Der interessiert mich schon, auch wenn ich das Buch damals eher unbefriedigt aus der Hand gelegt habe.

    Da es der Gesundheit förderlich ist, habe ich beschlossen, ab heute glücklich zu sein (Voltaire)

  • Danke für den Hinweis zum Film! Der interessiert mich schon, auch wenn ich das Buch damals eher unbefriedigt aus der Hand gelegt habe.

    Sehr gerne :). Da schließe ich mich an, ich werde mir den Film auf jeden Fall ansehen (auch wenn das noch ein Weilchen dauern dürfte). Vielleicht können mich die Darsteller ja doch noch überzeugen.

    "I slept with faith and found a corpse in my arms on awakening;

    I drank and danced all night with doubt and found her a virgin in the morning."


    —Aleister Crowley

  • Das Buch stand schon ein paar Jahre auf meiner Wunschliste und ich wollte es unbedingt noch vor der Verfilmung gelesen haben.
    Leider muss ich dem überwiegend negativen Eindruck zustimmen.
    Der erste Teil war noch vollkommen in Ordnung und auch gut geschrieben.
    Bei Kapitel 2 habe ich mir dann schon gedacht, dass dem Autor die Fantasie ausgeht. Es ist zwar einfach geschrieben und liest sich flüssig, aber glücklich geworden bin ich mit dem Handlungsverlauf nicht.
    Das Ende ist, wie hier bereits angedeutet irgendwie komisch - eigentlich gar kein richtiges Ende.
    Schade eigentlich. Denn aus der Thematik hätte man wirklich sehr viel machen können.
    Auch die Charaktere sind nicht so mein Fall. Sie wirkten größtenteils unecht und unsympathisch.



    Wenn der Trailer zum Film gut sein wird, werde ich mir eventuell den Film noch antun.
    Ich würde dem Buch leider nur 2 Sterne geben.

  • Mir hat das Buch leider auch nicht soo gut gefallen.
    Ich fand die vielen Perspektivwechsel und Geschichten zu den Personen recht anstrengend. Gut war aber, dass jeder seine eigene Weise hat die Dinge zu erzählen und man daran schon einen Unterschied feststellen konnte.
    Es war eine nette Idee, aber mir hat irgendwas gefehlt...Vielleicht habe ich das Buch auch einfach zur falschen Zeit gelesen.
    Der Film läuft leider gar nicht bei uns im Kino. Sonst hätte ich ihn mir mal angesehen.


    Die Welt ist wie ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.


    :tanzensolo:


    Gelesen 2016 : 9
    Gelesen 2015 : 44
    Gelesen 2014 : 78

  • _Was passiert
    Silvester: das alte Jahr geht, ein neues beginnt. Was für viele die ausgelassenste Nacht des Jahres ist, ist für andere die letzte Nacht ihres Lebens. An kaum einem Datum passieren mehr Selbstmorde als am 31. Dezember. Und genau diesen Tag suchen sich auch Martin, Maureen, Jess und J.J. aus, um ihrem Leben ein Ende zu setzen. Nur doof, dass sie sich alle vom gleichen Gebäude, dem Toppers House, werfen wollen und dabei unweigerlich aufeinander stoßen.




    _Was ich denke
    Stell dir vor, dein Leben suckt so richtig und du siehst keinen anderen Ausweg mehr, als dich umzubringen. Also begibst du dich auf eines der höchsten Gebäude Londons, trinkst in Ruhe noch einen Schluck, bevor zu es beendest. Doch dann… erscheint plötzlich jemand mit dem gleichen Plan auf dem Dach. Und dann noch jemand. Und noch jemand. Willkommen auf dem Toppers House, wo in der Silvesternacht vier Leute aufeinander treffen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.


    • Martin, um die 40 Jahre alt. Ehemaliger Tv-Moderator, der mit einer Minderjährigen im Bett gelandet ist und dadurch nicht nur seine Karriere, sondern auch seine Frau und zwei Töchter verloren hat. Zu seiner Familie hat er mittlerweile kaum bis gar keinen Kontakt mehr und beruflich sieht es so schlecht aus, dass er eine Nachmittags-Talkshow auf einem Sender moderiert, den niemand guckt. Außerdem ist er bekannt für Alkohol-Eskapaden und ähnliche Ausfälle.


