Hella Haasse – Transit

  • Original: Transit (Niederländisch, 1994 )
    Übersetzung: Heike Baryga


    ZUM INHALT:Nachdem sie über ein Jahr durch Europa getrampt war, kommt Iks = Xenia (griechisch: die Fremde) zurück nach Amsterdam. Sie sucht ihre Freunde Daan und Alma, mit denen sie früher zusammengewohnt hat. Daan trifft sie bereits auf dem Bahnhof, wo er sich ziemlich heruntergekommen sein Essen aus den Papierkörben sammelt, und Alma, das ehemalige Fotomodell, ist inzwischen im Prostituiertenmilieu verschwunden. Ein alter Mann nimmt die verzweifelte Xenia in sein Haus auf, eine einzigartige Freundschaft über Generationen hinweg entwickelt sich. Aber Xenia sucht weiter nach ihrer Freundin und macht sich auf nach dorthin, wo sie am liebsten ist: unterwegs. (Kurzbeschreibung und Klappentext Suhrkamp)


    ANMERKUNGEN:Iks (= Xenia) teilte früher mit ihren Freunden die Idee von einem baldigen Aufbruch und einem „anderen Leben“. Doch entgegen ihren gemeinsamen Plänen zieht sie alleine los und hat bei ihren Reisen durch Europa (denn weiter sollte es nie gehen) auch ernüchternde Erfahrungen zu bewältigen gehabt. Als sie nun bei Buchhandlungsbeginn wieder in ihrer Stadt auftaucht findet sie die alten Freunde heruntergekommen (Daan) oder gar verschwunden (Alma). Zufällig findet sie Eingang in eine seltsame Wohnung und einem noch seltsameren Bewohner, einem älteren Kauz, der sich auf seine Weise auch nicht das Spiel der Gesellschaft mitmachen wollte und sich schlichtweg abschottet, und das finanziell auch kann. Der „Einsiedler“ lebt also ebenso in einer Trennung, Ablehnung.
    Auf ihre je eigene Weise leben sie, was sie einander dann in ein paar Tagen (der Handlungsspielraum geht von einem Sonntag zum nächsten) gemeinsamen Lebens vorwerfen: Mangel an Verantwortung und Weltflucht, Verweigerung, seine Gaben für andere und sich selbst auszuleben. Und dabei eine gewisse herablassende Haltung gegenüber der "Menge". Dennoch sind genau diese Auseinandersetzungen das Interessanteste am Buch.


    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Buch etwas Unfertiges an sich hat. Die Autorin hätte eventuell mehr draus machen können, und dabei denke ich nicht nur an die halben Charkterzeichnungen der Hauptpersonen oder an das offene Ende in der Suche nach der Freundin, sondern an zwei, drei ausbaufähige Themen des Hauptteils, insbesondere den wirklich interessanten Ansatz einer Verwandtschaft UND eines Kontrastes zwischen dem kauzigen Einsiedler und der weit gereisten Ikse/Xenia. Hätte also länger ausgefeilt werden und ausfallen können.


    Ich wunderte mich, hier die Autorin der „Teebarone“ zu haben, einem Buch, das mir so ganz anders erscheint.


    Übrigens könnte das Buch dennoch hier einigen gefallen! Desletzt konnte man es stark preisreduziert erhalten und mit seinen gerade mal 115 Seiten ist es schnell gelesen!


    ZUR AUTORIN:Hella Serafia Haasse (* 2. Februar 1918 in Batavia) ist eine niederländische Schriftstellerin. Sie wuchs auf in Java, der ehemaligen niederländischen Kolonie (bis Ende 1949) Indonesien , später in Amsterdam. Viele ihrer Werke schildern das Leben in Indonesien, bzw. Niederländisch-Ostindien.


    Haasse wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet, darunter der P.C. Hooft-prijs (1983) und der Prijs der Nederlandse Letteren (2004). 1988 wurde ihr die Ehrendoktorwürde der Universität Utrecht verliehen.
    Sie gehört zu den meistgelesenen niederländischen Autoren


    Taschenbuch: 115 Seiten
    Verlag: Suhrkamp (1999)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3518395203
    ISBN-13: 978-3518395202

  • Ich habe das Buch auch kürzlich gelesen und möchte meinen Senf dazugeben.

    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Buch etwas Unfertiges an sich hat. Die Autorin hätte eventuell mehr draus machen können, und dabei denke ich nicht nur an die halben Charkterzeichnungen der Hauptpersonen oder an das offene Ende in der Suche nach der Freundin, sondern an zwei, drei ausbaufähige Themen des Hauptteils, insbesondere den wirklich interessanten Ansatz einer Verwandtschaft UND eines Kontrastes zwischen dem kauzigen Einsiedler und der weit gereisten Ikse/Xenia. Hätte also länger ausgefeilt werden und ausfallen können.

    Ich sehe das etwas anders als Du. Ich denke, dass das, was hier so unfertig wirkt, eine Absicht der Autorin sein kann, mit der sie unterstreicht, wie auch das Handeln der drei Jugendlichen, Daan, Alma und Xenia war.
    Xenia ist in einer Entwicklung, die Schule geschmissen, durch die Welt gezogen, zurückgekommen, der eine Freund gestorben, die Freundin verschwunden, sie verweilt eine Zeit und dann zieht sie weiter, weil sie die Freundin suchen will. Insofern begleitet man sie ja nur ein Stückweit. Ebenso wie der alte Professor, bei dem sie eine Zeitlang ist. Diese Stelle des Buches finde ich sehr philosophisch. Er hat in seinem Leben (scheinbar als Literaturprofessor) Rapiarien verfasst, also Notizen über Gelesenes und Gedachtes. Und seine letzte Haushaltshilffe hat die zerrissen und für den Müll vorbereitet. Gemeinsam mit Xenia ordnet er diese, in der Hoffnung, das Ganze wieder zusammenbringen zu können. Die Lektüre der Schnipsel bringt sie zum Nachdenken und zur Sinnsuche. Sie befreit den Alten, der Jahre das Haus nicht verlassen hat, indem sie ihn auf die Straße und ins Leben zerrt. Er hat ihr zumindest in Ansätzen seine Gedanken vermittelt. Insofern schildert das Buch in meinen Augen einen Austausch.
    Dass Xenia dann geht, weil sie die Freundin suchen will, ist eben ihre Bewegung des Weitergehens, daher dann auch der Titel, Transit.
    Mir hat das Buch gerade in seiner Offenheit gut gefallen.

    Du solltest die Sorte Frau sein, wo - wenn sie morgens aufsteht und einer ihrer Füße den Boden berührt - der Teufel sagt: "Scheiße, sie ist wach!"
    :study: Dieses Jahr rockt das Regal!

  • Deine Erklärungen helfen mir nun, dieses empfundene "Unfertige" besser einzuordnen. Du hast ganz Recht: der Titel lautet ja "Transit". Da geht etwas, oder jemand, vorbei, vorüber...


    Danke.

  • Hier noch, unter dem selben Titel, eine Ausgabe im niederländischen Original: