Mo Hayder - Tokio / The Devil of Nanking /Tokyo

  • Hallo @ll


    Inhaltsangabe bei Amazon kopiert:
    Die junge Studentin Grey ist von einer geheimnisvollen Obsession erfüllt: Mehr als 50 Jahre nach dem Massaker von Nanking im Dezember 1937, wo die japanische Armee innerhalb weniger Wochen 200.000 Menschen gefoltert und umgebracht hatte, reist die Engländerin ins ferne Tokio, um einen der letzten Überlebenden der Geschehnisse aufzusuchen. Von dem chinesischen Professor Shi Chongming erwartet sie den Zugang zu Filmmaterial, das nicht nur die japanischen Gräueltaten dokumentiert, sondern auch ein Rätsel in ihrer eigenen Vergangenheit auflösen soll.
    Der Professor reagiert abweisend und ist erbost über die aufdringlichen Besuche der jungen Frau. Sie bleibt jedoch hartnäckig und richtet sich auf einen längeren Aufenthalt in der fremden Stadt Tokio ein. Kurz entschlossen quartiert sich die mittellose Grey bei einem amerikanischen Studenten ein, der zusammen mit zwei Russinnen in einem verfallenen Palast wohnt. Svetlana und Irina arbeiten als Geishas in einem exklusiven Nachtclub mit illustrem Publikum. Auf deren Vermittlung hin nimmt sie dort einen lukrativen Job an.


    Im Nachtclub begegnet sie einem geheimnisvollen alten Mann, dem Mafia-Boss Fuyuki, der die Gesellschaft Greys bald schätzen lernt. Eher durch Zufall erfährt Professor Shi Chongming von Greys Tätigkeit als Geisha und ihrer Bekanntschaft mit dem Yakuza Fuyuki. Nach der Erwähnung Fuyukis zeigt er sich plötzlich an der jungen Studentin interessiert und macht ihr ein Angebot: Sie soll für ihn den Yakuza beobachten, wofür er ihr als Gegenleistung schrittweise Zugang zu dem geheimen Filmmaterial gewähren wird.


    Nach ihren beiden reißerischen Psychothrillern Der Vogelmann und Die Behandlung überrascht die englische Autorin Mo Hayder mit einem tiefgründigen und erschütternden Roman über die japanischen Kriegsverbrechen in China. Zwar löst sich Hayder nicht ganz von ihren bisher typischen Erzählmustern, die Sex, Gewalt und Tod sehr brutal, ekelerregend bis hin zur Obszönität darstellten. Doch vor dem Hintergrund der japanischen Kriegsgräuel vor und während des 2. Weltkrieges machen solche schonungslosen Schilderungen sogar durchaus Sinn.


    Die Massenverbrechen der japanischen Armee stellen in Japan nach wie ein Tabu-Thema dar. Um diese prekären Spannungen im ungelösten Verhältnis zwischen Chinesen und Japanern darzustellen, bettet Mo Hayder ihre Handlung geschickt in zwei Zeit- und Erzählebenen ein: hier die mysteriösen Selbstfindungsversuche der jungen Studentin Grey im Sommer 1990, dort die schrecklichen Erinnerungen eines zunächst anonymen Tagebuchschreibers im Jahre 1937.


    In Tokio ist es Mo Hayder eindrucksvoll gelungen, den lebensnotwendigen Sinn und die Bedeutung von Vergangenheitsbewältigung drastisch zu schildern. Denn ihren tragischen Protagonisten bleibt verwehrt, was Bernhard Schlink einmal für die deutschen Verhältnisse formulierte, nämlich „das Vergangene so in Ordnung zu bringen, dass seine Erinnerung nicht mehr auf der Gegenwart lastet.“