    • Maureen, 51, alleinerziehende Mutter eines geistig und körperlich behinderten Sohns. Maureen hatte in ihrem Leben genau einmal Sex und dabei entstand Matty, dessen Pflege ihr komplettes Leben in Anspruch nimmt. Ihre sozialen Kontakte beschränken sich auf die wöchentlichen Kirchenbesuche, die sie jedoch aufgibt, als sie beschließt, sich das Leben zu nehmen, immerhin ist Suizid eine Todsünde. Sie ist sehr zurückhaltend und schüchtern und teilweise sehr prüde (sie erschaudert, wenn jemand in ihrer Gegenwart flucht).


    • Jess, 18. Das genau Gegenteil von Maureen, ihr Leben besteht vorrangig aus Parties, Drogen und Alkohol. Sie spricht, wie ihr der Schnabel gewachsen ist und übersieht dabei gerne mal die Gefühl anderer. Ihre Schwester Jen ist vor einigen Monaten spurlos verschwunden, was ihr immer noch zu schaffen macht, sie vermisst sie so sehr, dass es weh tut.


    • J.J., knapp über 30. Gebürtiger Amerikaner, der der Liebe wegen nach England gekommen ist und dafür sogar seine Band in den USA verlassen hat. Doch die Beziehung zu Lizzie ist auseinander gebrochen und nun sieht er sich vor den Scherben seines Lebens… ohne Musik gibt es für ihn keine Existenz.


    Mir gefallen tatsächlich alle vier Hauptcharaktere, was ich eigentlich eher selten bei Büchern habe. Ich finde, man kann bei allen irgendwie die Beweggründe nachvollziehen und nachfühlen, warum es ihnen so mies geht. Selbst mit Martin, der zwar selber Schuld hat, weil er mit einer Jugendlichen geschlafen hat (was er aber nicht wusste) und daraufhin alles verloren hat, hatte ich Mitleid. Gut, er ist kein allzu sympathischer Mensch, aber ich konnte ihn auch nicht so richtig hassen. Die einzige, die mir irgendwann tierisch auf den Sack ging, war Jess. Ihre ganze Art ist einfach nur anstrengend und teilweise sowas von unreif, dass ich ihr am liebsten eine geschallert hätte. Ich glaube zwar, dass sie es im Grunde ihres Herzens gut meint, aber ihre ganze Art ist auf die Dauer unheimlich nervtötend…
    Am besten gefallen hat mir J.J., der für mich so etwas wie der Ruhepol der Gruppe ist. Er versucht, Streits möglichst schnell zu schlichten, setzt Jess auch gerne mal auf den Pott und wirkt irgendwie tiefer als die anderen. Er war auf den ersten Blick sympathisch und das Gefühl ließ mich auch den Rest des Buches nicht los.


    Während man am Anfang nur die Grundgeschichten der Protagonisten erfährt – vorrangig, warum sie auf dem Dach sind -, kommen mit der Zeit immer mehr Informationen hinzu. Dazu trägt vor allem auch die Erzählweise bei, denn die Geschichte wird abschnittsweise aus den Perspektiven der vier erzählt, wodurch natürlich viele Gedanken und Gefühle ins Spiel kommen. Ich mochte das unheimlich gerne, weil man sich den Charakteren irgendwie verbundener fühlt, ihr Verhalten nachvollziehen kann. Man schaut sozusagen hinter die Fassade und erfährt so Sachen, die nicht unbedingt ausgesprochen werden, aber doch wichtiger Teil des Charakters bzw. seiner Geschichte sind.
    Was mir auch super gefallen hat, ist, dass man anhand der Art und Weise wie die ‘Kapitel’ geschrieben sind, genau merkt, wer gerade der Erzähler ist. Jess’ z.B. ist immer ziemlich wirr und benutzt bei Dialogen keine wörtliche Rede, sondern erzählt im Grunde nur nach, was gesagt wurde. Maureen hingegen wirkt immer etwas steifer und wenn dieses böse Wort mit F* benutzt wird, was Jess und J.J. sehr gerne tun, ist es bei ihr immer zensiert, weil sie keine Schimpfwörter mag. Sehr amüsiert hat mich auch, dass sich J.J. immer entschuldigt, wenn er das verbotene Wort benutzt hat: “Well, that’s not my fucking problem – sorry, Maureen” :D


