John Connolly - Das Buch der verlorenen Dinge/ The Book of Lost Things

  • Klappentext:
    Als Davids Mutter nach schwerer Krankheit stirbt, verkriecht sich der Junge in seine Bücher. Bald schon fangen sie an, mit ihm zu sprechen, und im Garten vor seinem Zimmerfenster taucht immer öfter eine seltsame Gestalt auf: der "Krumme Mann". Eines Abends folgt der Junge ihm durch einen Mauerspalt am Ende des Gartens und findet sich in einem dunklen Wald wieder. Geleitet und gelockt vom "Krummen Mann" macht David sich auf die Suche nach dem König des Waldes. Von ihm wird gesagt, er besitze ein geheimnisvolles Buch, "Das Buch der verlorenen Dinge", in dem alle Wahrheiten des Lebens aufgezeichnet seinen. Auf seiner Wanderschaft begegnen David zahlreiche Gestalten aus der Märchenwelt, und überall lauern Gefahren. Endlich am Schloss des Königs angelangt, muss David erkennen, dass er dem Bösen in die Falle gegangen ist. Wird er seine Familie je wiedersehen?


    Meine Meinung:
    Das Buch erinnerte mich am Anfang sehr an die unendliche Geschichte. Seine Mutter stirbt, er taucht in eine Phantasiewelt ab, anders als bei der unendlichen Geschichte nicht durch ein Buch sondern durch einen Mauerspalt. Er kommt in eine Art Märchenwald, hier gibt es einige Gestalten die uns auch von Grimms Märchen sehr bekannt vorkommen. Leider fallen sie in Davids Wald nicht auf ihre gute Art und Weise auf sondern eher im Gegenteil. Man bekommt die erste Zeit, einige Märchen abgewandelt erzählt (manchmal ist dies echt zu schmunzeln), dies hört aber leider mit der Zeit auf, diese Märchengeschichten werden eher von Gewalt und Brutalität abgelöst. Ab diesen Moment fing ich an zu zweifeln, das es ein Jugendbuch sein soll und es gefiel mir auch immer weniger. Gegen Ende wird das Buch doch wieder etwas besser, was das lesen dann wieder zügiger voran gehen ließ.


    Fazit:
    Ich würde dieses Buch nicht nochmal lesen wollen, für Leute die auf "rollende Köpfe" stehen, ist es viel sogar ein lesenswertes Buch und sie finden es großartig. Für meine Geschmack war war dieses Buch nicht gemacht, zuviel Brutalität, vielleicht habe ich mir auch einfach zuviel erwartet. Ich gebe diesen Buch nur :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: ,5 Sterne, den halben deswegen, weil es am Ende dann doch wieder etwas besser wurde.

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.
    Charlie Chaplin

    Einmal editiert, zuletzt von Ajna ()

  • Rollende Köpfe in einem "Märchenbuch", ja? Ha, das klingt nach meinem Freund Connolly. Ich bin ja - wie ich in mehreren anderen Threads über diesen Autor schon hinreichend zum Ausdruck gebracht habe - ein riesengroßer Fan von ihm. Allerdings lese ich seine Bücher nur im Orginal auf Englisch - dort kommt sein ätzende Sprachwitz, sein schwarzer Humor und sein fieser Sarkasmus so wunderbar rüber. Ich habe selten bei der Lektüre eines Buches so oft und so herzhaft lachen müssen wie bei Connolly.


    Aber ja, seine Geschichten sind zumeist recht düster und spielen mit den Urängsten der Menschen und zeigen Abgründe der Seele, die man manchmal lieber nicht gesehen hätte.


    Dieses Buch liegt auf meinem SUB (wie noch einige andere von ihm, ich habe einfach zu wenig Zeit zum Lesen im Moment) und wird demnächst definitiv gelesen. Ich bin sehr gespannt, es klingt...anders...als das, was ich von Connolly kenne. Andererseits hat er mit "Nocturnes" ja bereits bewiesen, dass er durchaus wandlungsfähig ist.


    Danke für die Rezi! :thumleft:

  • Inhalt:
    Das Leben ist nicht mehr, wie es war. David ist noch ein Kind, als er miterleben muss, wie seine Mutter stirbt und sein Vater und er ganz anders mit dem Verlust umgehen. Während David sich selbst die Schuld gibt – er hätte doch irgendwas tun müssen, um die Krankheit daran zu hindern, seine Mutter zu töten! – beginnt sein Vater einen neuen Lebensabschnitt mit einer neuen Frau. David kann Rose von Anfang an nicht leiden, und als er plötzlich auch noch einen kleinen Halbbruder hat, fühlt er sich in seiner Familie gar nicht mehr willkommen.
    Dies ist die Zeit, in der die Bücher in Davids Zimmer beginnen, mit ihm zu sprechen; und dann taucht auch noch der “krumme Mann” auf, ein bedrohlich wirkendes Wesen, vor dem David unwillkürlich Angst hat. Doch er beginnt auch, die Stimme seiner Mutter zu hören, die nach ihm ruft. Offenbar ist sie in einem fremden Königreich und braucht Davids Hilfe…
    Als eines Nachts die Deutschen Angriffe auf Davids Heimat fliegen, beschließt der Junge, dass es Zeit ist, sich auf die Suche nach seiner Mutter zu machen. Die Situation in seinem alten Leben hält er nicht mehr aus, und er weiß, wenn er seine Mutter nur findet, wird alles gut. Durch einen geheimen Zugang im Garten gelangt er in eine ihm vollkommen fremde Welt, in der er vage die Märchen wiederzuerkennen glaubt, die er immer so gern gelesen hat. Doch diese Märchenwelt ist kein bisschen tröstlich und bunt, sie ist voller Gefahren und Tücken, und David muss aufpassen, wem er überhaupt trauen kann. Nur eines ist ihm von Anfang an klar: er muss das Schloss des Königs finden und dort das “Buch der verlorenen Dinge”. Dann wird er wieder bei seiner Mutter sein und ab dann, das weiß er ganz sicher, wird alles wieder gut.
    Der Weg zum Schloss wird eine abenteuerliche Reise für David. Immer wieder muss er sich nicht nur unheimlichen Feinden stellen, sondern auch für sich herausfinden, was Freundschaft, Liebe und Angst vor Verlust eigentlich für ihn bedeuten. Er muss lernen, dass es bestimmte Eigenschaften gibt, die in ihm stecken, die er selbst aber wecken und pflegen muss. Nur so kann er das Schloss des Königs erreichen. Und die härteste aller Prüfungen wartet erst dort auf ihn…


    Meine Meinung:
    Ich wusste vor dem Lesen dieses Romans nicht, dass Connolly eigentlich Thriller schreibt, aber es erklärt Einiges. Dieser Roman ist – und das sagt auch Connolly selbst in einem Interview zu diesem Roman – kein wirkliches Kinderbuch. Zwar werde es Kinder und Jugendliche geben, denen es gefallen dürfte (da bin ich absolut seiner Meinung!), aber Kinder läsen diesen Roman doch ganz anders als Erwachsene, die ihre eigenen Geschichten von Verlusten und ihre eigenen Kindheitserinnerungen beim Lesen dieses Buches im Hinterkopf hätten. Gerade der Schluss des Romans werde, so Connolly, von Kindern und Erwachsenen ganz unterschiedlich wahrgenommen. An dieser Stelle sei gesagt: der Schluss ist unglaublich passend, traurig, schön und absolut gelungen.
    Der Roman selbst spielt zum Teil in England zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und zum Teil in der Märchenwelt. Was Connolly aus den alten Märchen, die er selbst in seiner Kindheit gelesen und geliebt hat, macht, ist faszinierend. Manchmal verdreht er Märchen ins Lustige – bei seiner Version von “Schneewittchen” habe ich zum Teil wirklich laut lachen müssen – aber viele werden sehr viel düsterer (selbst im Vergleich zu ihren Originalen, die ja zumeist auch nicht gerade harmlos sind). Meine Ausgabe des Romans hat einen sehr interessanten Anhang, in dem man die Märchen noch mal nachlesen kann, wenn man möchte. Viele sind uns deutschen Lesern durch die Gebrüder Grimm geläufig, aber eben nicht alle.
    Die Welt, die Connolly erschaffen hat, ist in sich sehr stimmig. Sie ist vor allem atmosphärisch toll gestaltet – meistens wirklich unheimlich, dann aber auch voller tröstlicher Lichtblicke. Je tiefer David in das Land vordringt, desto unheimlicher und bedrohlicher wird es um ihn herum, und es wird immer schwerer, das Buch dann aus der Hand zu legen!
    David selbst habe ich von Anfang an ins Herz geschlossen: ein Kind, das in der Welt der Bücher aufgeht, das Bücher sprechen hört und das Trost zwischen den Seiten eines Buches findet, das hat mir gefallen. Der Verlauf der Handlung zeigt, dass David jedoch viel mehr ist als ein begeisterter Leser: vor allem ist er ein Junge, der mit dem Verlust der Mutter und seiner neuen familiären Situation klarkommen muss und der nicht weiß, wie er das ertragen soll. David wirkt sehr authentisch und interessanterweise trotz seiner vielen Schwächen niemals wirklich schwach.
    “The Book of Lost Things” hat mich sehr beeindruckt und John Connolly hat mich neugierig auf seine anderen Bücher gemacht…
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Das war mein erstes Buch von John Connolly und ich bin etwas zwiegespalten. Einerseits mochte ich die Geschichte, die für mich die kompletten 330 Seiten über ein Märchen war. Vieles hat z.B. an die Gebrüder Grimm erinnert, vor allem die manchmal doch recht bösartige Atmosphäre. Es gab viel Blutvergießen und Brutalität, aber dass es heftig zugehen kann, das kennt man ja auch aus alten Märchen. Trotz dem amüsanten Zwischenspiel mit den Zwergen und Schneewittchen hat mir allgemein ein wenig Auflockerung und Humor gefehlt, was gut zur Geschichte gepasst hätte. Stattdessen war es ausschließlich sehr ernst und düster und auch aus den Charakteren hätte man etwas mehr machen können, so waren z.B. die Wesenszüge des Försters und von Roland doch ziemlich gleichförmig.


