Blanca Busquets - Die Woll-Lust der Maria Dolors/El jersei

  • Kurzmeinung

    Squirrel
    Etwas weniger Problemthemen hätten gereicht. Aber amüsante Lesestunden sind es allemal
  • Originaltitel: El jersei (erschienen 2006)
    280 Seiten


    Klappentext:
    Zwei rechts, zwei links und bloß keine fallen lassen.
    Still sitzt sie da und strickt emsig vor sich hin: Seit einem Schlaganfall lebt Dolors bei der Familie ihrer Tochter Leonor. Zwar kann sie nicht mehr sprechen, sie hat aber nach wie vor einen scharfen Verstand. Und blind und taub ist sie auch nicht geworden, wie das alle zu glauben scheinen - warum sonst behandelt man sie wie ein Möbelstück? Während die lebenskluge alte Frau für ihre 16-jährige Enkelin einen wundervollen Pullover in leuchtenden Farben strickt, entgeht ihr nichts von dem, was in dieser scheinbar ganz normalen Familie vorgeht.Jeder hütet hier ein Geheimnis. Nicht zuletzt Dolors selbst…


    Autorin:
    Blanca Busquets, 1961 in Barcelona geboren, arbeitet seit 1986 als Fernseh- und Radiojournalistin für Televisió de Catalunya und Catalunya Ràdio, wo sie diverse Kulturprogramme moderiert. Nach mehreren preisgekrönten Erzählungen und ihrem Romandebüt >Presó de Neu< (2003) hat sie mit >Die Woll-Lust der Maria Dolors< die Herzen aller Generationen bezaubert.
    Quelle: Klappentext


    Cover und Aufbau:
    Cover:
    Das Cover ist sehr schlicht, aber dennoch schön gestaltet. Mit seinem dunkelroten Hintergrund passt es in die Adventszeit, sodass man es - wenn man nur flüchtig darauf schaut - durchaus für ein Weihnachtsbuch halten könnte. In der Mitte befindet sich der Schriftzug des Titels, der sehr geschwungen und leicht verschnörkelt wirkt. Neben dem Titel ist der Schatten einer Katze aufgedruckt, unten in der Ecke steht ein Korb mit Wolle und Stricknadeln. Die Aufmachung passt also sehr gut zur Geschichte, und auch die auf den ersten Blick vielleicht unpassend wirkende Katze erhält im Laufe der Handlung ihre Bedeutung.


    Aufbau:
    Das Buch ist in 11 Kapitel, die circa 20 Seiten umfassen, aufgeteilt und in der dritten Person geschrieben. Dennoch ist alles die Gedanken- oder Gefühlswelt von Dolors, der 85-jährigen Protagonistin, alles wird über sie und ihre Wahrnehmungen berichtet. Die Ausnahme dazu stellt der Epilog da, in dem sieben kurze Ausschnitte aus den Gedanken verschiedener Personen in einer bestimmten Situation wiedergegeben werden.
    Der Stil ist zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, denn es geht keineswegs nur darum, was Dolors im Leben ihrer Familie aufschnappt, sondern ihre ganze Lebensgeschichte wird eingearbeitet. Allerdings werden diese “Zeitsprünge” vorher nicht gekennzeichnet, nicht einmal ein Absatz wird gesetzt. In der einen Zeile befindet man sich in der Gegenwart - welche im Präsens geschrieben ist - in der nächsten dann in der nahen oder auch sehr fernen Vergangenheit. Auch sind diese “Reisen in die Vergangenheit” nicht chronologisch angeordnet. Was noch hinzukommt ist, dass nur die wörtliche Rede in der Gegenwart in Anführungszeichen gesetzt wurde, in der Vergangenheit ist dies nicht der Fall.
    Die Titel der Kapitel sind allesamt an das Stricken des Pullovers angelehnt, beziehungsweise die verschiedenen Arbeitsschritte. Beispielsweise heißt ein Kapitel Die Hüfte, ein anderes wiederum Die Nähte. Daraus kann man schließen, wie weit die Arbeit am Pullover fortgeschritten ist. Diese Arbeit zieht sich übrigens durch das ganze Buch. Deshalb finde ich persönlich auch den Originaltitel besser als den deutschen - El jersei bedeutet nämlich “Der Pullover”.