    Mein erster Eindruck:
    Ein interessantes Buch über ein ungewöhnliches Thema, welches mich von Beginn an gefesselt hat.
    Mit gefällt es immer, wenn eine Geschichte (wie oben bereits erwähnt) in zwei (oder mehr) Zeit-und Erzählebenen eingebettet ist, die sich dann im weiteren Verlauf zusammenfügen und einen Sinn ergeben.
    Die Atmosphäre der Stadt Tokio wird für meine Begriffe sehr schön und realistisch erzählt, ich habe als Leserin das Gefühl >dabei zu sein<, ich rieche und fühle mit (auch die momentane Hitze hier bei uns kommt gerade richtig, denn auch in Tokio ist es heiss und stickig. Das passt!!) :lol:
    Auch die Protagonisten in dieser Geschichte bleiben menschlich, mit allen guten und schlechten Eigenschaften, das macht das Gelesene glaubwürdig.
    Für mich bis jetzt ++ und mit grosser Wahrscheinlichkeit wird "Tokio von Mo Hayder" mein >Buch des Monats<. =D>


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • @ bonprix: Hattest du keine Probleme mit den Namen?


    Damit habe ich bei Büchern, die in Asien spielen, schon öfter Schwierigkeiten gehabt, und es dauert immer eine Weile, bis ich den Durchblick bei den Personen habe.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)




  • Nein @Marie.....damit habe ich wirklich kein Problem. :thumright:

  • Danke für deinen ersten Eindruck, Bonprix! Als Mo Hayder-Leserin hab ich auch dieses Buch schon daheim liegen. Nach deiner Vorstellung freu ich mich nun umso mehr darauf!

    Liebe Grüße,
    Azrael


    Aktuelles Buch: "Schwarz zur Erinnerung" von Charlene Thompson

  • Zitat

    Original von Azrael


    Danke für deinen ersten Eindruck, Bonprix! Als Mo Hayder-Leserin hab ich auch dieses Buch schon daheim liegen. Nach deiner Vorstellung freu ich mich nun umso mehr darauf!


    Hallo Azrael


    Freu dich auf dieses Buch :!: Ich hab's gerade vor fünf Minuten ausgelesen, und bin - ja, mir fehlen im Moment wirklich die passenden Worte - sehr, sehr begeistert. :thumleft:
    Ungewöhnlich, eigenartig, spannend, berührend, eine Thematik, wie ich sie in dieser Form noch in keinem Buch vorgefunden habe....schockierende Tatsachen über das Massaker der japanischen Armee im chinesischen Nanking; ich muss ehrlich sagen, schon lange habe ich kein Buch mehr gelesen, welches mich SO beeindruckt, mir SO gut gefallen hat. =D> =D> =D>
    Dieses Buch bekommt jetzt bereits von mir ***** und ist mein >Buch des Monats< :!:


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • So sehr mich "Der Vogelmann" und "Die Behandlung" begeisterten, so sehr langweilt mich "tokio". irgendwie komme ich da nicht rein. Liegt es an den Namen, die mir nicht so geläufig sind, oder dem Land, über dessen Geschichte ich zuwenig weiß.... :?:
    Liebe Grüße, Tucker

    "Es geht uns mit Büchern wie mit den Menschen. Wir machen zwar viele Bekanntschaften, aber nur wenige erwählen wir zu unseren Freunden."


    Ludwig Feuerbach

  • at Bonprix,


    du hast mich richtig neugierig auf das Buch gemacht. :thumright:
    Ich werde mir das Buch demnächst kaufen.



    Gruß Cassie :D

    „Derjenige, der zum ersten Mal an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation.“
    Sigmund Freud :--o

  • Hi Bonprix,


    ich habe mir das Buch letzte Woche gekauft und habe am Sonntagmorgen mit lesen begonnen, gegen Abend war ich mit dem Buch fertig.
    Ich konnte es einfach nicht weglegen. Superspannend!!!! =D>


    Das Buch zeigt auch, das nicht nur wir Deutsche eine schreckliche Vergangenheit haben, sondern das auch andere Länder mit der Vergangenheit zu kämpfen haben und es viele nicht wahrhaben wollen, wie grausam doch Menschen sein können.