    Fazit: Ich mochte das Buch, doch etwas wirklich Außergewöhnliches oder Überraschendes findet man in Connollys Geschichte nicht.
    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

  • Ich habe das Buch eben nach langen drei Wochen beendet und muss sagen, dass es mir ziemlich gut gefallen hat. Normalerweise mag ich meine Märchen ja mit Zuckerguss und Kitsch beträufelt, aber da man das mittlerweile zur Genüge kennt, fand ich es sehr erfrischend, Märchen mal auf so grausame und böse Art zu sehen, dass es sogar die Brüder Grimm übertrifft. Natürlich ist das Buch dadurch auch arg trostlos, teilweise gehen manche Abwandlungen auch an die Grenzen des guten Geschmacks, aber das Bild ist dennoch stimmig. So traurig es ist, muss man sagen, dass hier die Märchen im Grunde realitätsnaher sind als die sonstigen Puderzuckerversionen davon. Der Hintergrund mit dem 2. Weltkrieg war dazu auch sehr passend gewählt. Positiv aufgefallen ist mir, wie viel man zwischen den Zeilen lesen kann, einiges wird nur implizit abgesprochen, sodass man während des lesens schon sehr aufmerksam sein muss. David war keine besonders sympathische Hauptfigur für mich, aber das wäre der Geschichte auch nicht angemessen gewesen. Trotzdem ist er ungeheuer authentisch und ich habe seinen Weg gerne verfolgt. Sein bitterer, hoffnungsloser Charakter hat ideal zu den ebenso tristen Märchen gepasst. Obwohl der Fokus nicht wirklich auf den Figuren oder ihrer Entwicklung lag, konnte man da trotzdem etwas bemerken. Insgesamt spielt der Autor einfach hervorragend mit der Sprache - einerseits ist die Sprache so simpel wie die eines 12-jährigen Jungen, andererseits ist sie mit so vielen Adjektiven und Vergleichen bestückt wie eben in Märchen und zusätzlich dazu verschleiert sie das meiste, was sie eigentlich sagen will ohne dass es groß auffällt, sodass die Sätze gleichzeitig anspruchsvoll oder einfach wirken können.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: von mir.

  • Ich würde dieses Buch nicht nochmal lesen wollen, für Leute die auf "rollende Köpfe" stehen, ist es viel sogar ein lesenswertes Buch und sie finden es großartig. Für meine Geschmack war war dieses Buch nicht gemacht, zuviel Brutalität, vielleicht habe ich mir auch einfach zuviel erwartet.

    etwas wirklich Außergewöhnliches oder Überraschendes findet man in Connollys Geschichte nicht

    Ich kann mich den beiden Aussagen nur anschließen.


    Zwar habe ich viel weniger Zeit für das Buch gebraucht als @Lighty, aber proportional dazu hat es mir auch weniger gefallen (es freut mich natürlich trotzdem, dass es dich begeistern konnte :friends: ).


    Der Anfang las sich extrem vielversprechend, ich fühlte mich gleich an eine ganze Menge an Kinderbüchern erinnert, aber bevor sich irgendein Zauber entfalten konnte, wurde er durch die Gewalt vernichtet. Ich war mir mit fortschreitender Geschichte immer weniger sicher, dass das ein Jugendbuch sein soll (und wenn nicht, warum ist es dann wie eins aufgemacht?). Ich bin sonst gar nicht so zimperlich, was den Gewaltaspekt angeht, aber hier habe ich etwas komplett anderes erwartet. Es war mir manchmal einfach zu viel des Guten. Da hätte Connolly wirklich sparen und stattdessen ein bisschen mehr vom Flair, der Schneewittchen und die Zwerge umgab, einbringen können.


    David war mir nicht besonders sympathisch, was für eine Geschichte an sich zwar nicht unbedingt essenziell ist, dann aber doch zu einem Problem wird, sobald einem auch sonst niemand sympathisch erscheint. Dafür blieben mir die anderen Figuren nämlich zu blass. Tatsächlich mochte ich das Pferd am liebsten.


    Einige Entdeckungen am Ende habe ich schon lange vorausgeahnt, was mir aber nicht unbedingt den Lesespaß verdorben hat. Jedoch hat Connolly am Ende mit einer dermaßen großen Menge an schwarzer Farbe gemalt, dass ich mich nach dem Sinn des Ganzen fragte.


    Was mir gut gefallen hat, war - Achtung! - der Umgang Davids mit den Büchern, den ich begrüßt habe und nachvollziehen konnte.


    Von mir erhält das Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: und ich bin froh, dass es nun wieder seinen Platz im Regal einnehmen kann.

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



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