Ferdinand von Schirach - Schuld

  • Kurzbeschreibung von Amazon.de:
    Der Erzählungsband "Verbrechen" von Ferdinand von Schirach hat die Leser im deutschsprachigen Raum begeistert und bewegt, wie es Büchern nur ganz selten gelingt. Nun legt der als die literarische Entdeckung des Jahres 2009 gefeierte Autor und Strafverteidiger einen neuen Band Geschichten vor. Ein Mann bekommt zu Weihnachten statt Gefängnis neue Zähne. Ein Junge wird im Namen der Illuminaten fast zu Tode gefoltert. Die neun Biedermänner einer Blaskapelle zerstören das Leben eines Mädchens und keiner von ihnen muss dafür büßen. Neue Fälle aus der Praxis des Strafverteidigers von Schirach die der Autor von Schirach in große Literatur verwandelt hat. Mit bohrender Intensität und in seiner unvergleichlichen lyrisch-knappen Sprache stellt er leise, aber bestimmt die Frage nach Gut und Böse, Schuld und Unschuld und nach der moralischen Verantwortung eines jeden Einzelnen von uns.

    Handlung:

    15 wahre Kurzgeschichten erzählt uns Ferdinand von Schirach in seinem neuen Buch "Schuld". Einige von ihnen sind nur wenige Seiten lang, aber am stärksten stechen diejenigen heraus, die über eine größere Anzahl an Seiten gehen. Die dritte Geschichte "Die Illuminaten" z.B. handelt davon wie ein Außenseiter an einem Internat in die Fänge einer von Mitschülern gegründeten Sekte gerät und von ihnen erniedrigt und gefoltert wird. "Der Schlüssel", die längste Geschichte dieser Sammlung, dreht sich um 2 Ganoven, die Drogen schmuggeln wollen und dabei in einen immer größeren Strudel der Gewalt und Kriminalität hineingezogen werden. Ein Hund, der einen wichtigen Schlüssel verschluckt hat, ist nur eins ihrer Probleme. Mehr will ich zur Handlung der einzelnen Geschichten auch gar nicht mehr verraten um niemandem das Leseerlebnis vorwegzunehmen.

    Meine Meinung:

    Schon nach dem Genuss Ferdinand von Schirachs ersten Buches "Verbrechen" habe ich auf eine Fortsetzung seiner unglaublichen Geschichten gehofft, aber insgeheim schon die Befürchtung gehabt, dass der noch relativ junge Anwalt sein Pulver, und damit seine besten Erlebnisse, schon verschossen habe könnte. Alle, die vielleicht ähnlich gedacht haben, kann ich beruhigen: Dem ist nicht so und mich hat "Schuld" noch stärker gefesselt als "Verbrechen". Das Buch schließt nahtlos an seinen Vorgänger an und fairerweise muss ich, trotz aller Begeisterung, erwähnen, dass man die beiden relativ kurzen Bücher locker zu einem einzigen hätte zusammenfassen können. 16,95 € + 17,95 € für 200 + 200 Seiten sind schon happig. Warum der Nachfolger nochmals 1 Euro teuerer geworden ist, bleibt wahrscheinlich das Rätsel des Piper-Verlages.


    Manche Geschichten sind wirklich unfassbar und man mag es kaum glauben, zu welchen Taten Menschen fähig sind. Zu 99% lese ich fiktive Bücher und ich musste mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass diese Sachen wirklich passiert sind. Wunderlich finde ich, dass der Autor es schafft, die Fälle nüchtern, nicht wertend und faktenreich zu erzählen und trotzdem starke Emotionen, ob der traurigen Schicksale mancher Menschen, bei mir hervorzurufen. Vieles hat mich sehr berührt und ich musste längere Zeit darüber nachdenken und das Gelesene sacken lassen. Trotzdem konnte ich mich kaum bremsen, "Schuld" in einem Rutsch durchzulesen, da ich andauernd wissen wollte, welche Obskuritäten, Zufälle oder Schicksalsschläge Ferdinand von Schirach noch aus dem Hut zaubern wird.


