Eric Walz: Die Giftmeisterin

  • Der Autor
    Eric Walz wurde am 29. März 1966 in Königsstein im Taunus geboren. Nach der Schule machte er eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann und arbeitete dann unter anderem für ein Versicherungsunternehmen. Auch als Model verdiente er zeitweise sein Geld, er studierte auch für kurze Zeit Germanistik und begann dann mit 35 Jahren mit dem Schreiben. Bis heute hat er sieben historische Romane veröffentlicht und das Buch „Schwule Schurken“, das elf historische Persönlichkeiten porträtiert und für das Walz seine Motivation in einem Interview wie folgt beschreibt:

    Zitat

    Dieses ewige Zitieren und Plakatieren der Vorzeigeschwulen war ja nicht mehr auszuhalten. Schwule sind schöner, feinsinniger und überhaupt viel besser. Da konnte ich einfach nicht widerstehen, ich musste mal ein bisschen im Topf rühren und den Bodensatz nach oben holen.

    Quelle: Wikipedia


    Klappentext:
    Aachen kann sehr kalt sein … und mörderisch!
    »Aachen, am Heiligen Abend im Jahr 799. Dies ist die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft: zwischen mir, der Gräfin Ermengard, und der Fremden Fionee, die von allen gemieden wird, und von der ich mittlerweile weiß, dass sie eine Giftmeisterin ist. Und es ist die Geschichte eines Verbrechens. Ich sollte besser sagen zweier Verbrechen: des einen, das ich aufgeklärt habe, und des anderen, das ich beging …«
    Der Tod geht um am Hof Karls des Großen und eine ungewöhnliche Frau beginnt zu ermitteln …
    Eine ungewöhnliche Ermittlerin zwischen Hofzeremoniell und Frauenhaus!


    Inhalt:
    Ermengard will beichten. Innerhalb von zwei Wochen hat sie Dinge erlebt, die ihr Leben erschüttert haben. Und sie war nicht nur Zeugin, nein, sie hat auch einen Mord begangen, und auch davon möchte sie berichten und nichts verschweigen.
    Alles beginnt damit, dass Ermengard eines Nachts das Haus verlässt, um sich in der Kälte der Nacht abzuregen – sie wird von Eifersucht geplagt, denn ihr Mann ist bei seiner Konkubine Emma, einer Frau, mit der er nicht nur das Bett teilt, sondern die ihm auch sonst viel zu bedeuten scheint. Draußen jedoch stolpert Ermengard über die Leiche des jungen Hugo, der, genau wie Ermengards Mann Arnulf, am Hofe des Königs Karl des Großen dient. Jemand hat Hugo die Kehle durchgeschnitten…
    Ermengards Mann soll ermitteln, und Ermengard selbst versucht auch, Hugos Mörder zu finden. Das ist gar nicht so einfach, denn viele Dinge laufen am Hofe verdeckt ab. Und wem kann man glauben? Den Töchtern und den Konkubinen des Königs, die im Frauenhaus leben und die zum Teil ihre ganz eigenen Interessen verfolgen? Den Männern, die für Karl kämpfen und an seinem Hofe arbeiten?
    Und neben den Ermittlungen in dem Mordfall hat Ermengard auch noch ihre ganz privaten Probleme. Denn nicht nur hält sie die Eifersucht auf die Konkubine ihres Mannes kaum noch aus, auch Emma, die junge Frau, die Arnulf bereits eine Tochter geschenkt hat, macht der Gräfin zu schaffen, denn Emma teilt Ermengard unverblümt mit, dass sie vorhat, Arnulf dazu zu bringen, sich von Ermengard scheiden zu lassen um mit ihr zusammen zu sein. Das kann und will Ermengard nicht dulden! Dass im kleinen Dorf Aachen nun gerade die geheimnisvolle Fionee angekommen ist, die sich selbst als „Glücklichmacherin“ bezeichnet und die Ermengard helfen will, kommt da gerade recht. Doch kann Ermengard wirklich wieder glücklich werden? Und kennt Fionee wirklich das richtige Mittel dazu?


