Erika Pluhar - Spätes Tagebuch

  • Die nunmehr 70-jährige Paulina Neblo erwartet sich nichts mehr vom Leben. Sie lebt völlig zurückgezogen und wartet mehr oder weniger auf den Tod. Sie hat ihr Leben gelebt. Als Inhaberin einer eigenen Tanz-Company lebte sie ihren Traum, der Reichtum Ihres Gatten bescherte ihr ein gesichertes Dasein. Doch nach dem Verlust ihres Mannes wird ihr noch das Wertvollste genommen, ihre Tochter, ihr einziges Kind. Paulina zieht sich völlig zurück, ihre Haushälterin, die treue Hortensia, ist ihr einziger Kontakt zur Außenwelt.
    Um ihren wenig abwechslungsreichen Tagen mehr Gewicht zu verschaffen, beginnt sie, Tagebuch zu schreiben. Sie möchte den Alltag festhalten, das Wetter, Entdeckungen im Garten, Kleinigkeiten, Belanglosigkeiten. Doch immer wieder schweifen ihre Gedanken in die Vergangenheit, Erinnerungen werden wach.


    In bewährter Weise erzählt Erika Pluhar ruhig und charmant, ohne Sentimentalitäten von einer Frau, die alles hatte und der alles genommen wurde. Paulina ist abgeklärt, sie kann nichts mehr erschüttern und erwartet sich nichts mehr, dennoch ist sie nicht verhärmt. Das Porträt dieser einsamen Frau, die ihren Tag vertrödelt, die Gedanken und Erinnerungen an die Vergangenheit nicht los wird, hin und wieder von Selbstmitleid übermannt wird, gelingt der Schriftstellerin außerordentlich gut. Doch mit Fortschritt der Geschichte und dem Auftreten von außenstehenden Personen verliert das Buch an Intensität und Charme, und mit dem Ausgang konnte ich mich gar nicht recht anfreunden. Schade.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)