    Gruß Cassie :)

    „Derjenige, der zum ersten Mal an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation.“
    Sigmund Freud :--o

  • Hallo Cassie


    Es freut mich, dass dir das Buch gefallen hat :thumleft: und du meine Begeisterung teilst. :D
    Ich möchte an dieser Stelle auch einmal erwähnen, dass die deutsche Übersetzung dieses Buch erst zu meinem (persönlichen) Lesegenuss gemacht hat. =D>


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • Mir geht es ähnlich wie Bonprix, vielfältige Eindrücke, müssen erstmal verarbeitet werden.
    Erschütternd, schockierend u.ä. drückt es meiner Meinung nach kaum aus.


    Was mir nicht so gefallen hat:


    Ich habe bis zum Schluss nicht so genau verstanden, wo und wie die Protagonistin aufgewachsen ist? :scratch:


    Und zum zweiten brauche ich jetzt noch wieder mehr Zeit um im Internet nach Informationen zu dem Massaker in Nanking zu suchen.


    Aber auf alle Fälle :thumleft: :thumright:

  • Ich habe jetzt 250 Seiten gelesen - hintereinander "weggefressen" - und wollte nur mal eben vermelden, dass ich ebenso begeistert bin wie Bonprix und Cassandra.


    Schon das zweite Buch innerhalb von zehn Tagen, dass mich mitreißt. Ich hab 'ne Glückssträhne :D


    Marie

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  • Letzte Nacht habe ich mal wieder nicht schlafen können und habe mir das Buch "einverleibt" - in diesem Zusammenhang ein sehr passendes Wort.
    Obwohl man danach eigentlich nicht besser schläft ...


    Vom Mo Hayders Krimis ist man ja manches gewöhnt, aber die Grausamkeit in diesem Buch übertrifft die der andern. Mag sein, dass man sie als schlimmer empfindet, weil man weiss, dass es einen realen historischen Hintergrund gibt. Zwischendurch habe ich das Buch mehrmals hinlegen und tief durchatmen müssen; in den letzten 50-70 Seiten ahnt man, was kommt, und ich hatte oft das Gefühl: Zu lesen, wie diese Ahnung Wirklichkeit wird, das schaffe ich nicht.


    Das, was Janmaat angemerkt hat, ist mir auch durch den Kopf gegangen: Das Buch ist im Jahre 1990 angesiedelt. Das Ereignis, auf das Grey immer wieder anspielt, hat neun Jahre zuvor, also 1981 stattgefunden.
    Sie müsste also 1967/68 geboren sein. In einem Nebensatz erzählt sie von einer Jagd; daraus folgere ich, dass sie ein Kind betuchter englischer Eltern war. Aber das erklärt noch nicht, warum sie so ahnungslos und dumm war.


    (missmarple, mach dem "Engelspapst" den Garaus und fang mit "Tokio" an. Mach am Wochenende frei und schick die Familie zum Spielen vor die Tür. :lol: )


    Marie

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  • Vielleicht hat einer von euch genug Phantasie (oder medizinisches Wissen), um mir eine Frage zu dem Buch zu beantworten, über die ich seit Tagen nachdenke:


    Was hat die Krankenschwester genau


    Marie

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  • Marie


    Die Krankenschwester ist (und macht), was immer Du Dir in Deiner Phantasie vorstellst - eben das macht diese Figur so herausragend. Hayder gibt gerade genügend (mögliche) Hinweise, daß so viele Fragen aufgeworfen werden, um einen lange, lange beschäftigt zu halten. Es ist in gewisser Hinsicht die Umkehr ihres bisherigen Stils, bei dem sie Grausamkeiten unerbittlich detailliert schilderte. Hier erlaubt sie dem Grauen (gerade durch die "Aussparungen"), im Kopf des Lesers Gestalt anzunehmen, und dadurch pakt es einen noch unmittelbarer ...


    Gruß
    Ute

  • @ Ute,
    allerhand, was die Autoren heutzutags von ihren Lesern verlangen!?! Es reicht nicht, dass der Leser mitdenkt und den Gedanken der Autoren hinterherkommt, jetzt muss er sich auch noch bestialische Grausamkeiten der schlimmsten Sorte SELBST ausdenken. :pale: Aber sich dann über die wachsende Grausamkeit in der Welt wundern


    Und, wie sieht es mit den grausamen Phantasien der andern hier aus, die dieses Buch gelesen haben?


    Marie

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