    Meine Meinung:
    Historische Romane gibt es viele. Doch „Die Giftmeisterin“ lohnt sich, auch wenn der Titel meiner Meinung nach nicht ganz passt, immerhin steht nicht Fionee im Vordergrund, sondern ganz eindeutig Ermengard, die mit sich und ihrer Tat abrechnet. Natürlich spielt Fionee schon eine wichtige Rolle, aber es gibt durchaus andere, ebenso zentrale Figuren in diesem Roman.
    Die Geschichte, die auf 410 Seiten in 60 Kapiteln erzählt wird, erzählt Walz aus Ermengards Sicht. Sie schreibt ihre Geschichte auf Pergament, und sie lässt sie in ihrem Haus herumliegen, nicht wissend, wer sie je lesen wird. Die Idee finde ich gut, weil man sich so als Leser angesprochen fühlt, wir sind ja nun quasi die Finder dieser Geschichte.
    Ermengard ist eine sympathische Ich-Erzählerin, auch wenn sie den Fall um Hugos Tod am Ende dann für meinen Geschmack etwas zu Sherlock-Holmes-like löst. Zwar ist die Auflösung glaubhaft und nachvollziehbar, aber ich hätte es besser gefunden, wenn man als Leser auch auf die Lösung hätte kommen können.
    Aber davon abgesehen ist es leicht, sich in Ermengards Situation hineinzufühlen. Sie liebt ihren Mann und möchte ihn nicht mit Emma teilen, auch wenn sie weiß, dass es gar nichts Ungewöhnliches ist, dass er eine Konkubine hat. Und „ganz nebenbei“ ermittelt sie auch noch in dem Mordfall, denn Ermengard ist neugierig und will dem Mörder auf die Schliche kommen.
    Gut gefallen hat mir auch, wie Walz dem Leser Einblicke in das Leben der Konkubinen am Königshof gibt. Dabei sind alle Frauen, die im Frauenhaus leben, ganz unterschiedlich porträtiert und jede ist auf ihre Weise sehr interessant.
    In der Erzählung gibt es zwischendurch immer wieder Rückblicke in Ermengards Vergangenheit. Diese beschäftigen sich zumeist damit, wie das Leben mit Arnulf früher war, und geben Einblicke in die Liebesgeschichte der beiden. So lernt man die Ich-Erzählerin nicht nur besser kennen, man versteht auch die Motivation für den Mord, den sie begeht.
    „Die Giftmeisterin“ ist ein kurzweiliger, gut zu lesender historischer Roman und hat mir sehr gut gefallen.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Vielen Dank für die schöne Rezi, Strandläuferin :thumleft:
    Das hört sich ja toll an, und ich habe mir das Buch gleich mal notiert.

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Strandläuferin
    Vielen Dank für die tolle Rezi! :thumleft:
    Ein historischer Roman, mal etwas anders als andere - das gefällt mir und werde ich mir auch gleich mal notieren. :study:

    Liebe Lesegrüße
    Eure Süße
    :study::)


    Erinnerungen, die unser Herz berühren, gehen niemals verloren.

  • Tolle Rezi, danke! Ich habe es direkt auf meine Wunschliste gepackt und werden den Herrn Walz bei Gelegenheit mal googlen, wie die anderen 7 Bücher heissen!

    Hunde sind wie Bücher, man muss nur in ihnen lesen können, dann kann man viel lernen.


    [align=center]Oliver Jobes

  • Danke für die Rezi, das Buch macht einen interessanten Eindruck: trotz des "Die ...in "- Titels scheint es sich ja nicht um den üblichen Einheitsbrei zu handeln. Auch die Zeit, in der die Handlung angesiedelt ist, ist als Setting noch nicht so "verbraucht".
    Der Name des Autors sagt mir bisher nichts.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Aachen im Dezember 799. Karl der Große und sein ganzer Hof feiern die Ankunft des Papstes. Nur die Gräfin Ermengard sitzt in ihrem Zimmer und schreibt die Geschichte ihres Verbrechens nieder.