    Insgesamt umfasst die Handlung sechs Monate, in denen sich die Charaktere mehrmals treffen und einiges zusammen durchmachen, von einem Mediastorm bis hin zum gemeinsamen Urlaub auf Teneriffa. Ich muss zugeben, dass ich nachvollziehen kann, warum es einige Rezensionen gibt, die A long way down als langweilig bezeichnen. Es ist einfach so, dass keine wirkliche Spannung entsteht, auch wenn die vier einiges erleben. Nick Hornby erzählt die Story um die “Toppers House Four”, wie J.J. sie tauft, sehr ruhig. Im Grunde passiert nach außen hin gar nicht so viel, aber man kann mit jeder Seite verfolgen, wie es in den Protagonisten arbeitet und sie sich letztendlich auch verändern. Mir hat der Schreibstil sehr gut gefallen, weil er so unaufgeregt daher kommt, man aber trotzdem mittendrin in den teilweise auch mal verwirrten und traurigen Gedanken der vier steckt. Das Buch lässt sich flüssig und gut lesen, das Englisch ist (für mich) gut verständlich, auch wenn es doch sehr britisch ist.




    _Schlusswort
    A long way down von Nick Hornby ist ein Roman, der zum Nachdenken anregt. Die sehr ruhige Schreibstil ist sicherlich nicht für jeden etwas und viele werden die Geschichte aufgrund der kaum vorhandenen Spannung als langweilig empfinden. Mir hat aber genau das gut gefallen, weil es mehr Platz für eigene Gedanken lässt. Alles in allem konnte mich das Buch fesseln, ich konnte mich in die Geschichte fallen lassen und mit den sehr speziellen, aber sympathischen Protagonisten mitleiden, musste aber auch des Öfteren lächeln.

  • Ich auch etwas von dem Buch enttäuscht, weil ich mir ebenfalls mehr davon erhoffte. Aber im Grunde fand ich die verschiedenen Erzählstimmen gut und auch ab und zu musste ich lachen. Was mir ebenfalls nicht so gut gefiehl war, der wie ich fand, abrupte und nichtssagende Schluss. Schade!

    SuB zu Anfang 2023: 125

    Sub zu Anfang 2024: 155


    Derzeit: 196

  • Es ist ja wirklich sehr interessant, wie unterschiedlich die Meinungen sein können. Sie spiegeln ein bisschen mein eigenes Schwanken wieder, und genau deshalb komme ich zu dem Schluss , dass ich das Buch wirklich gemocht habe. es ist eben nicht schwarz-weiss.

    Zunächst einmal fand ich mich gut unterhalten, stellenweise war es echt witzig und hatte eben diesen typischen Hornby Charme.

    Außerdem bin ich erleichtert, dass die Story nie ins richtig Kitschige abdriftet. Es hat natürlich die Tendenz dazu (4 Leute die sehr unterschiedlich sind halten sich gegenseitig vom Suizid ab und werden so etwas wie eine Gang), aber dieser Faden wird nicht allzusehr gesponnen. Auch dass es am Ende nicht die Lösung gibt, die eine große Einsicht und nicht alle superglücklich sind, finde ich glaubhaft.

    Ab und zu habe ich mich geärgert, dass die Figuren so viele blinde Flecken haben und Offensichtliches nicht erkennen, oder wie oben beschrieben, sehr oberflächlich wirken- aber eigentlich ist ja genau das ihr Dilemma: Depression hat nun mal viel mit Stau, Stillstand und Einengung zu tun.

    Für mich ist es ein Buch, das in Erinnerung bleiben wird.

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)