    Der einzige Unterschied im Vergleich zum Vorgänger, der mir aufgefallen ist, ist, dass dieses Buch etwas düsterer geraten ist und die augenzwinkernden Momente nicht mehr so stark vertreten waren wie in "Verbrechen". Davon ausschließen kann ich aber die oben schon erwähnte Geschichte "Der Schlüssel", die gleichzeitig mein Favorit ist. Ich konnte gar nicht fassen, dass dies wirklich passiert ist. Vielmehr liest sie sich als ob sie den Hirnwindungen Guy Ritchies und Quentin Tarantinos bei einem gemeinsamen Kneipenbesuch entsprungen wäre. Ganz großes Kino, bitte verfilmen! (nur der arme Hund hat mir leid getan :cry: ).


    Fazit: Ein toller Erzähler schenkt uns mitreissende, spannende, fesselnde und bewegende Geschichten aus dem wahren Leben! :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Wo ich mir bei brutalen, fiktiven Geschichten immer einreden muss: "Es ist fiktiv - es ist fiktiv - es ist fiktiv..." um keine Alpträume zu bekommen, stelle ich bei dieses Geschichten immer wieder mit Entsetzten fest: Es ist Wahr!!! All diese furchtbaren Geschichten sind wirklich passiert! Wie bereits in "Verbrechen" sind auch die Geschichten in diesem Buch in kurzen, emotionslosen Sätzen geschrieben. Was die schockierende Wirkung noch verstärkt.


    Dieses Hörbuch ist von Burghart Klaußner gesprochen, der mit seiner Stimme und seiner Art des Vorlesens ganz hervorragend passt. Wirklich sehr zu empfehlen!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Das Missliche an neuen Büchern ist, dass sie uns hindern, die alten zu lesen.
    J.Joubert

  • Ich häng mich dann mal mit dem Hörbuch dran 8)


    Inhalt:
    Ein Mann bekommt zu Weihnachten statt Gefängnis neue Zähne. Ein Junge wird im Namen der Illuminaten fast zu Tode gefoltert. Die neun Biedermänner einer Blaskapelle zerstören das Leben eines Mädchens und keiner von ihnen muss dafür büßen...
    Neue Fälle aus der Praxis des Strafverteidigers von Schirach - die der Autor von Schirach wie mit dem Zauberstab in große Literatur verwandelt hat. Mit bohrender Intensität und in seiner unvergleichlich lyrisch-knappen Sprache stellt er leise, aber bestimmt die Frage nach Gut und Böse, Schuld und Unschuld und nach der moralischen Verantwortung eines jeden Einzelnen von uns.


    Meine Meinung:
    Nachdem ich „Verbrechen“ von Ferdinand von Schirach gelesen habe und fasziniert war, wollte ich nun „Schuld“ als Hörbuch bei Audible ausprobieren.
    Ich bin begeistert. Die Geschichten sind größtenteils grausam und erschreckend, dennoch bringen sie einen zum grübeln und nachdenken. Burkhart Klaußner erzählt diese Fälle in einem angenehmen Ton und Tempo.
    Er erzählt detailliert genug, so dass der Leser sich schnell in die Fälle einfindet und sich auch bildlich vorstellen kann, wobei das nicht unbedingt von Vorteil ist, denn manche Fälle haben es wirklich in sich.
    Auch in „Schuld“ denkt man wieder über die Fälle und ihre Ausgänge nach, kann manches nachvollziehen und vieles andere nicht.
    Der Hörer bekommt Einblicke in unser Rechtssystem und wird konfrontiert mit der Frage nach Schuld und Moral.
    Aus diesem Grund finde ich den Titel sehr passend gewählt.
    Das Hörbuch ist mit 3 Stunden und 52 Minuten ungekürzt, dennoch hätte ich es am liebsten noch etwas länger gehört und noch mehr Fälle erfahren.


    Fazit:
    Trotz der kurzen Spieldauer ein tolles Hörbuch mit interessanten Fällen aus dem Leben des Anwaltes Ferdinand von Schirach. Interessant und angenehm gesprochen von Burkhart Klaußner. Schuld macht genauso wie „Verbrechen“ Lust auf mehr Fälle von Strafverteidiger.

