Edward St. Aubyn: Muttermilch

  • Eine Familientragödie!


    Patrick entspringt aus einer vermögenden Familie. Nur wird er persönlich keinen Pfennig davon erben, da seine Großmutter das Geld schon ihrem zweiten Mann vermacht hat, statt den Kindern; und seine Mutter nun ihr Vermögen in eine Stiftung steckt, er quasi enterbt worden ist. Das ist die bittere „Muttermilch“ Patricks Familie.


    Der Roman beginnt mit dem Urlaub im Jahr 2000, und wird aus dem Blickwinkel von Robert, dem gut zweijährigen Spross von Patrick und Mary erzählt. Der Leser ist bei der Geburt von Thomas dabei, und liest Sätze wie: >Von unerfahrenen Eltern im Praktikum mit unzureichendem Wohnraum über alles geliebt zu werden?< Zu Beginn ist diese Erzählung recht witzig, wenn auch manchmal stark aufgesetzt, aber die Perspektive, obwohl sie arg altbacken ist und für einen Zweijährigen fraglich, liest sich gut.


    Robert schildert die Geburt seines Bruders, und erlebt diese Situation als seine eigene, da er sich an seine Geburt nicht erinnern kann. Er übernimmt Thomas Geschichte und möchte sie auch später an Thomas weitergeben. Das sind sehr schöne Gedanken. Doch dann kommt das all entscheidende Familiengericht (Patricks Mutter) zu Wort: Denn Robert „versteht“ (mit zwei) so langsam was in der Familie vor sich geht, nämlich dass die schönen Ferien in Frankreich bei seiner Großmutter nur geliehene Zeit ist, denn das Familienerbgut fällt einer Stiftung daheim. Das demütigende Gefühl seines Vaters geht auf Robert weiter, quasi die Vatermilch.


    Der zweite Teil, der Sommer in Frankreich im Jahre 2001, wird dann aus Patricks Sicht geschildert. Er ist verzweifelt, er kann mit der Situation nicht umgehen, und beginnt mit Tabletten und Alkohol seinen Frust zu bekämpfen. Seiner Mutter kann er nicht selbstbewusst entgegentreten, und erst recht nicht sich komplett von dieser Tragödie trennen; und so vergeht die Figur im Selbstmitleid. Erschwerend kommt hinzu, dass Mary wegen Thomas noch keinerlei sexuelle Erregungen seinerseits verspürt (sie zieht sich innerlich zurück, da sie eigentlich einen Schlussstrich unter dieser Familiensituation ziehen möchte). Und so kommt es dann, dass Patrick mit Julia im Bett landet …


    Nach der bittersüßen Ironie habe ich lange gesucht und bin nicht fündig geworden. Beide Kinder, Robert sowie Thomas sind vom Intellekt stark überzeichnet, und der Vater spiegelt über weite Strecken einen Jammerlappen wieder, der zum Schluss nochmal die Kurve kratzt. Meiner Meinung nach ist dieses Buch von den Medien total überbewertet worden. Eine nette Familientragödie, mehr aber nicht!


    Edward St. Aubyn wurde 1960 in London geboren. Er ist der Autor von sechs Romanen: >Schöne Verhältnisse<, >Schlechte Neuigkeiten< und >Nette Aussichten< wurden ins Deutsche übersetzt. Mit „Muttermilch“ gelang ihm der weltweite literarische Durchbruch.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Danke für die Vorstellung!


    Das "St" gehört - wie z.B. bei St.Exupery - zum Nachnamen. Insofern müßte man ihn alphabetisch unter St. oder Saint-Aubyn einordnen...
    (Nichts für ungut.)

  • Habe von Edward St Aubyn schon die Bücher "Schöne Verhältnisse" und "Schlechte Neuigkeiten gelesen."Schöne Verhälnisse ist schon eine weile her,kann mich nur noch daran erinnern das ich es
    nicht so toll fand.Habe gehofft das "Schlechte Neugkeiten "besser wäre ,wurde aber wieder enttäuscht."Nette Aussichten hab ich mir dann auch nicht mehr angetan,bzw.gekauft.


    Beide Bücher kriegen demnach auch nur :bewertung1von5: :bewertung1von5: Sterne