Broschiert: 379 Seiten
Verlag: Piper
ISBN-13: 978-3492252027
Ende des 10. Jahrhunderts in der Provence. Kassia, eine Halbsarazenin, ist 16 Jahre alt und schon als Säugling in ein Kloster gekommen. Nun macht sie sich mit dem Pfarrer des Dorfes Roubion auf den Weg, um einen alten Witwer zu heiraten. Als sie ihr Ziel erreichen, ist dieser aber gerade verstorben. Von ihrer Mitgift kauft sie sich ein Stück Land. Aber bald wird die Wasserknappheit zum Problem. Der Quellmeister sucht vergeblich, aber sein Sohn Ramon, von vielen als Dorftrottel verspottet, findet auf dem Land einen verborgenen Brunnen. Als dieser von beiden wieder hergerichtet wird, gibt er sein Geheimnis preis - das Skelett eines Fremden. Von den Leuten im Dorf will keiner etwas wissen. Als Kassia nachfragt, stößt sie auf eine Mauer aus Schweigen und Ablehnung.
Mit diesem Buch bekam ich einen wunderbaren historischen Roman zu lesen. Sehr liebevoll beschrieb Sabrina Capitani die karge und trockene Landschaft in der Provence. Sie zeigte eindrucksvoll auf, welche Bedeutung es hat, über eine Quelle oder einen Brunnen zu verfügen. Aber sie beschreibt auch das Miteinander, das Angewiesensein auf den Nachbarn, den Zusammenhalt in der Gemeinschaft und die sich für den Ausgeschlossenen ergebenden Probleme. Kassia war eine, die nicht dazu gehörte. Erschwerend kam für sie noch hinzu, dass sie als Halbsarazenin mit Vorurteilen leben musste und so auf Misstrauen und Feindseligkeit stieß. Aber sie meisterte alle Situationen, ohne dabei künstlich zu wirken. Sie war eine sehr sympathische Hauptfigur, mit der man sofort mitfühlen konnte. Mit sehr viel Liebe zum Detail beschrieb die Autorin die Lebensumstände in dem abgelegenen Dorf, das Leben im Einklang mit der Natur und öffnete dem Leser so ein Fenster in eine lang vergangene Zeit. Auch das Zusammentreffen verschiedener Religionen ist ein Thema, das in diesem Roman einen wichtigen Stellenwert hat und dadurch eine Brücke in unsere Zeit schlägt.
Sehr gut gefallen hat mir auch der Aufbau des Romans. Zuerst wird die Geschichte von Kassia erzählt, später die der Nonne Douce, die im Kloster eine enge Vertraute unserer Protagonistin war. Da diese beiden Handlungen nicht parallel abliefen, blieb der Spannungsbogen bis zum Ende hin erhalten. In diesem Roman ist aber auch die Geschichte einer Liebe beschrieben, unaufdringlich, mit leisen Worten und wie der gesamte Roman – einfach nur schön.
Mein Fazit: „Der verborgene Brunnen“ ist etwas ganz Besonderes im Genre der historischen Romane, ein Buch das ich von ganzem Herzen empfehlen kann. Im Sommer erscheint ein neuer historischer Roman der Autorin, ich habe ihn mir schon vorgemerkt.
Über den Autor
Sabrina Capitani, geboren 1953, studierte Germanistik, Publizistik und Kunst in Berlin und arbeitet seit zwanzig Jahren als Autorin für Hörfunk und Fernsehen. Sie schrieb Drehbücher für deutsche Kinderserien, Hörspiele für den SFB, für Radio Bremen und RAI und ist außerdem als freie Malerin tätig.