Alexandre Dumas - Kapitän Pamphile / Le capitaine Pamphile

  • Eigentlich sind das ja zwei liebevolle Geschichten; einerseits, die in Paris, um den Maler Decamps und seine Wohngemeinschaft mit einigen Tieren sich drehende Geschichte und andererseits die erzählte Geschichte vom Kapitän Pamphile. Anfänglich in direktem Bezug zum Erwerb einiger der Tiere (dem Affen Jacques I. und dem Bär Tom), sich dann aber gewissermaßen verselbständigend und ohne direkten Bezug auf die andere Geschichte, ja, sie sogar regelrecht kapert.
    In der Pariser Geschichte werden die Tiere erworben, so wird gleich zu Beginn die Schildkröte Gazelle gewissermaßen aus dem Suppentopf eines Engländers gerettet, die Fröschin Mademoiselle Camargo ist die karge Ausbeute einer Jagd, der Affe Jacques eher das Überbleibsel einer Jagd - seine Mutter wird erschossen und die schwangere Mutter des Bären Tom läuft Kapitän Pamphile zu. Und sie sterben alle. Humorvoll allemal, wenn man den Humor bitterböse mag. Die standrechtliche Erschießung des Bären Tom, der sich gegen die Miliz aus Angst nicht zur Wehr setzt, oder die vom Affen (Jacques II.) gegrillte Schildkröte, mutmaßlich aus Rache, weil sie Jacques I., der an den Spätfolgen seiner eigenen Gefräßigkeit starb, die letzte Karotte wegfraß und daraufhin auf dem Rücken liegend in den Ofen gestellt wurde.


    Hier und da trifft es sich, daß Bleikörner, die Tieren gelten, bei Menschen ankommen: Darüber man sich nicht aufregen; im übrigen gibt es ein altes Sprichwort für Pariser Jäger, das besagt, daß das Blei des Menschen Freund sei. Demgemäß habe ich meinerseits drei Freunde, die mir ein vierter in den Schenkel verpaßt hat.


    Ebenso bitterböse ist die Karriere des Kapitän Pamphile - von sinnloser Großwildjagd, bei der er sich als echter Mann von Korn und viel Schrot erweist (er ist übrigens aus Marseille und ein Abkömmling des Herkules), über Kriegstreibereien zwischen afrikanischen Stämmen, der bedenkenlosen tödlichen Bestrafung von Mannschaftsmitgliedern, dem Handel mit Sklaven bis hin zu seinem finalen Großbetrug: der Vorgaukelung eines Königreichs in Amerika, an der Mosquitoküste, deren Besitzurkunde er doch Tausch gegen Alkohol tatsächlich erworben hat, und der Ausbeutung zahlreicher Auswanderer, die ihr ganzes Hab und Gut aufbringen, um dorthin auszuwandern. Eine einträchtige Karriere, deren Grundstein er, vor seiner Tätigkeit als Pirat, sicherlich mit seiner Tätigkeit als Anwaltsgehilfe gelegt hat. Bezeichnend ist dann auch der kleine Ausblick auf die weitere Karriere des Kapitän Pamphile: er setzt sein Kapital zum Aufbau von Industrie ein.


    Irgendwie ist das schon frustrierend, alles Leben endet, alle Hoffnung endet und am Ende gewinnt, mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit, der absolut Skrupellose und wird Großkapitalist. Das Buch ist also wie das echte Leben, ein klein wenig brutaler (auch wenn die Ärzte mittlerweile anderes empfehlen als den Aderlass), viel amüsanter und von wunderbar vielen intertextuellen Verweisen durchzogen. Nicht nur auf Piraten- und Abenteuerromane ansich, auch auf zahlreiche zeitgenössische Werke und auch die Mythen der klassischen Antike.

    Warum ich Welt und Menschheit nicht verfluche?
    - Weil ich den Menschen spüre, den ich suche.

    - Erich Mühsam

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Alexandre Dumas - Kapitän Pamphile“ zu „Alexandre Dumas - Kapitän Pamphile / Le capitaine Pamphile“ geändert.