    Meine Meinung:
    Trotz anfänglicher Probleme mit dem Schreibstil habe ich dieses Buch sehr gerne gelesen, oder vielleicht auch gerade deshalb. Ich mag komplexe Geschichten, in denen ich immer ein bisschen mitdenken muss, um mich nicht von der wechselnden Situation verwirren zu lassen. Irgendwann habe ich sogar Gefallen an diesen wechselnden Zeitformen gefunden, weil ich interessant fand, wie verschiedene Ereignisse in Dolors Erinnerung/Gedankenwelt verknüpft wurden und auch, wie es mit der Arbeit am Pullover zusammenhing. Durch diese Erzählweise setzen sich die Bruchstücke des Lebens der Protagonistin nach und nach zusammen, bis man schließlich ziemlich am Ende einen guten Überblick hat und verstehen kann, wie alles zusammenhängt und auch, dass manche Handlungen der Vergangenheit selbst noch dreißig Jahre danach ihre Auswirkungen haben. Überhaupt ist die Geschichte leicht philosophisch angehaucht - kein Wunder, immerhin hat Dolors dieses Fach (heimlich) studiert.
    Dolors ist eine sehr aufgeschlossene Frau, die auch keine Probleme mit Homosexualität hat und für die damalige Zeit erstaunlich offen war. Allerdings ist sie alles andere als ein Tugendschaf, beispielsweise

    Sie hat ihre eigenen Vorstellungen, zu allem eine Meinung und ihr Verstand ist wirklich noch sehr wach. Dadurch, dass wir die Geschichte quasi durch ihre Gedanken erleben und es sich um ihr Leben dreht, ist alles sehr subjektiv, wir sehen die Dinge nur so, wie sie es sieht, und nehmen dadurch auch die einzelnen Charaktere durch ihre Augen wahr. Dadurch kann man sich sehr stark mit der Hauptperson identifizieren, und andere Blickwinkel auf die Personen bekommt man durch Monologe, die die Charaktere führen, wenn sie sich allein fühlen (“Oma bekommt ja nichts mehr mit”). Der Epilog bietet zudem Einblicke in die Gedankenwelt der im Buch auftretenden Figuren, was ein abrundender Schluss ist.
    Was mir auch positiv aufgefallen ist: heikle Themen wie Homosexualität und Magersucht werden aufgegriffen, sind keine Tabuthemen und werden auch nicht schlecht geredet beziehungsweise verklärt. Es wird gezeigt, dass Magersucht sehr schlimm ist und dass man Hilfe braucht, außerdem, dass die Betroffenen oft blind dagegen sind.
    Die Woll-Lust der Maria Dolors ist in meinen Augen ein wirklich schönes Buch, das ich in wenigen Stunden gelesen habe und welches mich sehr berührt hat. Vor allem im letzten Kapitel hatte ich Tränen in den Augen. :( Bei der Wertung schwankte ich erst zwischen 4,5 und 5 Sternen, aber letztendlich:
    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Carpe Diem.
    :musik: Herr Heiland und der gefallene Engel, gelesen von Reinhard Kuhnert

    2024 gelesen: 18 Bücher | gehört: 4 Bücher

  • Vielen Dank für deine ausführliche Rezension, Jisbon! :thumleft: Damit machst du mich sehr neugierig auf das Buch und ich setze es auf jeden Fall auf meine Wunschliste. Bei vorablesen habe ich schon die Leseprobe gelesen, die mir auch sehr gut gefallen hat.


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Von mir gibt es für das Buch 4 von 5 möglichen Sternchen...




    Wie erwartet ist das genau die richtige Lektüre für mich!



    Nein, es ist keine "zauberhafte" Geschichte über ein liebes altes Omilein sondern stellenweise herrlich böse.


    Schon die Idee, das Buch aus Sichtweise einer Oma zu schreiben, die
    aufgrund eines Schlaganfalls zum stummen Verweilen im Wohnzimmersessel
    verdammt ist, fand ich wunderbar und der Autorin ist die Umsetzung
    wunderbar gelungen.


    Der Schreibstil ist außergewöhnlich - aber typisch "Oma": sie kommt
    "von Höcksken auf Stöcksken", sprich: sie springt innerhalb eines
    Kapitels übergangslos zwischen drei verschiedenen Zeitsträngen hin und
    her, was zu Beginn sicherlich gewöhnungsbedürftig ist, meiner Meinung
    nach aber den Charme des Buches und der Hauptakteurin ausmacht.