  • Ein Mensch gilt solange als unschuldig, bis seine Schuld zweifelsfrei bewiesen ist. Kollektivschuld gibt es im deutschen Recht nicht.
    Gleich von Schirachs erste Geschichte ist ein bitterer Beweis dafür. Und für die Binsenweisheit, dass Recht und Gerechtigkeit zwei Paar Schuhe sind. Genau das aber macht einzelne dieser wahren Begebenheiten für den Leser so schwer erträglich.


    Glücklicherweise erfährt man aber auch, dass das Recht bisweilen Kapriolen schlägt und "menschlich" wird. Oder wie groß die Rolle des Zufalls ist.
    Und dass es im (Berufs)leben eines Rechtsanwalt immer noch eine Reihe Ereignisse gibt, über die man herzhaft lachen kann.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • ich war jetzt etwas verwundert, ich dachte ich hätte meine Eindrücke schon hinterlassen .... ich habe das Buch vor gar nicht langer Zeit innerhalb kürzester Zeit, nicht einmal ein Nachmittag, verschlungen und es hat mich voll in seinen Bann gezogen. Wenn die Geschichten auch - wie ich heute feststelle - nicht allzu lang in Erinnerung bleiben.
    Schirach ist nicht nur ein erfolgreicher Verteidiger, sondern versteht es auch, seine Geschichten zu formulieren. Er erzählt von menschlichen Abgründen, dem Unvermögen der Rechtsprechung, Zufällen, Schicksalskonstellationen, Schuld und Unschuld.Fiktion hin oder her - jeder dieser Fälle hätte passieren können. Was Schirach für mich in erster Linie transportiert ist die Tatsache, dass die Gerichte höchstens Recht aber meist nicht Gerechtigkeit sprechen. Zudem spielt oft der Zufall eine große Rolle, oder auch nur höhere Gewalt.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Ich habe das Buch auch und ich war sehr fasziniert in welch nüchterner Sprache er das Geschehen darstellt.
    Gerade dies zeichnet das Buch für mich aus, sehr zu empfehlen.

    Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste.


    Heinrich Heine

  • Ich habe das Büchlein ebenfalls verschlungen und kann mich allem Gesagten nur anschließen.
    Die Prägnanz und Nüchternheit, mit der von Schirach aus seiner Praxis als Strafverteidiger erzählt ist einfach bestechend. Die Geschichten sind kurz und knackig auf den Punkt gebracht und lassen einen gelegentlich doch sehr an der Justiz zweifeln. Natürlich gibt es nachvollziehbare Erklärungen und Begründungen für einzelne Gesetze, in Einzelfällen sind sie aber nur schwer nachvollziehbar.
    Oft habe ich mich nach der Lektüre einzelner Geschichten gefragt: Wie können Anwälte zum Teil so dermaßen ihre Skrupel und moralischen Wertevorstellungen ausblenden, um einen Straftäter, der Abscheuliches getan hat nach bestem Wissen und Gewissen zu verteidigen ?
    Und dass Recht sprechen nicht immer was mit Gerechtigkeit zu tun hat, liegt auf der Hand - eben wenn man bedenkt, dass bei dem subjektivem Empfinden Gerechtigkeit ebenso subjektive Kategorien wie Moral und Schuld eine Rolle spielen, die in der nüchternen Rechtssprechung eben außen vor bleiben müssen.
    Bevor ich ins Schwafeln und Philosophieren gerate - was man nach der Lektüre dieses Buches allerdings vortrefflich kann - hinterlasse ich noch schnell die verdienten :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: für dieses Buch und nenne den einzigen, auch bereits erwähnten negativen Aspekt:
    Den Preis -

    fairerweise muss ich, trotz aller Begeisterung, erwähnen, dass man die beiden relativ kurzen Bücher locker zu einem einzigen hätte zusammenfassen können. 16,95 € + 17,95 € für 200 + 200 Seiten sind schon happig

    - dieser Rechnung stimme ich eindeutig zu und auch wenn ich beide Bücher von von Schirach gerne gelesen habe (inzwischen sogar auch noch "Carl Tohrbergs Weihnachten" welches mit seinen 64 Seiten und dem Preis von 9,- € auch noch mit in den Sammelband gepasst hätte) so finde ich die Preise eindeutig übertrieben.