    Vor ein paar Tagen hat sie zufällig Hugos Leiche, den älteren Sohn von Gerald, dem Quatiermeisters des Königs, gefunden. Ihr Mann Arnulf wurde mit den Ermittlungen in diesem Mord vom König beauftragt. Doch die intelligente und einfallsreiche Ermengard
    entscheidet selber ein paar Nachforschungen durchzuführen und so den Mörder von Hugo zu finden. Sie stellt überall viele Fragen, besucht das Frauenhaus – das Zuhause von königlichen Töchtern und Konkubinen - und erfährt viele Details aus dem Leben vom ganzen Hof. Und auch ihr Privatleben bleibt von diesen Enthüllungen nicht verschont.


    In der gleichen Zeit lernt sie die geheimnisvolle Fremde namens Fionee kennen, die sich selbst eine Glücklichmacherin nennt. Dank Fionee erkennt Ermengard, wie unglücklich sie in Wirklichkeit ist und entscheidet sich ihr Schicksal in eigene Hände zu nehmen. Diese Entscheidung kommt gerade rechtzeitig: Ermengard wird nicht nur durch ihre Nachforschungen für einige Leute unbequem und sie gerät ins Lebensgefahr.


    Ein unterhaltsamer Roman, den der Autor selbst mehr einem Psychodrama als einem historischen Roman zuordnet.
    Die ganze Geschichte dreht sich vor allem um die Protagonistin Ermengard, die eine ungewöhnliche Frau und sehr starke Persönlichkeit ist. In ihrem Tagebuch hält sie ihre „Beichte“ fest, spricht offen über ihre Gefühle und verbirgt nichts vor dem Leser. Zwischendurch erinnert sie sich an die vergangenen Jahre und erzählt über die Höhen und Tiefen ihres Lebens. Der Autor bedient sich hier einer flüssigen und bildlichen Sprache und man versinkt in die Geschichte. Vor allem Ermengards Erinnerungen bereichern diese Erzählung sehr: die romantische Liebesgeschichte von Arnulf und Ermengard, anschauliche Bilder vom Leben auf dem Gutshof, die dramatische Flucht vor dem Hunger, die prächtige königliche Tafel und, und, und...


    Dieses Buch hat mir sehr gefallen. Es hat mich von Anfang an gefesselt und der Ausgang der Geschichte hat mich sehr überrascht. Die tragische Geschichte von Ermengard wurde eindrucksvoll in die historische Kulisse eingefügt.
    Und mit Ermengard habe ich gelitten, gehofft und getrauert.

  • Am Heiligabend 799 beginnt Gräfin Ermengard sich das Erlebte der vergangenen zwei Wochen von der Seele zu schreiben. Dabei hat sie nicht nur wesentlich dazu beigetragen einen Mörder zu entlarven, sondern auch sie selbst hat eine große Schuld auf sich geladen.


    Alles begann in jener Nacht in Aachen am Hofe Karl des Großen, als ihr Mann Graf Arnulf wieder einmal bei seiner Konkubine Emma lag. Von Eifersucht geplagt begibt sich Ermengard des Nachts auf einen Spaziergang um sich abzuregen und stolpert prompt im Hof über die Leiche von Hugo, der ebenfalls zur Gefolgschaft des Königs gehört. Ihm wurde die Kehle durchgeschnitten, weshalb Ermengards Mann beauftragt wird Ermittlungen anzustellen. Aber auch ihr Ehrgeiz wird geweckt und sie begibt sich selbst auf die Suche nach Hugos Mörder. Die Spuren führen sie ins Frauenhaus, wo die Töchter und die Konkubinen des Königs leben, aber wem kann sie überhaupt vertrauen? Auf Ermengard persönlich werden Anschläge ausgeführt von denen sie überzeugt ist, dass Emma dahinter steckt. Erst kürzlich hat ihr die verhasste Konkubine ihres Mannes unmissverständlich klar gemacht, dass sie Arnulf dazu bringen will sich von seiner Frau scheiden zu lassen um ihren Platz einnehmen zu können. Um Emmas Vorhaben zu verhindern und aus Liebe zu ihrem Mann, fasst Ermengard einen folgenschweren Entschluss. Sie nimmt Kontakt zu der geheimnisvollen Fionee auf, die sich selbst als „Glücklichmacherin“ bezeichnet. Sie ist bereit der Gräfin zu ihrem Glück zu verhelfen. Doch kann man wirklich glücklich werden, wenn man eine Schuld wie Ermengard auf sich lädt?