    Auch der Inhalt ist wunderbar komponiert - wobei ich auch
    zwischenzeitlich dachte "weniger ist manchmal mehr". In der Familie sind
    ja nahezu alle Probleme vertreten, die es in Familien gibt, aber ohne
    das wäre das Buch sicherlich in kürzester Zeit langweilig geworden. Eine
    kleine Oma im Sessel - so ein Leben, wie sie geführt hat, traut man ihr
    eigentlich nicht zu. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie schlimm
    es ist, aus einem aktiven und vor allem: redseligen Leben so plötzlich
    rausgerissen und zum Stummsein verdammt zu sein. Wer redselig ist, ist
    aber in vielen Fällen auch neugierig (worüber sonst soll man reden?) -
    und diese Neugierde hat Maria Dolors Gott sei Dank nicht verloren und
    lässt uns Leser teilhaben an dem chaotischen Familienleben.


    Verfilmt werden kann dieses Buch nicht - ich habe nämlich schon ein
    Bild dieser Oma vor Augen und da meine beiden Omis tot sind, können sie
    nicht als Schauspielerinnen engagiert werden.


    Also: wer ein paar vergnügliche Stunden mit Oma im Sessel verbringen
    möchte, der sollte das Buch unbedingt lesen - so manche Überraschung
    erwartet den Neugierigen. :totlach: :bounce:

  • Die Woll Lust der Maria Dolors von Blanca Busquets


    Das Cover des Buches hat mir sehr gut gefallen, die leicht erhabene Schrift,
    die Farben, das alleine hat mich schon neugierig gemacht.
    Im Nachhinein vermisse ich allerdings eine Tasse heiße Schokolade auf dem Cover.


    Zur Geschichte:
    Es ist eine Interessante Geschichte über die 85 Jährige Dolors, die nach einem Schlaganfall bei ihrer jüngeren Tochter einzieht. Durch den Schlaganfall wurde sie stumm, doch nicht wie die meisten in der Familie denken, auch taub. Sie hört und das erstaunlich gut, für eine 85 jährige. Dadurch erfährt sie so manches Geheimnis in der Familie, das den meisten am liebsten wohl verborgen gebliebn wäre. Doch da sie nicht mehr sprechen kann nd die rechte Hand zu sehr zittert um viele Sätze zu schreiben, kennt nur sie die Geheimnisse der anderen.
    Doch auch die trägt das ein oder andere Geheimnis mit sich herum. Die Frage ist, was kommt am Ende des Buches zu Tage und was bleibt verborgen?


    Die Geschichte ist sehr gut geschriben und bis zum Schluß flüssig zu lesen.
    Am Anfang hatte ich etwas Schwierigkeiten mit dem Zeitenwechsel nach den einzelnen Absätzen und musste mich erst damit zurecht finden, das Dolors mitten drin uas der Gegenwart in ihre eingene Vergangenheit springt und wieder zurück. Doch als ich mich daran gewöhnt hatte, fand ich diese Lösung sehr gut. Maria Dolors ist 85 Jahre alt und eine Frau in diesem Alter würde jeder Zeit durch eine Kleinigkeit gedanktlich abwandern und irgendwo anders wieder auftauchen.


    Für mich eine runde und gut gelungene Geschichte, ich bin gespannt, was Blanca Busquets noch schreiben wird.


    Von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Hunde sind wie Bücher, man muss nur in ihnen lesen können, dann kann man viel lernen.


    [align=center]Oliver Jobes

  • Meine Meinung: Angesprochen hat mich der zweideutige Titel des Buches ebenso wie die Schlichtheit des Covers. Zunächst könnte man noch denken, dass es hier wirklich nur um das Thema stricken geht, zumal auf dem Cover ja auch ein Strickkorb abgebildet ist. Aber nach und nach wird der Titel immer passender, denn auch Dolors hat es faustdick hinter den Ohren.


    Die 85-jährige ist nach einem Schlaganfall stumm und die ehemals sehr selbständige Frau muss Wohl oder Übel dem Drängen ihrer Tochter nachgeben und zu ihr ziehen. Alleine in einer Wohnung ohne der Sprache mächtig zu sein, das ist nicht mehr tragbar. Das Leben mit den beiden Enkelkindern und ihrer Tochter, sowie dem Schwiegersohn gestaltet sich nicht immer so einfach. Außer ihrem Enkel Martí scheint es niemandem aufzufallen, dass sie nur stumm aber keinesfalls taub ist. Natürlich erfährt sie so vieles, von dem die Familie annimmt, sie bekommt es nicht mit. Aber möchte Dolors das auch immer?


    Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass es in dieser Geschichte einzig um Dolors geht. Um ein Thema, was heute leider sehr aktuell ist - alte Leute auf dem Abstellgleis. Stattdessen geht die Autorin auf jede einzelne Figur ein. Nicht nur die Gegenwart wird behandelt - auch die Gegenwart. Leider gehen die Erzählungen fließend ineinander über, sodass nicht immer gleich offensichtlich ist, wo man sich gerade befindet.


    Die beiden letzten Sätze des Klappentextes "Jeder hütet hier ein Geheimnis. Nicht zuletzt Dolors selbst" treffen den Nagel auf den Kopf. Jede, aber auch wirklich jede Figur hat etwas zu verbergen. Ich bin enttäuscht, was die Autorin aus einem eigentlich perfekten Ausgangsthema gemacht hat. Eine Seifenoper in der ARD ist noch harmlos dagegen. Auf 280 Seiten wird wirklich jedes Klischee bedient. Viel mehr Probleme hätte Blanca Busquets wohl auch nicht mehr in ihren Roman quetschen können.


    Es tauchen folgende Probleme auf:

    Das war in meinen Augen etwas zuviel des Guten. Ein Thema richtig ausgearbeitet wäre richtig gut gewesen. So bleibt aber nur ein schaler Nachgeschmack. Ich habe bei der Vergabe der Sterne zunächst noch zwischen zwei und drei geschwankt. Aber jetzt, wo ich die Geschichte ein paar Tage habe sacken lassen, kann ich leider nur zwei Sterne vergeben. Schade eigentlich!


    :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Wirklich reich ist, wer mehr Träume in seiner Seele hat, als die Realität zerstören kann!"


    :love: :love: :love:

  • Diesen Roman habe ich in 2010 bei vorablesen gewonnen. Ich hatte mich auf das Buch "Die Woll-Lust der Maria Dolors" von Blanca Busquets sehr gefreut. Die Leseprobe versprach ein Buch über eine 85-jährige Ich-Erzählerin namens Dolors, die nach einem Schlanganfall nicht mehr sprechen kann und bei ihrer Tochter einzieht. Fast die ganze Familie hält sie für taub und denkt, dass "Oma" nichts mehr mitbekommt. Genau das Gegenteil ist natürlich der Fall. Dolors kann zwar nicht mehr reden, bekommt dafür aber umso mehr mir und deckt damit einige Geheimnisse ihrer Familie auf.


    Die Grundidee gefiel mir wirklich gut, die Umsetzung aber leider gar nicht. Das Buch hat lediglich 280 Seiten auf denen Blanca Busquets alle Themen, die es wert sind geheim gehalten zu werden, reinpresst. Ich habe wirklich das Gefühl die Autorin hat eine Liste aller Charaktere erstellt und eine mit möglichen Geheimnissen und dann einfach zusortiert. Man kommt sich bei dem Buch vor wie in der Wisteria Lane bei Desperate Housewives, nur dass eine ganze Staffel hier auf 280 komprimiert wurde. So schafft die Autorin es, in diesem kurzen Buch folgende Themen anzusprechen:


    Für mich wirkt es einfach gezwungen und übertrieben, eine Aneinandereihung von aktuellen Themen.


    Ein weitere Punkt, der mir nicht gefällt ist die Art und Weise des Schreibens. Dolors ist die Ich-Erzählerin, deshalb wird natürlich aus ihrer Sicht erzählt. Allerdings springt Dolors ständig in ihren Gedanken. Ein Absatz gilt der Vergangenheit, der nächste dem Stricken, der übernächste ist wieder Vergangenheit ... Man muss bei jedem neuen Absatz immer erst mal schauen, worauf er sich bezieht. Das klappt zwar schnell, da die Autorin immer Hinweise gibt, aber alle 5 Zeilen in der Zeit und im Thema zu springen ist einfach anstrengend und liest sich meines Erachtens nicht sehr gut.


    Der Titel selbst hat mich gar nicht gereizt, aber das Cover ist ganz gut geworden, da ich die Schriftart sehr mag und der Aufdruck hervorgehoben (also fühlbar) ist. Ansonsten war das Buch für mich aber eine Enttäuschung und ich musste mich wirklich zwingen es zu Ende zu lesen.