    "Imagination, rather than mere intelligence, is the truly human quality."


    "Chaos is found in greatest abundance wherever order is being sought. It always defeats order, because it is better organized."

    Terry Pratchett

    "The person, be it gentleman or lady, who has not pleasure in a good novel, must be intolerably stupid."

    Jane Austen


    :study:

    Alex Haley - Roots

    Andrew Jefford - Whisky Island

    Randale Munroe - What if 2


    :bewertung1von5: 2024: 5 :bewertung1von5:

  • Die erste Erzählung "Volksfest" hat mich total umgehauen. Ferdinand v. Schirach hat sich darin selbst porträtiert: Er war der Strafverteidiger der Blasmusikkapelle:

    Zitat

    Er findet eine Strategie, die zum Freispruch führt. Schirach sagt, er würde die Männer heute genauso verteidigen wie damals. Das sei sein Beruf. Es gehe eben nicht darum, ob er einen Mandanten sympathisch finde, es gehe nicht einmal darum, ob dieser die Wahrheit sage. Gerade weil alle im Rechtssystem ihren vorgezeichneten Rollen, ihren festgelegten Aufgaben folgten, wie er als Strafverteidiger, sei es in letzter Konsequenz gerecht und menschenfreundlich. (aus: "Zeit", 2010/31)


    Wie kann man so einen Fall überhaupt annehmen, und v.a. warum sind seine Bücher so extrem überteuert ??? Nie wieder v. Schirach lesen, mein Fastenvorsatz.

  • Jene fotokopierten Seiten - Auszüge aus "Volksfest" - liegen seit einem Monat in meinem Lesezimmer. Morgen kann ich dieses "Beweismaterial" an eine Kollegin weitergeben, die sich mit Strafprozessen befasst hat und den Beruf "Strafverteidiger" als extrem belastend einstuft. Ich wünschte, es wäre kein realer Fall.

  • Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass dieses Buch und auch Ferdinand von Schirach bisher komplett an mir vorbeigegangen sind. Erst durch die Vorschau auf die Verfilmungen im ZDF bin ich darauf aufmerksam geworden. Nun bin ich mir nicht sicher, ob ich mir die Filme anschauen soll oder doch lieber erst das Buch besorgen. Ich vermute allerdings, dass die Neugier siegen und ich heute Abend der Fernseher laufen wird.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Wie kann man so einen Fall überhaupt annehmen,


    Es ist ihr Job ! :wink:


    Morgen kann ich dieses "Beweismaterial" an eine Kollegin weitergeben, die sich mit Strafprozessen befasst hat und den Beruf "Strafverteidiger" als extrem belastend einstuft.


    Ein guter Freund von mir ist Strafverteidiger und bei einigen seiner Fälle muss ich mich auch immer arg zusammen reissen, aber das ist halt immer wieder die gleiche Begründung:
    Im Rechtsstaat hat jeder ganz gleich welches Verbrechen ihm vorgeworfen wird ein Recht darauf, verteidigt zu werden und zwar bestmöglich. Und Strafverteidiger würden sich sogar angreifbar, wenn nicht sogar strafbar machen, wenn sie nicht alles tun würden, um ihren Mandaten zu verteidigen.
    Und wenn dann auch schonmal dazugehört, einen Verfahrensfehler auszunutzen, oder wie in einem anderen Fall von Schirach (Der Igel - einer meiner Lieblingsfälle) Zeugenaussagen bewusst zu "manipulieren" oder Zeugen zu verwirren, dann ist das halt so. Ich kann nur immer wieder über die bürokratischen Hindernisse bei einem Gerichtsverfahren den Kopf schütteln. Aber auch das ist wohl überall so ...
    Fazit ist für mich persönlich: Ich könnte den Job eines Strafverteidigers nicht machen - dafür hätte ich bei manchen Fällen einfach zu viel Skrupel und würde mit den falschen (weil vorhanden) moralischen Vorstellungen an meine Grenzen geraten.

    "Imagination, rather than mere intelligence, is the truly human quality."


    "Chaos is found in greatest abundance wherever order is being sought. It always defeats order, because it is better organized."