    Nach meinem ersten Roman von Eric Walz bin ich eher zwiegespaltener Meinung, was größtenteils daran lag, dass ich zu Beginn Startschwierigkeiten hatte mich auf die ungewöhnliche Erzählweise einzulassen. Außerdem lässt er Titel eine Geschichte vermuten in der die „Giftmeisterin“ im Mittelpunkt steht, was aber nicht der Fall ist.


    „Die Giftmeistern“ wird aus Ermengards Sicht erzählt, die ihre Erlebnisse auf Pergament niederschreibt um sie verarbeiten zu können. Durch diese Erzählweise wird der Leser sehr gut in ihre Geschichte miteinbezogen, doch war es für mich im ersten Drittel recht gewöhnungsbedürftig, da die Schilderung der aktuellsten Ereignisse immer wieder von älteren Erinnerungen Ermengards unterbrochen werden. Der Lesefluss wurde dadurch meiner Meinung etwas gestört, hat man sich aber dann einmal daran gewöhnt, steht dem Lesevergnügen nichts mehr im Weg. Insgesamt ist Walz‘ Schreibstil sehr flüssig und vor allem bildhaft, sodass man sich Ermengards Leben, das Leben und die Zustände am Hof des Königs und sowie allgemein in der damaligen Zeit gut vorstellen kann.


    Da Ermengard ihre persönlichsten Gedanken und Gefühle niederschreibt, lernt man die Gräfin von einer Seite kennen, die sie anderen nicht offenbart. Man kann sich in ihre Lage hineinversetzen und ihre Handlungen nachvollziehen, wodurch sie sehr sympathisch und vor allem menschlich wirkt. Sie liebt ihren Mann von ganzen Herzen, leidet aber auch in der Beziehung, da sie ihm keine Kinder gebären konnte. Dass sich Arnulf deswegen eine Konkubine nimmt ist in dieser Zeit gang und gäbe, schürt allerdings Ermengards Eifersucht. Auch von Emmas Charakter kann man sich ein gutes Bild machen. Sie hat dem Grafen bereits eine Tochter geschenkt, ist erneut schwanger und sieht sich daher berechtigt selbst in den Stand der Gräfin aufzusteigen, doch dazu muss sich Arnulf erst von seiner Frau scheiden lassen. Um dies zu erreichen, schreckt Emma vor keinen Boshaftigkeiten zurück um Ermengard von ihrem Platz zu verdrängen. Alle anderen Figuren, z. B. Ermengards Mann Arnulf, ihre Nichte Gerlindis, Gerald der Quartiermeister, der König und die Frauen im Frauenhaus, werden vom Autor ebenfalls sehr gut mit ihren Stärken und Schwächen dargestellt, nur zu Fionee fand ich keinen so rechten Zugang, da man nicht genau weiß, wie man die geheimnisvolle Frau einschätzen soll.


    Der Mordfall an Hugo selbst rückte durch Ermengards persönliche Probleme stellenweise in den Hintergrund, wurde am Ende aber glaubhaft aufgelöst und sorgte für einige Überraschungen beim Leser, mit denen man nicht gerechnet hätte.


    Trotz anfänglicher Schwierigkeiten hat mir Eric Walz‘ historischer Roman „Die Giftmeisterin“ aufgrund der spannenden Charakterisierung der Figuren gut gefallen und mich neugierig auf weitere Bücher des Autors gemacht.


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