    • Taschenbuch: 280 Seiten
    • Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. Januar 2011)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3423248165
    • :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:
  • Still sitzt sie in ihrer Ecke im Wohnzimmer und strickt emsig vor sich hin. Seit einem Schlaganfall lebt Dolors bei der Familie ihrer jüngsten Tochter Leonor. Bis auf ihren Enkel Martí behandeln die Familienmitglieder die alte Frau jedoch wie ein Möbelstück, denn sie kann nicht mehr sprechen und sich nur noch durch Gesten verständigen. Aber Dolors ist weder blind noch taub geworden. Sie hat nach wie vor einen scharfen Verstand und es zudem faustdick hinter den Ohren. Während sie für ihre 16-jährige Enkelin einen wundervollen Pullover in leuchtenden Farben strickt, entgeht ihr nichts von dem, was in dieser scheinbar normalen Familie vor sich geht. Jeder hütet hier ein Geheimnis. Nicht zuletzt Dolors selbst … (Amazon Inhaltsangabe)


    Die Handlung selbst hatte keine großen Wendungen, was aber bei einer alten Frau als Hauptperson nicht sonderlich überraschend ist. Trotzdem hat mich von Anfang an gefesselt, wie viel in einer Familie passieren kann, ohne das die anderen Notiz davon nehmen, leider muss ich aber sagen, dass jede einzelne Person ihr Päckchen zu schleppen hatte, dass man bei den letzten Kapiteln gedacht hat, man schaut ein Seifenoper beim ZDF.


    Gute gelungen wiederum fand ich, dass die Handlung mit dem Pullover "wächst". Dazwischen erfährt man als Leser immer wieder etwas aus Dolores' Vergangenheit, was am Anfang verwirrend war. Die vielen Namen und Personen musste man erst dem richtigen Handlungsstrang zuordnen, doch nach einer Weile was das Hin- und Herspringen überhaupt kein Problem mehr.


    Das Buch habe ich mit Freude gelesen und bin gespannt, ob man wieder etwas von der Autorin lesen wird :)

  • Ich bin gerade das Buch am lesen und ich finde es super, wie die Oma alles beobachtet:
    Ich finde es nur manchmal schwer, zwischen den Zeiten zu wandeln.
    Also ob sie gerade in der Gegenwart oder in der Vergangenheit ist.


    Irgendwie erinnert die Oma mich, an meine Oma, die ich sehr lieb hatte.


    :D

    :study: Ein Tag ohne ein Buch, ist ein schlechter Tag! :study:


    Gelesene Bücher 2015: 176
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    Gelesene Bücher 2019: 17

  • Die erste Rezension für dieses Buch hat mich absolut neugierig darauf genacht und ich musste es unbedingt lesen . Mir gefiel dieses Buch sehr gut . Auf den ersten Seiten ist es zwar nicht immer leicht " VOM HEUTE" auf die " VERGANGENHEIT " umzuschalten , aber wenn man sich erstmal eingelesen hat , stellte es für mich kein Problem mehr dar . Wie jeder in der Familie so sein "kleines" Geheimniss hat , was die anderen ja nicht mitbekommen sollen, der Oma aber nix entgeht , ist einfach herrlich zulesen. Auch wie ihre Gedanken sich um ihre ureigene Lebensgeschichte drehen , zauberte mir so manches lächeln auf meine Lippen .


    Fazit: ein lesenwertes Buch , von mir :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Inhalt:


    Maria Dolors hat einen Schlaganfall erlitten und kann seit dem nicht mehr sprechen. Sie fristet nun ihr Dasein in der Wohnung ihrer jüngsten Tochter. Niemand scheint sich so recht für sie zu interessieren. Nur Marti, ihr Enkel, kümmert sich um sie und betrachtet sie auch nicht als Dekorationsgegenstand. Die anderen hingegen bemerken sie nicht und so kann sie ungestört in ihrem Sessel im Wohnzimmer sitzen und bekommt so allerhand von der Familie mit. Jeder trägt ein Geheimnis mit sich und selbst Dolors hat ihr eigenes.


    Während Dolors beginnt für ihre Enkelin Sandra einen Pullover zu stricken, lässt sie ihr Leben Revue passieren.


