Die Autorin
„Die Stunde der Glühwürmchen“ (Originaltitel: „Anybody Any Minute“) ist der dritte Roman der Autorin Julie Mars. Neben diesen Romanen (die anderen beiden heißen „The Secret Keepers“ und „A Month of Sundays: Searching for the Spirit and My Sister”) hat sie bereits zahlreiche kürzere Erzählungen und einige Sachtexte veröffentlicht. Sie beschäftigt sich zum Beispiel mit Traumdeutung und Sternzeichen.
Darüber hinaus arbeitet sie als Lehrerin und hat bereits – nicht nur an Schulen – zahlreiche Kurse zum kreativen Schreiben geleitet.
Julie Mars lebt in Albuquerque, New Mexico.
(Informationen dem Buch und der Homepage der Autorin (www.juliemars.com) entnommen.)
Kurzbeschreibung:
Eine spontane Entscheidung und eine Frau, die ihre Träume wahr macht …
Ellen Kenny, 46 Jahre, Ex-Hippie, kann ihre Zunge schwer im Zaum halten. Der Grund, aus dem sie gerade gefeuert wurde. Entschlossen, das Beste aus der unverhofften freien Zeit zu machen, startet sie von New York nach Montreal, um ihre Schwester zu besuchen. In der Mitte von Nirgendwo erblickt sie das Farmhaus, von dem sie schon lange träumt, ein wenig heruntergekommen zwar – aber sie kauft es spontan mit ihrer Kreditkarte. Nicht jeder ist begeistert von dieser Entscheidung. Am wenigsten ihr Ehemann Tommy …
Zum Inhalt
Nachdem Ellen sich einmal zu viel mit ihrem Chef angelegt hat, ist ihr Job als Journalistin passé. Verärgert, aber irgendwie auch erleichtert, macht sie sich auf den Weg nach Montreal, um ihre Schwester Karen zu besuchen, die sie viel zu selten sieht. Es ist eigentlich ein ganz normaler Tag, ein Tag, der fast so sein könnte wie jeder andere, aber wenige Stunden, nachdem sie losgefahren ist, ist Ellen plötzlich die Besitzerin eines kleinen alten Hauses mitten im Nirgendwo, nämlich in der kleinen Ortschaft Eagle Beak. Ihr Häuschen ist ziemlich verrottet und absolut nicht das, was eine New Yorkerin wie Ellen sich normalerweise kaufen würde, aber Ellen kann einfach nicht anders und so gehört das kleine Haus schnell ihr.
Logischerweise ist Ellens Ehemann Tommy gar nicht begeistert von der spontanen Aktion seiner Frau, die plötzlich davon spricht, ihren langjährigen Traum, Biobäuerin zu werden, wahrzumachen. Von diesem Traum hat Tommy in den siebzehn Jahren, die er mit Ellen verheiratet ist, noch nie etwas gehört. Und außerdem, so denkt er, wird es sie schon bald wieder in die Stadt zu ihm ziehen, immerhin hat er noch seinen Job und er kann nicht einfach so mitten ins Nirgendwo gehen.
Aber Ellen lässt sich nicht beirren und beginnt ihr neues Leben in Eagle Beak. Sie putzt und renoviert ihr Häuschen, sie legt einen Gemüsegarten an, sie denkt über das Leben nach und sie gewöhnt sich immer mehr an das Leben in dem kleinen Ort. Hier ist alles ganz anders als in New York, und Ellen lernt einen ganz anderen Menschschlag kennen, als sie ihn von der Großstadt gewöhnt ist.
Mit der Zeit schließt sie Freundschaft mit zwei Männern, die ebenfalls in Eagle Beak wohnen. Einer der beiden überdenkt gerade genau wie Ellen sein Leben und seine Beziehung, der andere ist der Sohn der Vorbesitzerin von Ellens Häuschen. Er trägt ebenfalls seelischen Ballast mit sich herum, aber er macht es Ellen auch nicht leicht, hinter seine Fassade zu blicken und sein Geheimnis zu ergründen. Nur eines erfährt Ellen schnell: Viola de Beer, der das Haus einst gehörte, war eine verbitterte und gemeine Frau. Und trotzdem hat Ellen das Gefühl, dass hinter Rodneys Geschichte noch mehr steckt als das schlechte Verhältnis zu seiner Mutter…
Ein schwerer Schicksalsschlag im Leben von Ellens Schwester Karen sorgt dann auch noch dafür, dass Ellen mit 46 erstmals die Verantwortung für ein kleines Kind, nämlich ihren Neffen Olivier übernehmen muss. Und auch diese neue Verantwortung sorgt dafür, dass Ellen noch einmal über sich nachdenkt…
Meine Meinung
Die Idee hinter dem Roman hat mir sehr gut gefallen: eine Frau, die alles hinter sich lässt und ihrer Eingebung folgt und einfach das Leben lebt, das sie sich für sich vorgestellt hat. Eine Midlife-Crisis bei einer Frau, die plötzlich alles in Frage stellt – ihre Ehe, ihren Job, ihre Art zu leben. Dazu ein kleines Haus mitten im Nirgendwo… eine gute, wenn auch nicht neue Mischung.
Ellen ist mir als Protagonistin schnell sympathisch geworden. Sie ist geradeheraus und bringt sich mit ihren unüberlegten Kommentaren oft in Schwierigkeiten, ohne dass man das Gefühl hätte, es handle sich hier um plumpe Witzemacherei der Autorin. Sie wirkt authentisch, gerade weil sie so sprunghaft ist, gerade weil sie jede Menge Ecken und Kanten hat – und teilweise auch Eigenschaften, die mich beim Lesen genervt haben, zum Beispiel ihre Art, bei verbalen Attacken immer zu lachen.
Am Anfang ist nicht klar, was alles passieren wird, mir kam es so vor, als fehle der rote Faden in der Handlung, doch das änderte sich nach einiger Zeit. Dass Ellen in dem Haus auf dem Land glücklich wird, ist ohnehin jedem klar, der das Buch für sich in Betracht zieht, aber der Weg dorthin ist zum Glück nicht immer vorhersehbar, die personale Erzählperspektive, die immer bei Ellen bleibt, gewährt dem Leser Einblicke in Ellens Gefühlsschwankungen und in all die Gedanken, die sie sich so über das Leben macht.
Was mir nicht so gut gefallen hat, ist das Ende, das für meinen Geschmack ein bisschen zu dick aufgetragen war, und zwischendrin bedient sich die Autorin öfter mal gängiger Klischees für ihre Figuren, was vor allem bei Karens peruanischem Freund Cocho, der doch tatsächlich panflötespielender Straßenmusiker ist, unfreiwillig komisch wirkt. Aber auch die Tatsache, dass alle Bewohner des Örtchens Eagle Peak übergewichtig sind und Ellen, die sich in New York fett fühlte, sich am Anfang dagegen wie ein Model vorkommt, fand ich ein bisschen übertrieben.
Davon abgesehen ist „Die Stunde der Glühwürmchen“ ein Roman, mit dem man es sich auf dem Sofa gemütlich machen und den man bei schlechtem Wetter draußen mal gemütlich lesen kann. Für mich war nichts wirklich Überraschendes dabei, aber es ist ein netter Zeitvertreib, mal nach Eagle Beak abtauchen zu dürfen.