Samuel Beckett - Warten auf Godot / En attendant Godot

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    Warten auf Godot - ein Drama und international aufgeführtes Theaterstück, das den Leser und Zuschauer verwirrt und ihn auf einen Einblick in die Absurdität des Lebens einlädt.


    Inhalt:
    Die beiden Hauptfiguren Wladimir und Estragon warten. Sie warten an einem unbekannten Ort auf Godot. Einen Menschen, den sie nicht kennen und von dem sie nicht genau wissen, ob dieser denn erscheinen wird und überhaupt existiert. Von dem sie sich jedoch erhoffen, an Glück zu erlangen und sie aus ihrem Landstreicherleben zu erlösen. Doch diese Hoffnung verfliegt mit zunehmender Wartezeit, gewinnt aber dann wieder an Entscheidungskraft, als beide sich der Frage stellen "Was dann?" - Was dann, wenn sie gegangen sind? Das Landstreicher-dasein weiterhin akzeptieren?


    Am Ende beider Akte des Theaterstücks erscheint ein Junge, der Wladimir und Estragon darüber informiert, dass Godot's Ankunft verschoben worden sei. Der Zweifel nimmt zu. Die Entscheidung fällt schwer und folgende Zeilen wiederholen sich zu diesem Anlass während des Theaterstücks mehrfach:


    Estragon: Komm, wir gehen!
    Wladimir: Wir können nicht.
    Estragon: Warum nicht?
    Wladimir: Wir warten auf Godot.
    Estragon: Ach ja.


    Verschwiegen werden darf außerdem nicht, dass während des Stückes Pozzo und Lucky (Herr und Diener) zwei mal erscheinen und die Situation aufmischen. Unklar bleibt jedoch bis zum Ende, wieso diese beiden erschienen, und weshalb Godot nicht erschienen ist, was dem Zuschauer und Leser einen weiten Interpretationsfreiraum bietet.


    Meine Bewertung:
    Ein schönes Theaterstück, das schön anzuschauen, aber auch zu lesen war. Meiner Meinung nach spiegelt es die Sinnlosigkeit mancher Momente im Leben wider, wobei diese "Sinnlosigkeit" in "Warten auf Godot" je nach Auffassen dessen auch durchaus Sinn haben kann und weitaus mehr Hintergründe hat. In Wladimir und Estragon sehe ich zwei verzweifelte, einsame Landstreicher, die nichts haben und das letzte Fünkchen Glück im Ungewissen zu finden hoffen. Mag vielleicht auch das Gesellschaftsbild einiger Leute sein. Zurecht, wie ich finde.


    Bei den 128 Seiten, die das Theaterstück lang ist, ist Langeweile bei mir ausgeblieben und habe es interessiert mit einem Zug durchgelesen und mir anschließend sehr viel Gedanken, gerade über die Interpretation von Godot, gemacht.


    Durchaus zu empfehlen, aber vielleicht durch viele Unschlüssigkeiten nicht jedermanns Geschmack - aber meiner Meinung nach gerade deswegen so interessant! Top absurdes Theater![/color] :cheers:

  • Was bin ich froh das endlich mal jemand die Rezenssionslücke geschloßen hat. :applause:


    Ich habe das Buch auch vor etwa zwei Jahren gelesen und es hat mir auch gut gefallen. Besonders weil man hier unglaublich zwischen den Zeilen lesen muss, was ich auch sehr gerne mag. Musste damals darüber meine Facharbeit schreiben und habe mich dann mit der Frage auseinander gesetzt wer den überhaupt dieser Godot ist und warum zwei Landstreicher auf jemanden warten, dessen Existenz nicht mal sicher ist. Nachdem ich mich damit auseinander gesetzt habe, hat mir das Buch noch viel besser gefallen. Besonders für Fach/Diplomarbeiten ist dieses Buch unglaublich gut geeignet.


    Danke Penman für die Rezi.

    :study: "Cry Baby" von Gillian Flynn



    "Bücher müssen schwer sein, weil sie eine ganze Welt in sich tragen"
    Tintenherz - Cornelia Funke

  • Ja, schöne Rezi - danke!


    Ich dachte beim Lesen dieser Zeilen, dass es doch schon einen Fred gebe zu Beckett und sogar Warten auf Godot! Allerdings war es keine Rezi, sondern eine Anfrage und einige Reaktionen:


    Eure Erfahrungen mit Samuel Beckett?


    Es ist offensichtlich, dass es ja kein bequemes Stück ist. Vielleicht muss man es auf ganz persönliche Weise auf sich wirken lassen und sich fragen, was oder wer dieser Godot wohl ist, auf welche Erwartungshaltung in uns Wladimir und Estragon was zu sagen haben.


    Das kann man eventuell keinem aufzwingen... und es mag auch sehr persönlich werden.

  • Danke für die schöne Rezi!
    Hatte das Buch schon länger im Auge und habs jetzt gleich auf meine Wunschliste gepackt :D

    "Ein Raum ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele." - Marcus Tullius Cicero
    :study: Tad Williams - Die Hexenholzkrone 2

  • Ich hatte "Waiting for Godot" als eines meiner Themen für die Zwischenprüfung in Englisch (im Studium) ausgesucht - ich hatte gedacht, dass es da schließlich SO viel Interpretationsspielraum gibt, dass ich bestimmt irgend etwas Kluges auf jede Frage würde sagen können. Klappte auch ganz gut - aber gefallen hat mir das Stück nicht.


    Nun haben Werke, die man zur Vorbereitung auf eine Prüfung liest, vielleicht ohnehin kaum eine Chance, wirklich mit Genuss gelesen zu werden - man geht ja ganz anders heran. Dennoch: Ich interpretiere sehr gern, möchte aber auch ein paar Anhaltspunkte von Seiten des Autors, wie denn sein Werk zu verstehen sein sollte/könnte.


    Da dies im absurden Theater allerdings bewusst nicht so ist, halte ich mich lieber an die "Klassiker".


    Das ändert nichts daran, dass die Rezension wirklich gut gelungen ist - vielen Dank dafür! :thumleft:

  • Obwohl Beckett Ire war hat er dieses Buch französisch geschrieben deshalb der französische Originaltitel, siehe oben, aber für die englisch lesenden hier noch die englische Version: Waiting for Godot

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • Puh. Nun habe ich es also auch endlich geschafft, auf den guten Godot zu warten. Nein, das Stück ist weit entfernt von bequem und die Möglichkeiten zur Interpretation sind gewaltig. So wirklich sortiert habe ich meine Gedanken auch noch nicht. Für ein Stück, in dem im Grunde nichts passiert ("sitzen zwei Leute am Weg und warten auf jemanden der nicht kommt"), ist die Zahl der Dinge, die einen ins Grübeln bringen, schon enorm.


    Nichts für zwischendurch, aber durchaus interessant. Und (vielleicht interessiert es hier den ein oder anderen) auch mit relativ bescheidenem Französisch und einem Wörterbuch durchaus zu verstehen.