    Meine Meinung:


    Den größten Einblick in den Charakter gewährt uns Dolors, da man ihr Leben vom Beginn ihrer ersten Liebe und allen anderen Wirrungen und
    Irrungen mitbekommt. Mir haben die Einschübe besser gefallen, als das Jetzt. In der Familie hat jeder so sein Geheimnis, was genau, darauf möchte ich nicht eingehen. Es kommt aber immer wieder zu Situationen, in denen Dolors helfen möchte, nur kann sie nicht sprechen und das Schreiben funktioniert auch nicht mehr so gut. So kann sie nur mit Gesten helfen und manchmal möchte sie schimpfen oder trösten und auf das alles muss Dolors verzichten. Die Autorin konnte dieses Gefühl gut rüber bringen, wenn aus einer kommunikativen Persönlichkeit plötzlich ein stummer Fisch wird.


    Ich finde auch, dass die Autorin schön zeigt, wie man immer wieder auf alte Menschen vergisst. Dolors ist immer da, sitzt in ihrer Ecke und
    fällt nicht weiter auf. Sie wird als selbstverständlich betrachtet, und da sich jeder mit sich selbst beschäftigt, hat man für jemanden der nicht mehr „richtig“ funktioniert, eben kein Interesse mehr über. Dieser Aspekt kam in dem Buch gut rüber.


    Die meiste Zeit wird man aber in die Gedankenwelt von Dolors gezogen. Sie erinnert sich an ihr Leben, ihre Taten und auch an Dinge die nicht
    allzu lange zurückliegen. Man erhält daher einen guten Einblick.


    Jedoch bin ich nicht ganz mit der Handlungsweise von Dolors einverstanden und manchmal empfand ich sie in ihren Handlungen nicht so
    sympathisch. Einerseits beschwert sie sich über ihre jüngste Tochter, dass sie kein Rückgrat besitzt, andererseits scheint Dolors in ihrer Jugend auch keines gehabt zu haben. So manches wirkt eigenbrödlerisch und ich kann es nicht ganz so nachvollziehen.


    Anfangs muss man sich etwas auf die schnellen Wechsel zwischen Jetzt und Früher einstellen, geht aber mit der Zeit ganz gut und es
    wirkt flüssig.


    Der Schluss war für mich das Schönste an dem Buch und auch die Art und Weise, wie Dolors ihr Leben aufgearbeitet hat. Dies hat eine eigentümliche Stimmung bei mir hinterlassen. Den Epilog hätte man sich aber sparen können.


    Ich sehe das Buch im Mittelfeld, es lässt sich leicht lesen und manchmal kann man mit Dolors mitfühlen, manchmal aber gar nicht. Die anderen Familienmitglieder scheinen aneinander vorbei zu leben und sind für mich nur Beiwerk in dem Buch, da die Geschichte von Dolors interessanter ist.


    Die Autorin schafft zwar Stimmung und sorgt für gute Lesbarkeit, jedoch fehlt mir noch das I-Tüpfelchen. Aber irgendwie ist es
    bedrückend, wenn man alt ist und auf sein Leben zurückblickt, mit dem Gedanken, dass man eben nicht mehr viel Zeit hat. Diese Stimmung ist bei mir im Kopf geblieben. Jedoch habe ich mit Dolors dann doch wieder nicht so mitgelitten und deshalb ist das Buch für mich okay!

  • Maria Dolors, nach einem Schlaganfall geschwächt und nicht mehr in der Lage zu sprechen, lebt aus diesem Grund nun zusammen mit der Familie ihrer jüngsten Tochter. Wegen ihrer Einschränkungen glauben alle bis auf Marti, Marias Enkel, dass sie von ihrer Außenwelt nur noch wenig bis nichts mitbekommt. Doch Maria ist ganz Ohr: So erfährt sie nach und nach die Geheimnisse der Familie - und nicht nur erfreuliche. Diese lösen Erinnerungen in ihr aus: ihre erste verbotene Liebe zu Antoni, der eher unglücklichen Ehe mit Edward, ihre Studien - und natürlich an ihre eigenen Geheimnisse, neben denen sich die ihrer ,Pflegefamilie` beinahe als Belanglosigkeiten darstellen.


