Edgar Rai - Nächsten Sommer

  • "'Nächsten Sommer' ist ein Synonym für 'es wird nie passieren" - ein "Running-Gag" zwischen den Protagonisten des Romans von Edgar Rai.
    Doch 'Nächsten Sommer' steht auch für das Ungewisse, das Schicksal, die Hoffnung, die nahende Freiheit.


    Felix erbt von seinem Onkel ein Haus am Meer, in Frankreich. Verwunderlich, schließlich ist sein Vater doch der Bruder, der das Haus hätte erben sollen. Der Ansicht ist auch Felix' Vater selbst. Doch es ist eben Felix, der es erbt, der sowieso nicht weiß, was er vom Leben will, wer er ist, was er mit seinem Leben anfangen soll. So beschließt er, gemeinsam mit seinem besten Freund Marc und Bernhard, nach Frankreich zu fahren und sich sein Haus anzusehen. In einem klapprigen orange-weißen Bus gehen die drei Freunde auf die Reise.
    Marc ist Musiker, komponiert auf seiner 'Emma', seiner Gitarre, Songs, ist unbeschwert, raucht gerne und oft Joints. Bernhard ist das komplette Gegenteil. Er fühlt sich schuldig, da seine Mutter an Parkinson leidet, nur im Pflegeheim daliegt, man nichts tun kann, es ihr nie besser gehen wird. Er möchte so sehr, dass sie endlich stirbt. Seine eigene Mutter.
    Drei unterschiedliche Charaktere und doch verstehen sie sich.
    Unterwegs, auf einer Raststätte nehmen sie Lilith mit, ein Mädchen, das aussieht wie ein Supermodel und lesbisch ist, zum Leidwesen der Freunde. Sie möchte nach Genf, zu ihrer Schwester. Dort übernachten schließlich alle vier und am nächsten Tag kommt Lilith mit ihnen, auf die Reise nach Frankreich.
    In Genf stößt auch Zoe, einne Freundin von Marc, Felix und Bernhard, zu ihnen. Eigentlich wollte sie nicht mit, doch kurzfristig erkennt sie endlich dass ihr Chef für sie seine Frau nie verlassen wird.
    Später, nachdem sie in Pui, einem französischen Dorf fast alle gestorben wären, stößt auch Jeanne zu ihnen.


    Auf ihrem Weg zu Felix' Haus erleben die Freunde so vieles, was sie nur noch mehr zusammenschweißt, sie gehen an ihre Grenzen und stellen sich so oft die Frage nach dem Sinn ihres Daseins und was sie eigentlich wirklich wollen. Sechs junge verlorene Seelen auf der Suche nach ihrem jeweiligen Schicksal.


    Eine wundervolle Geschichte, ein echter Roadmovie, toller, angenehm zu lesender Schreibstil und ein Cover, das zum Lesen einlädt. Es macht Lust, selbst auf reisen zu gehen, sich selbst zu fragen, was wir eigentlich vom Leben wollen. Und wer weiß, vielleicht findet so manch einer die Antwort nach dieser Lektüre?


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  • Die drei Freunde Felix, Marc und Bernhard begeben sich auf die Reise nach Südfrankreich. Dort wartet ein Haus am Meer auf sie, das Felix’ Onkel ihm vermacht hat. Jedoch bleiben die drei nicht lange allein in ihrem orangefarbenen VW-Bus und je näher sie ihrem Ziel kommen, desto mehr stellt sich ihnen eine Frage: Was ist eigentlich das Leben?
    Mit „Nächsten Sommer“ hat Edgar Rai ein unbeschreiblich schönes Buch geschrieben, das einen nicht nur nachdenklich macht, sondern einen auch tief berührt und aufgewühlt zurücklässt.
    Obwohl die Geschichte an sich sehr simpel ist, spielt sich zwischen den Zeilen mehr ab.
    Eine Geschichte über Liebe, Freundschaft, Enttäuschungen, Träume, Abenteuer und den Sinn des Lebens mit eigenständigen Charakteren.
    Jede Person an sich ist einzigartig und liebenswert mit ihren Macken und Eigenheiten. Jeder Charakter lebt seine eigene Geschichte, die ihn nachhaltig prägt.
    Sprachlich ist das Buch abwechslungsreich – von leicht verständlich bis einzigartig prägend – wirklich besonders!
    Besonders die zärtliche Leichtigkeit der Sprache zeigt wie liebevoll Rai diese Geschichte geschrieben hat – man spürt richtig die „Seele“ des Buches, die der Handlung Leben einhaucht.
    Obwohl das Ende für mich nach einiger Zeit absehbar war, war es spannend gestaltet und an sich logisch – nichts anderes hätte besser gepasst.
    Es hat mir enorm viel Spaß gemacht die Clique auf ihrem ganz individuellen Trip nach Südfrankreich zu begleiten. Besonders gut hat die Atmosphäre dieses Buches auf mich gewirkt, weil ich mich während des Lesens selbst auf dem Weg nach Südfrankreich befunden habe – ein einzigartiges Privileg!
    Das Buch wird dadurch noch zugänglicher, noch realer. Ein tiefgründiges Roadmovie!
    Für mich ist „Nächsten Sommer“ eines der besten Bücher überhaupt und schwer mit Worten zu fassen – man muss es einfach lesen/leben!
    Ein kleines Büchlein mit einer großen Wirkung!


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  • Ach Jess und hasewue ihr macht mir das Leben schwer! Hatte ich mir doch ganz fest vorgenommen jeder Versuchung meine derzeitige SUB anwachsen zu lassen zu widerstehen. Doch zwei so schöne Rezis -ich stelle es wenigstens schon mal auf meine WL. Danke.
    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Claire Hake, Mein geteiltes Herz

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Aber einen Vorteil hat das Buch, es lässt sich schnell auslesen. Damit wäre das SUB-Problem geregelt.


    Na das ist doch mal ne gute Nachricht! :lol::loool:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Steve Hely/Vali Chandrasekaran, Die Wette

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Stimmt es war schnell zu lesen und sehr unterhaltsam. Ich mag Roadmovies und Typen mit unterschiedlichen Macken. Gerade das Unperfekte macht doch so menschlich und liebenswert. Der lockere Schreibstil trägt seinen Teil dazu bei. Manchmal hätte ich selbst gerne in dem klapprigen Bus gesessen. :lol:
    Wirklich schönes Buch und gute Empfehlung, danke.
    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Jaume Cabré, Senyoria

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Wenn ihr so begeistert seid, soll es schnell mal auf meine Wunschliste...
    Danke!

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Danke, Jess, für die schöne Rezi. Ich habe schon mal ein Sachbuch von dem Autor gelesen, es hat mir gut gefallen. Da finde ich interessant, wie er sich in der Unterhaltungsliteratur macht :wink: Deine Rezension hört sich sehr gut an. Das Buch kommt erst mal auf meine Liste.

    2024: Bücher: 90/Seiten: 39 866

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Scalzi, John - Die Gesellschaft zur Erhaltung der Kaiju-Monster

  • Nun habe ich das Buch auch gelesen.
    Hier meine Eindrucke:
    Es handelt sich um junge Menschen, die mehr oder weniger noch keinen festen Platz im Leben haben und sich auf der Suche nach sich selbst befinden.
    Selbstfindung, Orientierung im Leben, Abenteuer - sind Grundsteine des Romans.
    Im Laufe des Romans wird dem Leser deutlich, dass nicht das Reiseziel für die Geschichte von Belang ist, sondern der Weg dahin. Die Erlebnisse, Gedanken, die Charaktere...


    Erzählt wird der Roman aus der Sicht eines Ich-Erzählers, Felix - den ich übrigens am sympathischsten fand. :)


    Das Buch vermittelt dem Leser ein sehr starkes Gefühl von Freiheit und Ungebundenheit, aber auch eine gewisse Melancholie der Suchenden...


    Das folgende Zitat gibt, meiner Meinung nach, einen guten Einblick in die Stimmung der Geschichte:

    Zitat

    "Das Leben ist eine Wundertüte." Entschuldigend fügt sie hinzu: "Hab ich mal gelesen."
    "Eher ein Überraschungsei", überlegt Zoe. "Solange man die Gadgets zusammenbastelt und sich die Schokolade in den Mund stopft, freut man sich wie ein Kind. Doch sobald man fertig ist und das Ei gegessen hat, stellt man fest, dass das Spielzeug nicht funktioniert und die Schokolade nur zwei Dinge bewirkt: Hunger nach mehr und Hüftspeck."


    Mir hat das Buch nur bedingt gefallen, das Thema hat mich, leider, nicht besonders interessiert. Allerdings der Schreibstil des Autors ist ausgezeichnet.
    Von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

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    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Lese gerade:

    Scalzi, John - Die Gesellschaft zur Erhaltung der Kaiju-Monster

  • Ein paar alte Freunde machen sich gemeinsam zu einem Roadtrip auf, sammeln dabei weitere verlorene Seelen ein und grübeln auf dem Weg zum Ziel viel über den Sinn des Lebens im Allgemeinen und ihrem jeweiligen im Speziellen nach.


    So würde ich den Inhalt des Buches grob zusammenfassen. Gemeinsam legen sie in einem altersschwachen Tourbus über 1.000 Kilometer zurück, um in irgendeiner Form zu sich selbst zu finden. Denn jeder von ihnen hat ein Päckchen zu tragen - allen voran der Protagonist Felix, der nicht weiß, was er vom Leben will oder wer er ist. Da kommt eine unerwartete Erbschaft gerade Recht. Diese besteht aus einem Haus in Südfrankreich und ist sowohl Anlass für als auch Zielort der Reise.


    Obwohl ich das Buch recht gerne mochte, kann ich es doch nicht in die Riege meiner Lieblinge erheben. Allerdings weiß ich selbst nicht so genau, warum. Die üblichen Kritikpunkte, die ich habe, sind eigentlich alle mustergültig umgesetzt: die Charaktere sind keine langweiligen Stereotypen, sondern ganz individuell und gut ausgearbeitete Figuren, deren Verhalten nicht unbedingt vorhersehbar, aber dennoch glaubwürdig ist. Das Setting ist wundervoll, der Schreibstil sehr angenehm und durch die verschiedenen Lebensläufe der Figuren gibt es auf jeden Fall genug Identifikationspotential. Dennoch hat mir irgendwas gefehlt, um mich richtig in den Bann zu ziehen. Ich könnte mir vorstellen, dass man das Buch einfach am besten in einer Phase liest, in der es einem ähnlich geht wie den Figuren selbst: irgendwie entwurzelt aber gleichzeitig in alten Gewohnheiten gefesselt, ein bisschen verrannt, sich selbst suchend und verloren in der Welt. Vermutlich braucht man dieses emotionale Grundgefühl, damit das Buch wirklich seinen gesamten Zauber versprühen kann.


    Nichtsdestotrotz habe ich die Lektüre genossen. Und zum Ende hin habe ich tatsächlich nicht nur Zoe bewundern gelernt, sondern auch richtig mit Felix mitgefiebert.

    zeigt deutlich, welch großartige Entwicklung er während der Fahrt durchgemacht hat. Und dafür mag ich das Buch sehr - dafür, dass sich jede Figur auf ihre Art und Weise weiterentwickeln konnte oder musste.

  • Felix braucht nicht viel zum Leben, ein Bauwagen und ein gelegentlich zu Besuch kommender Kater reichen ihm eigentlich völlig. Doch eines Tages erfährt er, dass er Onkel Hugos Haus in Frankreich geerbt hat. Das weckt in ihm alte Kindheitserinnerungen und in seinem Freund Marc, einem musikalischen Lebenskünstler, die Lust auf einen Roadtrip.


    In einem uralten VW-Bus brechen Felix, Marc und Bernhard, der dritte in ihrem Freundschaftsbunde, also gen Süden auf, zu einer abenteuerlichen Reise voller Überraschungen.


    Mehr sei an dieser Stelle gar nicht verraten. Der schon fast asketische Felix, der kiffende Künstlertyp Marc und Bedenkenträger Bernhard sind so herrlich verschieden, dass alleine schon das Aufeinanderprallen dieser drei Charaktere für viel Zündstoff sorgt. Hinzu kommen noch mehrere Frauen, philosophische Diskussionen über den Sinn des Lebens, spontane Zwischenstopps an ungewöhnlichen Orten und die Altlasten aus der Kindheit, die Felix, der Erzähler, mit sich herumträgt. Ein Mix, der mal nachdenklich macht, mal zum Lachen bringt und mal mit Drama in Atem hält.


    Ein paar eher alberne Actioneinlagen hätte sich Edgar Rai von mir aus sparen können, und zwei, drei Nebenfiguren geraten eher zu Karikaturen, aber dafür punktet er ansonsten mit intelligentem, staubtrockenem Humor, der mich öfter zum Lachen gebracht hat, und mit spitzer, aber auch liebevoller Feder gezeichneten Charakterköpfen. Auch das Rumphilosophieren der Reisegenossen gefiel mir gut, weil es nicht so überkandidelt daherkommt, sondern man sich gut vorstellen kann, dass man solche Gespräche mit alten Freunden, die einen fast zu gut kennen, auf einer langen Reise in einem auseinanderfallenden Bus führen könnte.