    Terry Pratchett

    "The person, be it gentleman or lady, who has not pleasure in a good novel, must be intolerably stupid."

    Jane Austen


    :study:

    Alex Haley - Roots

    Andrew Jefford - Whisky Island

    Randale Munroe - What if 2


    :bewertung1von5: 2024: 5 :bewertung1von5:

  • heute Abend

    :lechz: Danke, dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast, sonst wäre das an mir vorbei gegangen.


    Die Bücher von Ferdinand von Schirach mag ich sehr gerne, obwohl sie für meinen Geschmack viel zu kurz sind. Der Preis ist leider wirklich übertrieben. Ich finde es gut, dass nicht nur die Verbrechen geschildert werden, sondern auch Erklärungen über unser Rechtssystem zu finden sind. Strafverteidiger möchte ich nicht sein, Strafrichter aber genau so wenig.

  • Meine Meinung:


    Der Vorteil, wenn man später die Bücher kauft und liest, dann sind sie meistens günstiger. Definitiv kann man aber diese 200 Seiten sehr schnell lesen. So schnell, dass ich erst eben festgestellt habe, dass es Band 2 ist, den ich jetzt vor Band 1 gelesen habe. :lol: Wirklich schlimm scheint das aber nicht zu sein, weil man die Geschichten wohl unabhängig voneinander lesen kann. Tatsache ist, dass diese Geschichten im Kopf sich verankern und man ein schlechtes Gefühl bekommt von Recht und Gerechtigkeit bekommt. Gut erzählte Kurzgeschichten.


    Fazit:


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 50 / 268 Seiten


    SUB: 857

  • Er zählt zu meinen Lieblingsautoren, denn niemand schafft es, mich so vom ersten Satz an ein Buch zu fesseln. In Schuld sowie Verbrechen erzählt er von verschiedenen Fällen aus seiner Praxis als Rechtsanwalt.


    Sein Schreibstil ist m. E. einzigartig: präzise und knackig auf den Punkt! Er trifft mit wenigen Worten haargenau den Kern dessen, was er zu schildern gedenkt. Kein überflüssiger Schnickschnack, keine Schönmalereien, keine unnötigen Gefühlsduseleien. Alles sitzt genau an der Stelle, wo es hingehört. Ich liebe diese Schreibe!


    Dabei schafft er es mit seiner beinahe emotionslosen, analytischen Schilderung, einen tief zu bewegen und mitfühlen zu lassen. Man fühlt förmlich die Ungerechtigkeiten und die Verzweiflung, die manchen Protagonisten seiner Erzählungen überkommen haben mag. Man liest jede dieser Geschichten und muss sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass es keine erfundenen Storys sondern das wahre Leben ist, was hier geschildert wird. Dass jede dieser Lebens-Geschichten anders ist, macht die Lektüre umso schöner, denn Eintönigkeit ist hier nirgends zu finden.


    Das Buch ist sehr gut zu lesen, auch von Leuten, die nicht ständig mit Buch in der Hand anzutreffen sind. Allerdings ist es alles andere als leichte Kost. Nicht wegen des Schreibstils, sondern wegen der Geschichten, die einem nicht selten Tränen des Mitgefühls in die Augen steigen lassen. Wie schafft dieser Mann das, ohne rührselig zu schreiben? Man muss es lesen, dann weiß man es!


    In Schuld ist definitiv am eindrucksvollsten gleich die erste Geschichte vom Volksfest. Alleine deswegen, weil einen hier die Ungerechtigkeit der Realität einholt. Ich konnte das Buch definitiv nicht in einem Rutsch lesen, weil ich nahezu jeder der Storys nachhorchen musste.
    Meine persönliche Lieblingsstory aus beiden Büchern ist eindeutig Der Schlüssel - da muss ich Kapo zustimmen. Was habe ich mich amüsiert und war froh, dass es die längste der Storys war. Leider ist die bisher noch nicht verfilmt worden aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Man kann manchmal kaum glauben, dass solche Sachen tatsächlich passieren, aber aus einem derzeitigen Betrugs-Prozess vor dem Aachener Gericht weiß ich nur zu gut: Es gibt sie, die unmöglichen Verbrechen die niemand glauben kann - nicht einmal der Richter. :totlach:


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Ich muss unbedingt wieder einen von Schirach lesen - der Preis ist mir egal! - ich hab sie mir immer zu Weihnachten schenken lassen O:-)

  • Ich habe beide Bücher damals auch zack! weggelesen und sogar an meine Kinder verschenkt.
    Dann aber habe ich Thomas Fischer (den ehemaligen Bundesrichter) entdeckt und fast sofort bewundert. Seine Meinung zu Schirach hat mich dann doch sehr zum Nachdenken gebracht. Und Fischer hält nichts von Schirach! Er spricht ihm sogar teilweise die berufliche Erfahrung ab. Hätte ich zu Anfang alle Sterne vergeben, blieb en jetzt nicht mehr als 3 1/2. Die kriegt er, weil er wirklich gut schreiben kann.
    Aber der Blick auf unser deutsches Recht hat wohl so manchen Knick. Am Schlimmsten zeigt sich der bei "Terror". Da liegt er richtig daneben. Man lese, wie gesagt, Fischers Einlassungen dazu. Insofern bleibt für mich: Die Bücher sind extrem gut zu lesen. Sie bringen einen dazu, über Moral und Gerechtigkeit nachzudenken. Das ist gut. Aber wenn sie deutsches Recht abbilden wollen, sollte man ganz vorsichtig sein.

  • Gerade Thomas Fischer ist aber auch nicht unumstritten wie man nachlesen kann. Eher sogar sehr umstritten, vor allem was sein Weltbild in puncto Frauen angeht. Wenn man sich Interviews von beiden anschaut, dann weiß ich jedenfalls, wer auf mich seriöser und autentischer wirkt.
    Auch Terror fand ich im übrigen höchst interessant. Wo da ein Knick bei Schirachs Blick auf deutsches Recht sein soll kann ich nicht nachempfinden, aber ich habe ohnehin deutlich eher den Eindruck, dass Fischer ein generelles Problem mit von Schirach hat. Aber die Art und Weise wie er ihn (und auch andere bekannte Persönlichkeiten) angreift ist für mich eigentlich eines Richters unwürdig. Dass jemand mit solchem Gebaren überhaupt über andere Menschen richten durfte ist m. E. schon grenzwertig.
    Aber das schweift alles etwas vom Thema ab :wink:

  • Seine Werke haben Suchtpotential!

    In diesem Buch werden 15 Geschichten erzählt, welche die Frage nach Schuld ins Wanken bringen. Kann man tatsächlich jemandem die Schuld zuschreiben? Gibt es immer mehrere Schuldige? Und wioe sieht es dann mit Gut und Böse aus?

    Einige der Geschichten sind mir wirklich extrem nahegegangen… Besonders bei „Einsam“, in der es um Larissa geht, die nach einer Vergewaltigung ihre Schwangerschaft nicht bemerkte und völlig unter Schock das Neugeborene sterben ließ, musste ich zahlreiche Pausen einlegen und das Werk erst mal eine Weile beiseite legen… Auch bei der Geschichte um den Internatsschüler Henry, welcher von selbsternannten Illuminaten in einer Spirale von Demütigungen und Gewalt beinahe ermordet wird, habe ich mich fragen müssen, wozu Menschen alles in der Lage sind…

    Diese Frage hat mich eigentlich durch das gesamte Buch begleitet, da der Autor einen schonungslos an menschliche Abgründe führt und den Blick immer wieder auf die Schuldfrage richtet.

    Jene ist (leider?) nicht annähernd so leicht zu beantworten wie man es gerne hätte, so stellt man beim Lesen fest. Deswegen sollte man sich nach jeder einzelnen Erzählung Zeit nehmen, um über das Gelesene nachzudenken und sich des Inhaltes bewusst zu werden.

    Des Weiteren lernt der Leser noch einiges Wissenswertes, da der Autor immer wieder Fakten, Erklärungen oder Statistiken in die Geschichten einfließen lässt.

    Großartig versteht von Schirach dies alles mit fesselnder Sprach zu verknüpfen.

    So ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild und ein sehr empfehlenswertes Buch!