    Das Buch wird fast vollständig aus der Sicht der 85jährigen Maria Dolors geschildert und wie es für ältere Leute wohl typisch ist, verläuft der Erzählfluss recht sprunghaft. Ereignisse in ihrem Tagesablauf rufen Begebenheiten aus längst vergangenen Zeiten hervor, die wiederum Geschehnisse aus der jüngeren Vergangenheit ins Bewusstsein zurückrufen. So springt die Geschichte vor und zurück und hin und her, und als ,roter Faden` zieht sich das Stricken eines Pullovers für die Enkelin von Maria Dolors durch das Buch.


    Dies Alles ist in einem netten Plauderton geschrieben, der den Tonfall einer älteren, aber dennoch aufgeweckten Dame vermutlich ganz gut trifft. Eine schöne Ergänzung fand ich den Epilog, in dem die gesamte Familie nacheinander noch mehr oder weniger kurz zu Wort kommt und ihre Sicht der jüngsten Vergangenheit darstellt. Alles in allem eine leichte, amüsant zu lesende Lektüre ohne allzu großen Anspruch.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Ich hatte viel Spaß beim Lesen dieses Buchs und auch sehr wache Bilder im Kopf von Dolors, die still im Sessel sitzt und mit wachem Verstand alles um sich herum mitbekommt, da fast alle anderen sie mehr oder weniger wie Inventar behandeln. Das ist auf der einen Seite schlimm und vermutlich durchaus keine Ausnahmesituation für alte Menschen, die von jetzt auf gleich in eine Familie integriert werden müssen, auf der anderen Seite ist es ein Vorteil für denjenigen, der da sitzt und lauscht. Und Dolors lauscht - und wie. :lol:


    Ich finde viele Aussagen meiner Vorschreiber, die zu meinem Empfinden passen. Da ist zum einen der Erzählstil: wenn jemand so komplett auf seine Gedanken und Erinnerungen sowie Beobachtungen zurückgeworfen ist, dann laufen die Gedanken nunmal nicht gradlinig, sie kommen von Hölzchen auf Stöckchen, wie syldine es so passend ausgedrückt hat. Das muss der Leser mögen und wer Probleme damit hat, sprunghaft durch Zusammenhänge geführt zu werden, die puzzleartig erst nach und nach ein Gesamtbild ergeben, der hat vermutlich nicht so viel Spaß an diesem Buch. Ich fand es sehr passend für die Ausgangssituation und damit für die gesamte Geschichte.

    Ich fand es auch gut, wie klarsichtig Dolors ihre eigenen Kinder wahrnimmt. Es ist ja nicht so, dass Eltern ihre Kinder immer verklären, sondern eben oft alle Facetten wahrnehmen und die nicht nur gut finden. So stellt sie aber auch im Laufe der Erzählung ihre eigene Verantwortung für diese Entwicklung ihrer Kinder in Frage - Gedanken, die vielleicht öfter im Alter auftauchen? Wie weit sind Eltern durch Erziehung verantwortlich für den Werdegang der Kinder? Und wo endet diese Verantwortung?

    Während also der Pullover wächst, wächst auch die Geschichte und gibt nach und nach die Familiengeheimnisse preis - aber nicht alle und auch nicht an alle. Allerdings muss ich goat und ClaudiasBuecherregal recht geben: weniger ist mehr. An Geheimnissen und Themen hat die Autorin dann echt zu viel in diese eine Familie hineingepackt, weniger wäre mehr gewesen! Ja, es gibt Familien, in denen es an allen Ecken und Enden kracht, aber hier nimmt es überhand. (Ich habe übrigens in Eure Posts an diesem Punkt Spoiler gesetzt, damit jeder für sich entscheiden kann, wie viel er im Vorhinein wissen möchte darüber :wink:). Das ist auch einer der Punkte, warum ich das Buch insgesamt nur mit 3.5 Sternen bewertet habe - aber das ist ja nicht schlecht, ganz im Gegenteil.

    Etwas, das mir auch ein wenig fehlte, waren ein paar mehr Informationen über die Lebenssituation in Katalonien während der Franco-Ära, die ja die Hauptlebenszeit von Dolors bildet. Ich weiß einiges und konnte mir so ein ganz gutes Bild darüber machen, warum die gesellschaftlichen Gegebenheiten so waren wie geschildert. Aber für nicht-spanische Leser ist das nicht immer einfach einzuordnen. Hier merkt man deutlich, dass eine Katalanin für eine spanisch-katalanische Leserschaft geschrieben hat.

    Trotzdem gebe ich eine Leseempfehlung für gemütliche und amüsante, manchmal philosophisch angehauchte Lesestunden. :)